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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt. |
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05.11.2020, 14:11 | #1 |
November
Die große Buche ist entlaubt,
und was ich je vom Grün geglaubt, hat sie den Winden anvertraut. Die Nebel proben Endzeitmythen, belächelt von den letzten Blüten, obwohl ihr Blattwerk schon ergraut. |
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06.11.2020, 03:35 | #2 |
Hallo betagte Lyrikerin
schön das im modernden Ruch des Herbstes
und aus den entlaubten Zweigen, noch so tolle Gedichte von den Bäumen tropfen. Nun kahl sind die Bäume, aus entlaubten Zweigen, tanzen bunte Träume ihren letzten Reigen, bevor sie schweigen. Der Herbst ist Tod, Abschied, Hoffnung und Auferstehung. LG |
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06.11.2020, 09:32 | #3 |
Ja , da steht sie nun , die große Buche,
nackt streckt sie ihre Arme in die Nebel.. Träumt den Traum vom Leben nach dem Winter.. Ihre Blattkinder sind am Boden, als Teppich für die Welt. Schön in Worten eingefangen , diese Stimmung.. Ich lächle mit den letzten Blüten und lasse dir ein Dankeschön fürs Lesendürfen da.. Liebe Grüße Mona |
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06.11.2020, 11:02 | #4 |
Lieber Vers-Auen,
herzlichen Dank für dein Lob, auch Deine antwortenden Verse gefallen mir gut. Liebe Mona, auch Dir herzlichen Dank fürs Lesen und Deine lächelnde Reaktion. Liebe Grüße und gute Wünsche für das Überstehen der dunklen Zeiten, AlteLyrikerin. |
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06.11.2020, 11:37 | #5 |
Forumsleitung
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Obwohl ich deine Verse schätze, da sie Tiefe haben, kann ich mich der Begeisterung in diesem Fall nicht anschließen. Das Gedicht ist mir zu stark auf "Reim dich, egal wie" getrimmt.
Was glaubt man denn vom Grün? Was kann und darf man von ihm glauben, weiß man doch aus jahrelanger Erfahrung, dass es bei Laubbäumen vergänglich ist. Allerdings wandelt sich das Grün nicht zu Grau. Außerdem reimt sich "ergraut" nicht auf "geglaubt/anvertraut", was selbst schon nicht sauber gereimt ist. Dass Blüten den Nebel bzw. das Ende des Lebens belächeln, wage ich zu bezweifeln. Außerdem ist "belächeln" falsch konnotiert, denn es bedeutet, etwas lächerlich zu finden , hat also eine abwertende Bedeutung (im Gegensatz zu "über etwas lächeln", "jmd. zulächeln", was ohne Kontext wertfrei ist). Fazit: Schöne Idee und ein feines Bild, leider unvollkommen umgesetzt. Sicherlich gibt es andere Lösungen. Das Laub der Buche durchwandert im Herbst Stadien, deshalb könnte es heißen: Die große Buche ist entlaubt, des Grüns, des Rots und Gelbs beraubt steht sie im Wind mit nacktem Haupt. Die Nebel proben Endzeitmythen, umhüllen sanft die sommermüden, schon halbverwelkten Rosenblüten. Sorry für meine harte Kritik. Ich weiß, dass ich oft zu streng im Bewerten von Texten bin. Andererseits habe ich mir einen Satz meines früheren Bosses bewahrt: Es gibt keinen Text, den man nicht noch besser machen könnte. Das gilt natürlich auch für meinen Lösungsversuch. LG Ilka |
06.11.2020, 12:40 | #6 |
Liebe Ilka-Maria,
herzlichen Dank für Deinen kritischen Kommentar. Er ist mir kein Problem sondern gibt mir eine ehrliche Rückmeldung, wie der Text aufgenommen und verstanden bzw. stilistisch analysiert wurde. Dafür bin ich dankbar. Was das Reimschema angeht, so reimt sich die dritte Zeile nicht auf die vorhergehenden zwei, sondern die Waise des ersten Terzetts reimt sich auf ihre Entsprechung im zweiten Terzett. Allerdings ist - zufällig, nicht gesucht - die Assonanz zu den Reimworten der ersten beiden Zeilen so stark, dass es wie ein missglückter Reim wirken kann. Das habe ich in Kauf genommen. Was die Metaphorik angeht, so wollte ich durchaus kein romantisierendes Herbstgedicht schreiben sondern eine existentielle Sicht beschreiben, die Projektionen des lyrischen Ichs auf die Momentaufnahme, die es vor Augen hat. Grün steht als Metapher für Vitalität, Lebenskraft, Aufbruch und Ähnliches. Die Kahlheit der Buche für deren völligen Verlust. Der "Glaube" an das Grün vertritt metaphorisch eine Haltung des irrealen Versuchs durch Selbstoptimierung die Vitalitätsverluste zu verhindern (For ever young). Die Nebel, die mit Endzeitmythen winken, können Metaphern sein für eine Reaktion des Menschen auf die Minderung seiner Vitalität im Alter. Jetzt ist alles aus, es gibt keine Perspektiven mehr. Bei manchen Menschen führt diese Haltung sogar in Depressionen und Suizidgedanken. Die letzten Blüten lächeln darüber, obwohl ihr Blattwerk schon grau geworden ist. Bei manchen Herbstblumen wird das Blattwerk nicht gelb sondern grau und dann zu einem vermoderten Schwarz. Bei "belächeln" würde ich nicht von einer nur negativen Konnotation ausgehen. Es steckt immer noch das Verb lächeln drin, dessen Semantik nicht vollständig negiert wird. Es ist immer noch etwas anderes als z.B. auslachen. Im Belächeln der letzten Blüten findet das lyrische Ich eine selbstironische Wendung zu seinen negativen, vielleicht auch von Selbstmitleid bestimmten Assoziationen. Deine Fassung finde ich sehr schön, aber sie trägt nun eine völlig andere Aussage. Herzliche Grüße, AlteLyrikerin. |
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06.11.2020, 13:31 | #7 |
Forumsleitung
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Okay, deine Gedanken, die dem Gedicht zugrunde liegen, sind bei mir angekommen. Meine Lesart wurde dem offensichtlich nicht gerecht.
Bei dem Verb "belächeln" muss ich allerdings widersprechen. Es ist immer negativ besetzt und hat mit "über etwas lächeln" oder "etwas anlächeln" nichts zu tun. Es ist auch nicht mit "auslachen" vergleichbar, denn das kann sowohl negativ wie auch scherzhaft-positiv gemeint sein. Etwas "belächeln" heißt immer, einer mitleidigen Abwertung Ausdruck zu verleihen. Dabei muss nicht einmal ein physisches "Belächeln" stattfinden, es kann sich auch in einer ironischen Bemerkung bei einer ansonsten todernsten Mimik ausdrücken. Auch dann würde man sagen er/sie habe etwas "belächelt", nämlich lächerlich gemacht. |
06.11.2020, 13:44 | #8 |
Laut Duden ist auch die Variante "etwas mit nachsichtigem Lächeln betrachten" in der Bedeutung eingeschlossen.
https://www.duden.de/rechtschreibung/belaecheln Aber selbst ein spöttisches Lächeln wäre eine plausible Reaktion als Gegenüberstellung zu jemand, der sich in ein Endzeitszenario hineinsteigert. |
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06.11.2020, 15:21 | #9 | |
Forumsleitung
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Zitat:
https://www.openthesaurus.de/synonyme/bel%C3%A4cheln Vielleicht könnte man ein Endzeitszenario mit einem derartigen Lächeln goutieren, wenn man zynisch genug veranlagt ist. Mir will es im Kontext des Gedichts nicht recht passen, aber das ist eben eine Geschmackssache. Ich weiß ja nun, aus welchem Blickwinkel du es siehst, und insoweit habe ich nichts mehr zu meckern. |
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06.11.2020, 19:39 | #10 |
Dabei seit: 10/2016
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Alter: 42
Beiträge: 5.271
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Welch schöne Verse, liebe Lyrikerin.
Sinnreich, tiefgehend, melancholisch....., alles das mag die Unar. Und auch die tollen Antworten, in deinem Faden/auf dein Werk, hab ich gern gelesen. |
07.11.2020, 00:39 | #11 |
Auch wenn ich die Kritik verstehen kann, empfinde ich es völlig anders. Mich erreicht das Gefühl und deine Worte fangen mich ein.
Sei lieb gedrückt Blade |
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07.11.2020, 17:57 | #12 |
Liebe Unar,
ich freu mich sehr, dass ich etwas schreiben konnte, das Dir gefällt. Lieber Blade, auch Dir herzlichen Dank für Deine Zustimmung. Fühl Dich ebenfalls gedrückt. Herzliche Grüße Euch beiden, AlteLyrikerin. |
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