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26.03.2015, 19:23 | #1 |
Ein Entwurf
So wùrde ich es erzählen. Große Kunst ist es nicht
Der Aschenbecher quoll über von den zahllosen Zigarettenstummeln, die mit beinahe künstlerischem Aufwand an den Rand gescharrt worden waren, um noch die eine letzte Zigarette ausdrücken zu können. Mittlerweile war aus der einen letzten Zigarette eine Schachtel geworden und in seinem trüben, dunstgeschwängerten Verlies hockte Jan, den Rücken gekrümmt, auf dem kleinen roten Tisch, der ihm als Hocker diente und blickte hinaus in die Dämmerung. Da war der Turm, einige hundert Meter weit entfernt, trotzdem deutlich zu sehen und vom tiefer gelegenen Hausdach sah ihn die Satellitenschüssel mit dem Smileygesicht aufmunternd an, als wollte sie sagen:"Nur Mut, sie wartet auf dich!" Seine Sachen waren seit Tagen gepackt, in anfänglich überschwänglicher Euphorie war von Unterhosen bis zur CD alles lose in die Koffer geflogen und die kärglichen Spuren, die er in der Wohnung hinterlassen wollte, ragten einsam und gähnend leer in das Zimmer. Auf dem Bahnsteig lief er nervös auf und ab. 10 Minuten Verspätung. Noch konnte er umkehren. Ein Anruf, ein "Lina, ich bin noch nicht so weit...". Doch er hätte nicht einmal begründen können warum. Unter ihm schaukelte der Zug gemächlich über die Gleise und die Heimat rannte an den Seitenfenstern vorbei, zerfranste zusehends und blieb schließlich hinter ihm zurück. "Hamburg...", dachte er, als er sich nach ein paar Stunden fahrt aus dem Sitz schälte und ins freie trat. Schon die Luft schmeckte anders. Neu, fremd, aufregend. Einzig der Geruch einer Currywurstbude wehte eine Woge aus Wehmut zu ihm herüber. Lina empfing ihn am Bahnsteig. Ihre kalten Hände umfassten seinen Nacken und ihre vom Wind etwas gesprungenen Lippen fanden seine. Hollywoodromantik. "Endlich..." Es brauchte keinen lauten Jubelschrei, ein Blick in das Paar eisblaue Augen genügte, und das Leuchten war für einen Moment das Licht der Sonne in ihrer Millimeter weiten Welt. "Ich bin zuhause", flüsterte Jan, drückte sie an sich und atmete ihren Geruch mit der Intensität eines beinahe erstickenden. Seine Hand in ihrer machten sie sich auf zu der kleinen gemeinsamen Wohnung, die von nun an Dreh und Angelpunkt ihres Lebens sein sollte. Noch Tage, Wochen danach schlief er schlecht. Der Bauch rumorte, die Nase spielte Streiche vergangener Gerüche. Doch wann immer ihn die Sehnsucht nach der Heimat zerriss, und er am Fenster saß um zu rauchen, sah er Lina beim schlafen zu. Er wusste, er hatte etwas zurückgelassen. Doch im Vergleich zu dem, was er dafür bekommen hatte... Das Leben hatte bei diesem Tausch definitiv Verlust gemacht. |
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26.03.2015, 22:21 | #2 |
abgemeldet
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Hallo Versard,
Klasse! Finde ich echt super, wirklich etwas spannender als meins und nicht so eintönig. Du lässt die vielen direkten Reden und bringst trotzdem gut rüber, um was es geht. Der Schluss ist nicht offen, muss aber auch nicht sein. Du hast halt das Heimweh so enden lassen, dass man es durch die Liebe wet machen kann. Aber es ist ja dein Werk (nur eben noch als Vergleich mit meinem) Liebe Grüße |
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