|
|
Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken. |
|
Themen-Optionen | Thema durchsuchen |
01.02.2008, 20:01 | #1 |
graustunde
scheue meine augen nicht
zähle meine narben klagemauern steinzerweint regenmosaik tagedunkel augenschlag seelenweite sicht zählen wir das sichelweiß ewiglich im kreise so spurentreu wegesuchend lebensmüde leise |
|
01.02.2008, 23:49 | #2 |
Hallo Prinzessin!
"Bonjour Tristesse" sage ich nach diesem ausgesprochen schönen Gedicht von dir nur - und freue mich, dass sich endlich einmal wieder ein bisschen schöne Melancholie in mir ausbreitet... herrlich! Deine Gedicht ist durch seine extrem tiefe Sprachkraft und -vielfalt so besonders berührend, finde ich. Die vielen Neologismen wirken dabei nicht gestelzt, sondern kommen sehr natürlich daher, passen sich fast unmerklich in den Lesefluß ein. Handwerklich hast du also ganze Arbeit geleistet, aber müsste sich das "sichelweis" in der zweiten Strophe nicht mit ß schreiben? Du meinst hier doch die Farbe weiß, oder interpretiere ich hier falsch? Perfekte Überleitung - nun kommt meine Interpretation gleich mal hinterher... Das ist ein LyrIch, das sich in einem (imaginären?) Zwiegespräch mit dem LyrDu befindet. Ich würde ja von Liebeskummer sprechen, aber das ist mir zu langweilig. Ich geh einfach von einem extrem traurigen LyrIch aus, warum es auch immer traurig ist. Jedenfalls bittet es das LyrDu diese Traurigkeit zu verstehen. Und am Ende gibst du einen Hinweis, wie sich die Traurigkeit löst: "lebensmüde/leise". Ich denke an Selbstmord als Ausweg, da das LyrDu anscheinend nicht verstehen kann/will. Hervorragend bringt du diese traurige Hilfslosigkeit durch deine Aneinanderreihung von Wörtern in der letzten Strophe hervor. Wie ein Stammeln wirkt das. Sehr schön. Die "klagemauern steinzerweint" sind mir insgesamt am Besten im Kopf geblieben. "steinzerweint" ließ mich erst an etwas in Richtung von "zum Steinerweichen" denken, schlägt bei der genaueren Analyse aber vor allem einen wunderschönen Bogen von der Klagemauen zum Weinen. Der Stein ist ein geschickt genutztes Bindeglied. Top! Die zweite Strophe verdeutlich die Ausweglosigkeit. Der Augenschlag an dunklen Tagen und die seelenweite (und damit nur nach innen gerichtete) Sicht zeigen die Isoliertheit des LyrIch. Das Sichelweiß könnte der Mond im Dunkel sein, vielleicht ein letzter Hoffnungsfunken, allerdings immer wieder kehrend, unabänderlich und damit ausweglos wie die ganze Situation. Die Auflösung wie gesagt der Selbstmord. Schön ist, dass am Ende das "leise" steht. Das rundet dein Gedicht ab! Du merkst schon, wie mir dein Gedicht gefällt, denke ich. Danke für die schönen Zeilen! Liebe Grüße, Isa |
|
02.02.2008, 18:58 | #3 |
Hallo Fussballmädchen
Vielen Dank, freut mich wirklich. Deine Interpretation ist wundervoll, sie trifft es so gut wie vollkommen. ja, ich hab etwas Schwierigkeiten mit dem einfachen und dem scharfen s (ß), jetzt da du es sagst; ja an dieser Stelle war ich wohl falsch gepolt vielen lieben Dank für deine schöne, ausführliche Antwort. Liebste Grüße! |
|