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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken. |
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30.04.2023, 14:16 | #1 |
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Taxifahrer
Den Filz dieser Welt, ich sehe ihn täglich,
durchfahre die Straßen, vermüllt und verdreckt, mit Szenen, gewohnt und doch unerträglich, weil wieder ein Penner am Eckhaus verreckt. Ich fahre durch Straßen und fluch auf die Stadt, die mir mit Verboten die Durchfahrt verbaut und wo mancher Kunde, bis oben pappsatt, mir mein bisschen Zubrot als Trinkgeld versaut. Die Lösung, so schießt es mir in den Sinn, ist wohlüberlegter Waffenkauf, damit krieg ich wieder die Ordnung hin, denn mit der Pistole räume ich auf. 30.04.2023 (Hommage an Robert de Niros beste Rolle.) |
30.04.2023, 16:28 | #2 |
Vielen Dank für die Filmempfehlung. Dein Gedicht bringt die Stimmung gut rüber, die auch mancher Film vermittelt, der in NY spielt. Ich mag de Niro sehr und bin gespannt.
LG Faber |
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30.04.2023, 17:33 | #3 |
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Er war noch sehr jung, und der Film "Taxi Driver" war sein Durchbruch. Legendär ist die "You talkin' to me?"-Szene.
https://www.youtube.com/watch?v=_eX0u-4n9YA Und der Soundtrack von Bernard Herrmann ist eine Wucht: https://www.google.de/search?q=taxi+...id:Bx4aK-YsPeU |
30.04.2023, 19:53 | #4 |
gesperrt
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Taxifahrer
Hallo Ilka-Maria,
ich sehe mir keine Ami-Filme an, ihnen fehlt, was mich drängen würde, meine Lebenszeit mit ihnen zu verbringen. Ich kenne also den erwähnten Film nicht. Dass du dich aber auf einen bestimmten Film beziehst, müsste auf irgendeine Weise aus dem Text hervorgehen, tut es aber nicht. Ich habe zwei Strophen gebraucht, um festzustellen, dass hier ein Taxifahrer spricht. Der Titel gibt das nicht her. Er kann Singular und Plural bedeuten, der Leser weiß anfangs nicht, was mit diesem Gedicht auf ihn zukommt. Du bleibst mit diesem Gedicht völlig an der Oberfläche. Taxifahrer sind meiner Erfahrung nach ganz gescheite Leute, die denken weiter, sie bleiben nicht stehen bei dem, was sie sehen, sie suchen nach Gründen dafür. Und finden sie auch. Etwas davon hätte ich mir in diesem Gedicht gewünscht. Sicher blieb der Film genauso an der Oberfläche wie dein Gedicht. Es geht nur um Empörung, das ist zwar ein Anfang, aber noch lange nicht wirkliche Erkenntnis. Und der Schluss mit der Pistole liegt genau auf derselben Linie. Ich hätte mir also mehr Tiefgang bei diesem sozialen Thema gewünscht. Leider scheint Tiefgang nicht deinem Weltbild zu entsprechen, meckern und am Ende schießen, das ist alles, was ich deinem Gedicht entnommen habe. Leider. Lieben Gruß, Rumpelstilz |
30.04.2023, 20:51 | #5 | ||
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01.05.2023, 12:15 | #6 | ||
Hallo Ilka,
den Film habe ich mir gestern Abend angeschaut und wurde nicht enttäuscht. Ein sehr stimmungsvoller Film was Bild und Musik anbelangt. De Niro kann viele Rollen glaubhaft rüberbringen, vom Gangsterboss bis hin zum Priester oder hier eben einen rastlosen Taxifahrer. Zitat:
Zitat:
Schönen 1. Mai und liebe Grüße Faber |
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01.05.2023, 13:09 | #7 | |
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Zitat:
freut mich, dass dir der Film gefallen hat. Einer der besten, die Martin Scorsese als Regisseur gemacht hat, und seine Handschrift ist eindeutig. Man spürt die italienische Herkunft, und es ist kein Zufall, dass er sehr oft Schauspieler italienischer Einwanderer eingesetzt hat, vor allem Robert de Niro in "Hexenkessel", "Casino" und "GoodFellas", in letzterem auch Joe Pesci und Ray Liotta, und in "Gangs of New York" als Hauptdarsteller Leonardo DiCaprio (der übrigens zusätzlich einen deutschen Hintergrund hat). Bei "Once Upon a Time in America" mit de Niro führte bekanntlich Sergio Leone Regie. Vermutlich meinst du mit de Niros Priester-Rolle den Film "Sleepers", bei dem es um eine Dummheit von Jugendlichen mit bösen Folgen geht. Spielt in Hell's Kitchen in New York. De Niro ist einer der stärksten Schauspieler unserer Zeit. In "The Untouchables" erscheint er nur in drei oder vier Szenen, aber wenn jemand von diesem Film erzählt, dann immer von de Niro in der Rolle des Al Capone, so stark wirkte seine Darstellung auf die Zuschauer. In der Neuverfilmung von "Cape Fear" (alter Film: "Ein Köder für die Bestie") ist er auch unglaublich stark - und bitterböse. Habe vor einigen Jahren seine Biografie gelesen. Seine Ausbildung hatte er bei Stella Adler. Um seine Kostüme kümmert er sich selbst, da überlässt er nichts dem Zufall. Er hat in NY seine erste Wohnung behalten, sie als Kleider- und Requisitenkammer eingerichtet und mit der Zeit eine beträchtliche Sammlung angelegt mit allem, was er vor der Kamera einmal gebrauchen könnte. Daran kannst du dir ausmalen, wie weit sein Mitspracherecht bei den Dreharbeiten geht. Das lassen sich Filmregisseure nicht von jedem Star gefallen. LG Ilka |
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01.05.2023, 14:35 | #8 |
Ah, noch mehr tolle Filme. Hoffentlich stolpern auch andere darüber. Besonders The Untouchables mit Sean Connery und vielen anderen bekannten Schauspielern ist mir gut in Erinnerung geblieben. Im Film werden viele Orte und Gebäude in Chicago schön in Szene gesetzt. Das hab ich zum Anlass genommen, mir meine Urlaubsfotos aus Chicago nochmal anzuschauen, und habe nicht schlecht gestaunt, dass es dort ein großes Schillerdenkmal gibt (welches ich offenbar natürlich fotografieren musste).
LG Faber |
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01.05.2023, 16:39 | #9 | |
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Zitat:
Wenn dir Chicago gefallen hat, findest du auch in dem Film "Auf der Flucht" ("The Fugitive" mit Harrison Ford) die Atmosphäre dieser Stadt wunderbar eingefangen. Ich habe allerlei wiedererkannt, z.B. die Plastiken von Calder, natürlich die Hochbahn und das runde Condominium-Hochhaus im Michigan River, in das man mit dem Boot bis unter den Wohnbereich fahren und dort anlegen kann. Vor allem aber das Hotel, in dem der Showdown des Films abläuft; dort hatten wir nämlich gewohnt. Das sind schöne Erinnerungen. |
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02.05.2023, 13:55 | #10 |
Travis Bickle ist ein traumatisierter Kriegsveteran, der sich auf der Suche nach einem Lebenssinn immer weiter ratikalisiert, bis alles in der unvermeidlichen,
gewaltsamen Katastrophe endet. Eine detailliertere Beschreibung dieses Entwicklungsprozesses hätte dem Gedicht gut getan. Mit freundlichen Grüßen, Travis Beamer |
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02.05.2023, 14:14 | #11 | |
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Zitat:
Warum hätte ich eine gereimte Inhaltsangabe eines kompletten Film machen sollen, wenn es nur um die Beobachtung von Pennern, Dealern, Zuhältern und Prostituierten während einer Autofahrt durch Manhattan gehen soll? Wer die ganze Geschichte erfahren will, kann sich den Film ansehen oder das Programmheft durchlesen. Dazu braucht man kein Gedicht. Die meisten durchgeknallten Veteranen schießen sowieso nicht in einer Gewaltorgie um sich, wie es Bickle in "Taxi Driver" tut, sondern sie agieren als "Snipers" aus dem Hinterhalt. Sie wählen auch nicht den Abschaum einer Gesellschaft als Ziele aus, sondern ballern auf Leute, die sich einfach zur falschen Zeit am falschen Ort befinden, aber günstig zu treffen sind. |
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02.05.2023, 14:45 | #12 | |
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02.05.2023, 15:28 | #13 | |
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Zitat:
Die "Atmosphäre" eines Films gibt es ohnehin nicht, sondern der Film ist das Medium, das die Atmosphäre einer Stadt oder eines Zustands wiederzugeben hat. Aber es gibt auch nicht die "eine" Atmosphähre in New York. Es kommt darauf an, zu welcher Tages- oder Nachtzeit man sich in welchem Stadtteil aufhält. Wall Street ist nicht der Broadway, Park Avenue nicht die Fifth Avenue, Battery Park nicht der NY Harbour, der Theater District nicht das Lincoln Center, Little Italy nicht Harlem oder China Town, und Brooklyn nicht Staten Island oder Long Island. Warst du schon mal in New York? Ich schon sehr oft dort. Ein Gedicht ist ein anderes Medium als ein Film und arbeitet deshalb mit einer anderen Sprache als ein Film. Wie auch ein Romanautor sich einer anderen Sprache bedient als ein Drehbuchautor. Es ist ein gewaltiger Unterschied, ob man mit Bildern, mit geschriebener Sprache oder szenisch und mit Anweisungen an die Schauspieler erzählt. Leider tappen viele Menschen immer wieder in die Falle, Filme und Literatur zu vergleichen. Dann heißt es meistens: "Das Buch war besser." Nein, war es nicht - es erzählt anders. |
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02.05.2023, 16:21 | #14 |
Eine Hommage muss weder in die Tiefe gehen, noch ein Thema in seiner ganzen Breite wiedergeben. Ähnlich wie ein Filmposter oder ein Trailer, die auch nur einen Auschnitt zeigen.
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14.05.2023, 14:05 | #15 | |
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Zitat:
Und sehr zeitgemäß. |
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16.01.2024, 10:17 | #16 |
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Interessantes Gedicht, man würde auch ohne den Titel sofort an Taxi Driver denken. Hier zeigt sich kurz und knapp die Psyche eines Menschen, der hilflos und überfordert ist, der das ganz normale Elend nicht mehr sehen kann und der Gewalt als Ausweg sieht. Ist auch sehr filmisch/ bildhaft geschrieben. In der letzten Zeile würde ich ein Füllwort rein hauen. "Denn mit der Pistole, da räume ich auf" oder ein bisschen mehr Jargon: "Denn mit meiner Knarre, da räume ich auf." Wegen dem Daktylus (oder ist es Amphibrachys?)
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16.01.2024, 10:29 | #17 | |
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Zitat:
"Knarre" ist mir zu kurz und zu abgegriffen. Wenn schon, würde ich "Wumme" bevorzugen. "Bleispritze" ginge auch noch, aber das Wort ist ein Anapäst und von daher ein Problem im Rhythmus meines Gedichts, weil die Betonungsverlagerung auf die zweite Silbe - obwohl machbar - ein wenig ungelenk klänge. Bliebe ich beim amerikanischen Alltagsjargon, müsste ich mit einem Überbegriff wie "Waffe" oder "Schießeisen" ("gun") arbeiten. In meinen Augen sind das jedoch Petitessen. Und Füllwörter als Verlegensheitslösungen mag ich gar nicht, auf sie greife ich nur im äußersten Notfall zurück. Aber danke für die Rückmeldung und deine Anregungen. Es ist nie falsch, die Wortwahl nochmal zu überdenken. |
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16.01.2024, 14:57 | #18 |
Hallo Ilka-Maria,
ich finde den Text äußerst gelungen und verstehe überhaupt nicht wie man da irgendwas nicht verstehen kann. Naja, es ist noch kein Taxifahrer vom Himmel gefallen, vermut ich mal, habe den Film nicht gesehen. Da das Gedicht aber eine eigene Tiefe besitzt, muss ich den Film auch nicht sehen, mir reicht das Gedicht Genau das, was auf der Straße los ist, das was wahres Leid ausmacht, da wo jeder wegschaut. Gerne mehr davon! Grüße, M. |
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