Zehn kleine Nazilein

[Rosenblüte]

Prenzlauer Berg 2010 - Schöneweide 2013

Zehn kleine Nazilein, die wollten marschiern in Reihn,
die Prenzlberger sagten Nein! Da waren’s nur noch neun.

Neun kleine Nazilein, die wurden ausgelacht
am S-Bahnhof Bornholmer Straß, da waren’s nur noch acht.

Acht kleine Nazilein sind schon bald stehn geblieben,
nach ein paar hundert Metern nur, da waren’s nur noch sieben.

Sieben kleine Nazilein und rund rum flog die Hex,
die Hex von der Walpurgisnacht, da waren’s nur noch sechs.

Sechs kleinen Nazilein, den’ qualmten schon die Strümpf,
und einer gab schnell Fersengeld, da waren's nur noch fünf.

Fünf kleine Nazilein, die wollten gern ein Bier,
da tranken es die Zecken weg, so waren's nur noch vier.

Vier kleine Nazilein, die machten viel Geschrei,
doch lauter war die Tanzmusik, da waren’s nur noch drei.

Drei kleine Nazilein am Roten Ersten Mai?
Nein, das ist unser Feiertag! Da waren’s nur noch zwei.

Zwei kleine Nazilein, die wollten mutig sein,
da kam die grüne Minna an, so gab es nur noch ein’.

Ein kleines Nazilein hat sich davon gemacht.
Die Prenzlberger feiern nun bis morgen früh um acht.

[Thing]

Hallo, Rosenblüte -

obwohl Nichtberliner:
Prächtig!

Dein Gedicht in der Zeit Ohr!


Gruß
von
Thing

[Rosenblüte]

Hallo Thing,

ich grüße dich aus der Ferne. Wo steckst du eigentlich schon wieder?

Danke.

Damals, am 1. Mai 2010, waren alle in bester Stimmung, denn mit vereinten Kräften war es gelungen, den Naziaufmarsch in Prenzlauer Berg durch Blockaden zu verhindern. Sie mussten nach nur ein paar Metern zum S-Bahnhof Bornholmer Straße umkehren. Einer griff noch aus Frust Polizisten an und wurde verhaftet.

Dass die Nazis am 1. Mai 2013 in Schöneweide fast ungehindert marschieren durften, haben wir 2000 Polizisten aus Berlin und Niedersachsen zu verdanken, die die Strecke und den S-Bahnhof Schöneweide hermetisch abriegelten und mit Tränengas, Pfefferspray, Wasserwerfern und dem Einsatz ihrer bemitleidenswerten Hunde nicht zimperlich waren.

Ein kleiner Trost: Es war nur ein kleiner Haufen Ewiggestriger, der da aus vier Bundesländern herangekarrt worden war. Und weil alles abgeriegelt war, hatten sie keine Zuschauer und konnten sich ihre Parolen selber zuplärren.

Und noch ein weiterer kleiner Trost: Dem Wirt ihrer Stammkneipe "Zum Henker" in Schöneweide flatterte vor Kurzem die Kündigung ins Haus.

Lieben Gruß und komm bald wieder!
Rosenblüte

[Butters]

Härter bis wolkig haben das "10 kleine Negerlein-Thema" vor ca. 20 Jahren schon mal umgestülpt:
https://www.youtube.com/watch?v=8sprnZrmUVQ

Wahrscheinlich kam dann irgendso ne Frontsoldat oder wie die alle heissen Faschocombo und hat es wieder zu ihren Gunsten umgemünzt et cetera et cetera.

Wenn Kunst eine politische Waffe sein soll, muss sie sich schon mehr Mühe geben.
Sorry, gell.

[Rosenblüte]

Stimmt. Ursprünglich hieß das Lied "Ten little injuns", eine Verballhornung von "Indianer". Es hatte mal einen rassistischen Hintergrund. Es gibt zahlreiche Varianten dieses Liedes, von den "Zehn roten Kleberlein" bis zu "Zehn kleine Jägermeister". Für mich ist der Witz daran, die Faschos mit ihren eigenen Waffen zu schlagen.