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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 19.09.2013, 17:05   #1
männlich Denplae
 
Dabei seit: 09/2013
Beiträge: 2

Standard Weiss

„Wissen Sie, ich bin froh mich endlich einer allen Anscheins nach kompetenten und bewanderten Person anvertrauen zu können“, sagte er, während er eher unbewusst seinen halb vollen Plastikbecher kohlensäurefreies Wasser in der Hand hin und her drehte. „Die momentane Situation mit ihr erinnert mich, setzt man einen Rollentausch voraus, an die vor vielen Jahren, in denen Ich..“ Er stockte und fixierte für einen Moment die saubere, weiße Tischplatte vor ihm bevor er, in erneutem Augenkontakt, hinzufügte: „Fällt ihnen ein würdevolleres Verb als jammern ein?“

Ohne eine Antwort zu erwarten fuhr er fort: „In denen Ich nur einen Bruchteil der aktuell präsenten... verzweifelten Aussprüche von mir gab zwischen denen sich tagelanges Schweigen..“
Und wieder fixierte er die Tischplatte, als hätte Sie und nicht die Person gegenüber die Lösung parat.

„Ich mag ihre gewählte Art zu sprechen!“, ergriff sie zum ersten mal das Wort. „Darf Ich, bevor Ich mich näher zu gerade gesagtem äußere, fragen, was sie früher beruflich gemacht haben?“, sagte sie, in der naiven Hoffnung das Eis zu brechen und eine beidseitig vertrautere Ebene zu schaffen.

Schweigen.

„Wie bitte?“. Er schaute ihr eine endlos erscheinende Sekunde lang direkt in die Augen. Durch die Augen hindurch, so schien es ihr, und in ihr zog sich alles zusammen, als sie sich ihres fatalen Fehlers bewusst zu werden schien. „Also wenn jemand...“ Er sammelte sich kurz, um seine bisherige, beherrschte Tonlage beizubehalten.

„Wenn mir ein guter Freund... Nein, vergessen Sie das. Wenn mir irgendjemand erzählen würde, sein Vater wäre versehentlich an einer selbst zugeführten Überdosis krepiert, weil er die Atemdepression statt der herbeigesehnten Betäubung fand, die ihm über den Schlaganfall seines Bruders hinweghelfen sollte, dann antworte ich doch auch nicht: Ah, okay, sag mal, hast du nicht als Schuljunge in deiner Siedlung Zeitungen verteilt?“

Er versah sie mit einem verständnislosen bis verachtenden Blick, bevor er fortfuhr: „Und genau das machen Sie. GENAU DAS MACHEN SIE!“, verlor er endgültig die Fassung, während er mit seiner schwitzigen Hand laut auf die Tischplatte schlug. Sein Gegenüber zuckte beim Knall zusammen. Ein nur im richtigen Licht zu sehender Handabdruck entstand und verging langsam auf der Fläche, was allerdings keine der beiden im Raum anwesenden Personen registrierte.

„Und jetzt blicken Sie mich derart passiv und perplex an, als würde das mit dem Schlaganfall auf Sie zutreffen“, fügte er erbarmungslos hinzu, stand hastig auf und näherte sich mit den Worten „Ach verflucht, ich brauch jetzt einen Kaffee“ der Tür. Bevor er das Dienstzimmer verließ, blickte er nochmal zurück auf ihre nun vor Scham erröteten Wangen, ihren lächerlich sterilen Kittel, auf ihre penibel zu einem Zopf gebundenen Haare und hasste alles an Ihr.

Er schlug die Tür hinter sich zu. Weiss. Er stand in endlos wirkenden Weiss. Man konnte es nicht einmal Raum nennen, denn in diesem Weiss kam man gar nicht erst auf den Gedanken, Koordinaten, die Aufschluss über einen eventuellen Anfang, ganz zu schweigen vom Ende, geben können, auszumachen. Er kam sich töricht vor, als er sich bei dem Gedanken erwischte, ob er nicht einen Schritt nach vorne machen sollte. Nichts bleibt Nichts.

Wer oder was war das gerade? Ein absurd realer Traum? Er machte sich nicht die Mühe, sich nach der gerade ebend zugeschlugenen Tür umzudrehen. Er wusste, dass sie weg war. Vielleicht war sie niemals da gewesen.
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psychose, therapie, traum

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