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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten.

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Alt 21.06.2013, 00:45   #1
männlich Schmuddelkind
 
Benutzerbild von Schmuddelkind
 
Dabei seit: 12/2010
Ort: Berlin
Alter: 38
Beiträge: 4.798

Standard Der Ruf

Der Wald ringt leis um Luft,
während man nur noch das Surren
suchender Mücken vernimmt.
Doch ferner Donner ruft,
gleich einem wütenden Knurren,
tapfer um Hilfe - bestimmt.

Da nähert sich im Wahn
heftiger Sturm und Gewitter
alles bewegend herbei
und zwinget mit Elan
bald jeden Baum, dass er zitter,
manchen gar bricht es entzwei.
Schmuddelkind ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.06.2013, 08:03   #2
weiblich simbaladung
 
Dabei seit: 07/2012
Alter: 67
Beiträge: 3.073

Hallo, Schmuddelkind,

an deinem Gedicht begeistert mich vor allem der wechselnde Rhythmus der Verse, aber nach gleichbleibendem Schema, das du bis zum Ende durchhälst.
Dadurch klingt es wie aus einem Guss, aber doch nicht langweilig.
Auch inhaltlich und vom Sprachklang sehr schön.

Ein ganz kleines bisschen stört mich das unpersönliche man". Obwöhl stören ist eigentlich der falsche Ausdruck. Wer könnte das Summen hören? - hab ich mich gefragt.
Vielleicht kannst du was damit anfangen.

lieben Gruß, simba
simbaladung ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.06.2013, 08:23   #3
weiblich Ilka-Maria
Forumsleitung
 
Benutzerbild von Ilka-Maria
 
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City, auf der richtigen Seite des Mains
Beiträge: 31.043

Zitat:
Zitat von Schmuddelkind Beitrag anzeigen
Der Wald ringt leis um Luft,
während man nur noch das Surren
suchender Mücken vernimmt.
Doch ferner Donner ruft,
gleich einem wütenden Knurren,
tapfer um Hilfe - bestimmt.

Da nähert sich im Wahn
heftiger Sturm und Gewitter
alles bewegend herbei
und zwinget mit Elan
bald jeden Baum, dass er zitter,
manchen gar bricht es entzwei.
Rhythmus durchgehalten - sehr schön, da stimme ich Simba zu.

Die ersten fünf Verse ergeben ein stimmiges Bild (das "man" hätte ich zu umgehen versucht, auch darin stimme ich mit Simba überein). Der Donner, der einem wütenden Knurren gleicht, ist wunderbar.

Aber dann fällt das Gebilde geschwächt zusammen: "tapfer um Hilfe", "Wahn", "Elan"? Können zitternde Bäume brechen? Ich meine, sie müssen gebogen werden, bis sich ihre Wurzeln nicht mehr im Erdreich halten können. Oder sie werden von einem Blitz gespalten.

Ich meine, die zweite Strophe ist zu schwach für einen Höhepunkt, den ein Gewitter mit sich bringt. Der Leser will nicht darübe sinnieren, ob ein Baum fallen könnte, er will ihn stürzen sehen.

Vielleicht ist das zu hart von mir, aber das waren meine Empfindungen beim Lesen ...

Lieben Gruß
Ilka
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.06.2013, 15:10   #4
männlich mefaust
 
Dabei seit: 06/2013
Ort: Augsburg
Alter: 27
Beiträge: 21

Standard Hallo Schmuddelkind

Zuerst einmal stimme ich Ilka zu, dass die zweite gegenüber der ersten Strophe ein wenig abfällt. Die erste Strophe ist aber auch wirklich wunderbar gelungen. Besonders der erste Vers lässt einen die erstickende Spannung vor einem Gewitter spüren. Was mir noch wirklich gut gefällt, ist, dass du dein Versmaß nicht einfach aus Jux und Tollerei verwendest, sondern das Thema in ihm ausdeutest. Erster, vierter Vers usw.: Jambus -> Ruhe vor dem Sturm; männliche Kadenz -> Spannungsaufbau
Zweiter, dritter Vers usw.: Daktylus -> Losbrechen des Sturms
Du könntest diese 2:1-Struktur ja auch auf die Strophen übertregen, eine zweite Sturm-Strophe schreiben und somit auch das Problem des allzu plötzlichen Endes lösen

Viele Grüße
mefaust
mefaust ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.06.2013, 16:03   #5
männlich Schmuddelkind
 
Benutzerbild von Schmuddelkind
 
Dabei seit: 12/2010
Ort: Berlin
Alter: 38
Beiträge: 4.798

Vielen Dank euch drei für die profunde Textkritik!

Zunächst mal: es stimmt. Die zweite Strophe ist mir leider nicht so gut gelungen, wie die erste. Eigentlich sind alle meine Gewittergedichte nicht besonders stark. Ich liebe Gewitter und immer wenn ich eins erlebe, habe ich das Bedürfnis, es in Worte zu fassen, bin aber vielleicht nicht immer so richtig auf der Höhe und gebe mir dann auch zu wenig Zeit, weil ich es "jetzt" festhalten will, als frischen Eindruck wie ein Foto.

Aber ich bin auch froh, dass das alternierende Versmaß Beachtung findet und auch erkannt wird, dass es einen thematischen Bezug hat. Zu solchen Formen neige ich immer wieder; das ist etwas, das mich die Romantik gelehrt hat.

"Wahn" fand ich noch ganz passend, weil das gestrige Gewitter wirklich wie ein Amokläufer daher kam. Aber "Elan" ist wohl leider eher reimgeschuldet und auch "tapfer um Hilfe" kann wohl nicht ganz überzeugen, auch wenn es nahe an dem liegt, was ich sagen wollte. Wollte nämlich hauptsächlich das Gewitter als eine Metapher konstruieren: der Wald, der zu ersticken droht, sehnt sich Hilfe herbei und wenn man in einer verzweifelten Lage ist, sind einem die Konsequenzen dieser Hilfe vielleicht auch nicht wichtig. Aber dann fällt es auf den Hilfsbedürftigen zurück, indem Bäume im Sturm brechen (war tatsächlich gestern Nacht der Fall hier).

Eine zweite Sturmstrophe ist eine gute Idee. Danke mefaust! Ich denke darüber nach, muss aber auch aufpassen, dass dadurch nicht so viel für meine Metapher Redundantes entsteht.

LG
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Stichworte
falsche freunde, genügsamkeit, gewitter

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