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Sonstiges und Experimentelles Andersartige, experimentelle Texte und sonstige Querschläger.

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Alt 11.04.2012, 23:25   #1
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Beiträge: 6

Standard Moment im Dasein einer Deichbank.

Bänke am Deich interessieren sich nicht für Spritpreise. Aus der Perspektive einer Bank ist der Himmel immer blau und das Gras immer grün. Ein Jogger kommt vorbei. Er kommt jeden Tag vorbei. Er setzt sich nie. Er schaut nur selten aufs Meer hinaus. Die Deichbank rast durchs Universum. Unbeachtet steht sie da. Nun ist er vorüber. In seiner synthetischen Funktionswäsche, die Stöpsel im Ohr, hechelt er seinem Ziel entgegen. Er will sich stählen, Körper und Geist. Nobles Ansinnen. Sie wünscht ihm die Erkenntnis, das der Weg sein Ziel ist. Doch... lassen wir ihn ziehen, er wird ohnehin daran vorbeirennen, sich nie auf die Bank setzten.
Eine Frau, ein halbes Jahrhundert. Sie kam von hinten, die Betonstufen hinauf auf den Deich. Schweigend blickt sie auf die Bank. Die Mundwinkel hängen in den Kniekehlen. Angewidert wischt sie die Nässe des nächtlichen Regens von einem Stück der Bank. Von einem Stück, das genauso groß ist, das sie gerade darauf Platz findet. Es bedarf nicht eines Menschen um sie zu sehen. Ein Blick in ihr Gesicht sagt alles. Als stände sie die Qualen von Prometheus selbst aus blickt sie drein. Enttäuscht vom Horizont steht sie wieder auf. Sie ist weg.
Es beginnt sanft zu nieseln. Langsam wird die Farbe des Betonwegs vor der Bank satter. Wie Glasperlen liegen die Tropfen auf der Sitzfläche. Ein Blick durch sie verzerrt die Landschaft, das Meer. Und doch, der Horizont, wenn auch in weiter Ferne, bleibt gleich.
Eine hübsche junge Frau kommt vorbei. Das ihre braunen Locken nass werden scheint sie nicht zu stören. Ein Lächeln im Gesicht geht sie auf die Bank zu. Sie wirft einen kurzen, freundlichen Blick auf das alte Holz; und geht das Betontreppchen hinunter, wo sie ihr Fahrrad abgestellt hat. Die Bank sieht sie nicht mehr wegfahren, aber ein Blick in sich verrät ihr ihr Ansinnen.
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