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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt. |
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04.06.2022, 13:37 | #1 |
Srebrenica
die stille nur
diese einmalige stille wenn gebete überflüssig werden und man trotzdem betet diese einsamkeit der welt die tränen nur diese verlorene stille keine gebete die blutigen stellen sind weggewischt die einschusslöcher wurden gestopft nun sind sie vergangen mit der zeit nur die schreie nicht die lauten schreie die kein mensch überhören kann |
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04.06.2022, 14:15 | #2 |
Forumsleitung
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Das nennt man "Betroffenheitslyrik". Die Touristikindustrie weiß solche Darstellungen zu schätzen. "Und jetzt schauen Sie die weißen Flecken an den Häuserwänden, das waren Einschusslöcher, die inzwischen zugeschmiert wurden." Und natürlich muss sich der Tourist im Kopf die Schreie der Kriegsopfer vergegenwärtigen, um sich lange nach dem Krieg und im Schutz einer Reisegesellschaft den Anschein eines mitfühlenden Menschen zu geben, obwohl er in Wirklichkeit keine Ahnung hat, wie es ist, wenn einem Geschosse um die Ohren fliegen, der Boden bebt und man aus der Ferne die Schrei der Verwundeten und der vergewaltigten Frauen hört.
Ich hätte mal gerne Lyrik oder Prosa gelesen, die sich mit den Nachwirkungen solcher Kriege befasst, nämlich mit den Traumata der Menschen auf allen Seiten der Front(en), die nach der Rückkehr in ihre Familien nicht mehr dieselben waren wie vorher. Da muss man aber diejenigen befragen, die es selber miterlebt haben. Wie ich z.B. in Seattle auf einen Mann im Rollstuhl traf, der sagte: "Ich habe an mein Land geglaubt, für mein Land in Vietnam gekämpft, und jetzt bin ich ein Krüppel, der kein Geld bekommt, sondern betteln muss." Wenn Schreie nicht gehört werden, dann sind es die Schreie der Überlebenden, die bei ihrem Einsatz fast noch Kinder waren: Verpflichtet, verheizt und vergessen. Keine Frau will für diesen Wahnsinn zur Mutter werden. |
04.06.2022, 15:11 | #3 |
Man muss sich einfach die Mühe machen und bosnische DichterInnen suchen.
https://www.lyrikline.org/de/ueberse...ils/3844/13340 |
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04.06.2022, 15:18 | #4 | |
Zitat:
Ich habe in Zenica bei Medica eine Frau gesehen, die mit sich selber sprach, später erfuhr ich, was diese Frau erleben musste. Am Morgen wurden sie von Tschetniks überfallen, ihre Tochter und sie wurden in eine Halle gebracht, ihre Tochter wurde mehrmals am Tag vergewaltigt und ihre Mutter musste dabei zusehen. Herr Saric, ein guter Freund von mir, ebenfalls aus Zenica, stieg eines Tages in den Zug der ihn nach Sarajevo bringen sollte. Mitten auf der Strecke hielt der Zug und nationale Serben und Tschetniks durchsuchten den Zug, teilten die Abteile nach Muslimen, Serben und Kroaten. Es war nicht sicher was mit den Muslimen passieren sollte, gottseidank jedenfalls ist die Sache gimpflich ausgegangen. |
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04.06.2022, 15:20 | #5 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Dein Text ist dagegen nichts weiter als ein harmloses Ohrensesselgedicht. Wenn ich lese, was du in persönlichen Begegnungen erfahren hast, ist es für mich umso befremdlicher, es nicht mit stärkeren Worten verfasst zu haben. |
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04.06.2022, 15:22 | #6 | |
Zitat:
Ich hab schon verstanden dass Ihnen das Gedicht nicht gefällt :-) |
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04.06.2022, 15:23 | #7 |
:-)
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