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13.07.2019, 11:22 | #1684 |
Den Krimi habe ich leider nicht gesehen.
Nochmal zu Dominique Manotti: Weil es mir übrigens keine Ruhe gelassen hat, dass es doch an der Übersetzung gelegen haben könnte, habe ich mir eine Leseprobe eines anderen Buches von ihr von einer anderen Übersetzerin angesehen. Ergebnis: Der Stil ist der gleiche. Z. B.: "Gegenangriff, blindlings, erstaunlich schnell." Und das klingt wirklich sehr unnatürlich (auf das Wort bin ich selbst nicht gekommen, dabei ist es genau das, was mich so stört). |
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14.07.2019, 11:46 | #1685 | |
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Zitat:
Meine schlechten Erfahrungen mit übersetzten Texten gilt auch für Kinofilme. Was da den Schauspielern, die sich leider nicht wehren können, oftmals an Dialogen in den Mund gelegt wird, ist hanebüchen. |
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18.07.2019, 21:24 | #1686 |
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Mark Benecke: "Dem Täter auf der Spur - So arbeitet die moderne Kriminalbiologie", Bastei-Lübbe 2006.
Benecke ist hinreichend aus den Medien bekannt. Trotzdem kaufte ich das Taschenbuch, weil es mir zusätzliche Details zu enthalten schien. Es hat mich nicht enttäuscht, und besonders den ersten Teil "Gliedertiere und Leichenerscheinungen" fand ich ausgesprochen spannend. Darin geht es darum, Erkenntnise über Liegezeiten einer Leiche, Todesart, Tatort u.a.m. anhand des Insekten- und Madenbefalls zu bestimmen. Der zweite Teil beschäftigt sich ausführlich mit dem Bereich der DNA-Typisierung und stellt hierzu verschiene Techniken vor. Den dritten Teil, der sich mit einigen Irrlehren der Vergangenheit (Rassenlehre, Schließen von Aussehen auf Charakter) und Doping im Sport befasst, kann man sich schenken, denn da gibt es keine neuen Erkenntnisse. |
22.07.2019, 18:43 | #1687 | |
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Zitat:
1. Highsmith legte offenbar keinen Wert darauf, dass sich der Leser mit den beiden Hauptfiguren Guy und Charles identifiziert. Obwohl sie phsychologisch ziemlich scharf gezeichnet sind, bleiben sie zum Leser distanziert. 2. Ein wenig erinnerte mich die Prämisse an Stevensons Geschichte von Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Offensichtlich wollte Highsmith herausarbeiten, dass jeder Mensch eine helle und eine dunkle Seite in sich trägt. Wie bei Stevenson, scheint es auch hier um eine Hauptfigur und ihr alte ego zu gehen. An einigen Stellen des Romans klingt dies auch an. 3. Das wird dadurch unterstrichen, dass Highsmith das Handeln ihrer Protagonisten nicht wertet. Sie verurteilt keinen der beiden. Jeder hat für seine Entscheidungen und Handlungen ein Motiv. Das mutet beinahe schicksalshaft an und widerspricht dem Grundsatz, dass es immer auch eine andere Wahl gibt. Nebenbei aufgefallen ist mir, dass Highsmith sich nicht gescheut hat, in einigen selten Fällen die Perspektive zu wechseln. Der weitaus größere Teil des Romans ist aus dem Blickwinkel Guys erzählt. Aber an einigen Stellen schwenkt Highsmith zu Charles über und lässt den Leser an seinen Gedanken und Gefühlen teilhaben. Das unterstützt mein Empfinden, dass es sich bei Charles um Guys alter ego handelt. Zur Hitchcock-Verfilmung: Von Verfilmung kann eigentlich nicht die Rede sein. Das Drehbuch hat lediglich Motive des Highsmith-Romans aufgegriffen, aber eine völlig neue Story daraus gemacht, die weitaus mehr Spannungsmomente enthält als der Roman (muss für das Kino auch so sein). Das bestätigt meine Erkenntnis, dass ein Vergleich von Buch und Film zu nichts führt, denn der Film kann eine literarische Vorlage nur adaptieren. Was wirklich verfilmt wird, ist das Drehbuch, das eine völlig eigene Handschrift trägt. |
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31.07.2019, 16:33 | #1688 |
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Wolfgang Herrndorf: "Tschick", Rowohlt 2010/2019.
Bin zu Dreiviertel durch und weiß nicht recht, was ich davon halten soll. Die Protagonisten des Jugendromans (Deutscher Jugendliteraturpreis 2011) sind zwei Vierzehnjährige, die in einer geklauten Schrottkiste durch Brandenburg brettern und allerhand Unfug anstellen. Die Sprache ist einfach und enthält viel Slang - für meinen Geschmack zu argen Slang, denn er besteht hauptsächlich aus vulgären Ausdrücken, die in dieser Heftigkeit allenfalls ein erwachsener Slumbewohner von sich geben würde. Ungefähr bei Seite 162 wurde es mir damit echt zu viel. Erschreckt hat mich auch, dass dieser Jugendroman den Weg in den Lehrstoff der Gymnasien gefunden hat und als Grundlage von Abiturprüfungsfragen dient. Ziemlich krass! Herrndorf meinte, den klassischen Jugendromanen fehlten grundlegende Elemente (z.B. erwachsene Bezugspersonen). Dem wollte er etwas entgegensetzen. Ich halte das nicht für gelungen, denn im Gegensatz zu den Klassikern - z.B. Robinson Crusoe oder Tom Sawyer - habe ich bei seinen beiden Hauptfiguren keinerlei Entwicklung feststellen können. Die beiden sind auch nicht schicksalshaft in ihre "Abenteuer" gestürzt, um geläutert daraus hervorzugehen, sondern gewollt, obwohl sie gewusst haben, dass sie illegale Dinge tun. Eins der Lieblingswörter des Protagonisten Maik, aus dessen Perspektive der Roman erzählt wird, ist "grenzbescheuert" - und genauso kommen mir die Handlungen der beiden Protagonisten vor, obwohl sie natürlich nicht sich selbst, sondern "den Rest der Welt" für grenzbescheuert halten. Das mag sich alles lustig lesen und vorübergehend einer angenehmen Unterhaltung dienen - aber was dieser Roman einem Jugendlichen im Endeffekt bringen soll, erschließt sich mir nicht. Nun ja, wer sie noch nicht draufhat, lernt vielleicht noch eine Reihe Vulgärausdrücke dazu oder kann sich in Zukunft "gepflegter" über sexuelle Handlungen auslassen und z.B. davon sprechen, dass sich "jemand einen von der Palme wedelt". Das erweitert den Horizont und ist absolutes Grundwissen für eine erfolgreiche Abiturprüfung. |
08.08.2019, 20:49 | #1689 |
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In diesem Faden kommt reichlich wenig. Liest eigentlich noch jemand mal ein Buch?
Ich bin gerade an der Biografie von Wolf Biermann: "Warte nicht auf bessere Zeiten". Nun ist die Biermann-Bio eigentlich längst gut bekannt, trotzdem ist das Buch ein Gewinn. Bei einem Umfang von ca. 500 Seiten erfährt man halt doch noch Neues. Vor allem sind die Details interessant, die Biermann über seine "Erfahrungen" mit den Funktionären der DDR machte. Sehr sympathisch kommt herüber, dass er für viele Menschen, die sich von dieser Diktatur einvernehmen ließen, Verständnis hat und selbst die noch zu seinen Freunden zählt, von denen er bespitzelt wurde. Er kennt eben die Mechanismen und ordnet sie unaufgregt ein, weil er selbst weiß, dass jeder Mensch ein Produkt seiner Erziehung, seines Umfelds und einer früh implantierten Ideologie ist. Biermann zeigt in seiner Biografie, dass man nicht an falschen Ideologien und an Repressalien kaputtgehen muss. Und dass man nicht Freundschaften aufgeben muss, nur weil ein diktatorischer Staat sie zu zerstören versucht. Er sieht sich nicht als Held, Revoluzzer oder Weltverbesserer, sondern im Gegenteil: Als einen Hasenfuß, der einerseits in voller Naivität die Schnauze aufgerissen, aber wenn es gefährlich wurde, sich mit "schmalem Arsch" verzogen hatte. Eben ein Mensch. |
09.08.2019, 06:31 | #1690 |
Hallo liebe Ilka-Maria.
Ich lese sehr viel. Ein Leben ohne Bücher ist unvorstellbar, für mich.
Ich lese jedoch so viel und parallel, dass ich mit Empfehlungen nicht hinterherkäme. Ich könnte tolle Bücher aufzählen. Aber sie so gut beschreiben kann ich weniger. Ich werd mich aber bemühen, versprochen, weil mir dieser Faden sehr gut gefällt. Und es gilt ihn zu füllen. Ein lieber Unargruß. Jetzt nur kurz... Zur Zeit lese ich den 4. Teil der Reihe Die besonderen Kinder, der Titel ist Der Atlas der besonderen Kinder. https://www.droemer-knaur.de/buch/96...onderen-kinder Zu diesen Büchern kam ich über meine Tochter, weil sie ehr die Sparte Jugendroman bedienen. Mich hat der erste Band aber auch interessiert und letztlich gefesselt. Es geht um Menschen mit einzigartigen Gaben. Beschrieben wird ihr Leben, wie sie im Laufe der Geschichte unter Verfolgung leideten, in Freakshows vorgeführt wurden und sich oft verstecken mussten. Die Geschichten sind gespickt mit nachvollziehbarer Historie, Gesellschaftskritik und ganz viel Phantasie. Ich mag die alten Fotos ganz besonders, mit denen jedes Buch daherkommt. Sie machen die Inhalte begreifbar und geben den Protagonisten ein Gesicht. Ransom Riggs hat mit seiner Reihe eine kleine eigene Zeitreise erschaffen. Ich kann die Bücher jedem empfehlen, der im Herzen jung geblieben ist, auf Abenteuer aus ist, sich besonders fühlt und fantasievoll ist. Zuletzt möchte ich erwähnen, dass der erste Teil bereits verfilmt wurde. Die Insel der besonderen Kinder Mich hat der Film jedoch wenig begeistert, weil er zu weit vom Buch abweicht. Schon die Hauptpersonen werden nicht exakt wiedergegeben, ihre Gaben sind vertauscht oder vermischt. Ein No-Go für mich. Der Nostalgiecharakter der Bücher fehlt. Der Film ist mir zu bunt, zu kitschig, zu laut. |
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09.08.2019, 07:13 | #1691 | |
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Zitat:
Was die Verfilmung angeht: Ich ziehe Vergleiche zwischen derart unterschiedlichen Medien wie Buch und Film grundsätzlich nicht. Verfilmt werden kann ein Buch nie, denn Schriftsprache funktioniert anders als Filmsprache, deshalb kann es sich immer nur um eine Adaption handeln. Was verfilmt wird, ist allein das Drehbuch (und das sieht völlig anders aus als eine Novelle oder ein Roman, mit Literatur hat es quasi nichts gemein). Regisseur, Kameramann, Ausstatter und Schauspieler erzeugen ihre Bilder und Figuren nach ihren eigenen Vorstellungen, und die können nicht so sein, wie sie im Kopf des Autors der literarischen Vorlage oder dessen Leser entstanden sind. Ein Regisseur, der sich strikt an das Ursprungswerk halten will, statt es für eine eigenständige Geschichte ins Bild umzusetzen, wird in den meisten Fällen scheitern, denn damit bringt man selten einen guten Film zustande. Auch die Schauspieler, die je nach Popularität ein Wort mitzureden haben, können von den darzustellenden Charakteren ganz andere Vorstellungen haben als der Autor der literarischen Vorlage. Nicht selten nehmen sie noch während der Dreharbeiten Änderungen im Drehbuch vor, so dass die Figuren eine andere Färbung erhalten, als es anfangs gedacht war. Das kann soweit gehen, dass es zum Streit kommt und der Regisseur die Arbeit aufgibt. Das war z.B. bei "Spartacus" der Fall: Kirk Douglas (er war auch Produzent des Films, also quasi der Chef) moserte so lange am Set herum, bis Anthony Mann gehen musste und Stanley Kubrick übernahm. |
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04.09.2019, 19:49 | #1692 | |
Zitat:
Naja, und wie der Roman in der Schule ankommt, müsste man mal eruieren. Vulgärausdrücke und dergleichen im Buch werden wohl eher keinem Schüler neu sein, geschweige denn schocken. Viele Grüße Yellow |
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04.09.2019, 20:23 | #1693 |
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Na ja, wer sich später maßgeschneidert in Kanzleien bewirbt oder in die Vorstandestagen der Banken aufsteigen will, wird sich diesen Jargon abgewöhnen müssen. Auch bei dem Mädchen, in das er sich verliebt hat und das er einmal heiraten will, wird deser Jargon nicht verfangen.
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05.09.2019, 13:37 | #1694 |
abgemeldet
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romeo and juliet. Was für ein Werk.
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06.09.2019, 08:22 | #1695 |
Ich bin gerade dabei, das dritte Buch von Josef Wilfling zu lesen, nach "Geheimnisse der Vernehmungskunst" und "Verderben" jetzt "Unheil." Das erste, "Geheimnisse der Vernehmungskunst" hat mir am besten gefallen, auch wenn ich nicht wie erhofft einen "Leitfaden" dazu gefunden habe, wie Vernehmungen abzulaufen haben, trotzdem kam viel Insiderwissen vor und der Autor schildert relativ unaufgeregt seine Fälle.
In den beiden anderen Büchern lässt er mE zuviel "Zwischenkapitel" einfließen, wo er allgemeine Betrachtungen über Taten und Täter anstellt. Im Buch "Unheil" ist jedes Kapitel mit der Überschrift "Jeder kann zum Mörder werden" versehen, was ich unsinnig finde. Erstens glaube ich das nicht, egal, was ein Autor behauptet, denn jeder Fall ist anders, und zweitens gibt das dem Buch meiner Meinung nach etwas Sensationsheischendes. Ohne diesen "Hinweis" über jedem Kapitel hätte ich es wesentlich besser gefunden. |
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06.09.2019, 08:48 | #1696 | |
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Zitat:
https://www.amazon.de/Jeder-Mensch-h...gateway&sr=8-1 |
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06.09.2019, 13:35 | #1697 |
Warum sollte mich derselbe Satz mehr überzeugen, wenn er von einem anderen Autor kommt? Allenfalls könnte man sagen, dass schon Menschen zum Täter geworden sind, von denen man es nicht erwartet hätte. Das ist immer noch eine ganz andere Aussage als die pauschale These: "Jeder kann zum Mörder werden."
Ich halte von dieser These nichts. P. S. Ilka, warum ist in dem Zitat von mir in deinem Beitrag alles kleingeschrieben? So schreibe ich nicht. Hat hier ein "Textverbesserungsprogramm" den Text rechtschreibmäßig verschlechtert? LG DieSilbermöwe |
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06.09.2019, 16:46 | #1698 | |
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Zitat:
Ich habe keine Ahnung. Mir war das gar nicht aufgefallen. |
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23.09.2019, 17:33 | #1699 |
Ich lese gerade "Die Suche" von Charlotte Link. Das Buch handelt von verschiedenen verschwundenen Teenagern und hat mehrere Hauptpersonen. Es taucht am Anfang auf fast jeder Seite eine auf. Auktorialer Erzählstil. Trotzdem fand ich es anfangs recht spannend, jetzt verliert sich die Autorin mehr und mehr in der (langweiligen) Lebensgeschichte der Hauptfigur, einer Ermittlerin von Scotland Yard, die sich für ihre Recherche als Journalistin tarnt, unter den Verdächtigen den Mann ihres Lebens trifft und seit diesem Augenblick gefühlt alle 2 Seiten darüber nachdenkt, dass sie bestimmt alles vermasselt, weil sie keine Ahnung von Männern und Beziehungen hat. Ich finde, erstens passt das nicht. Eine erfolgreiche Ermittlerin von Scotland Yard hat kein Selbstvertrauen und jeder Gedanke kreist nur noch darum, ihren Freund keineswegs zu vergraulen? Das wird nicht nur einmal thematisiert, sondern wie gesagt gefühlt auf jeder zweiten Seite. Stört erheblich die Spannung. Trotzdem bin ich sehr gespannt, wie es ausgeht.
Ich habe Charlotte Link schon früher ganz gern gelesen. Was mir aber auch damals schon aufgefallen ist: die relativ einfache Sprache. Die Leser scheinen es aber zu mögen, wenn sich ein Autor nicht zu geschraubt ausdrückt. |
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24.09.2019, 07:26 | #1700 |
Jetzt habe ich das Buch ausgelesen. Als Lektor hätte ich einiges gestrichen und teilweise war es für die Ermittlerin viel zu einfach. Jeder hat ihr bereitwillig Auskunft gegeben, als sie z. B ohne Anmeldung in einer psychiatrischen Abteilung in einem Krankenhaus auftauchte und den Ärzten Fragen stellte. Völlig unglaubwürdig.
Auch die Lösung des Kriminalfalles ist reichlich unglaubwürdig. Ich will jetzt nicht verraten, wer der Täter ist, aber - nee, so würde er nicht denken und handeln. Und die Beziehung der Ermittlerin hat natürlich auch nicht gehalten, was sie versprochen hat. Was dem Leser schon nach gefühlt jeder zweiten Seite Jammerei darüber im Vorfeld kaum entgehen kann. Auch wenn es auf eine andere Weise endet als gedacht. Fazit: Anfangs spannend, dann flacht die Geschichte mehr und mehr ab. Außerdem eine enttäuschende Auflösung. |
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24.09.2019, 08:21 | #1701 | |
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Zitat:
Wenn der Erfolg erst einmal da ist, wird er vom Verlag ausgeschlachtet nach dem Motto: Wenn es einmal mit einem Autor geklappt hat, entwickelt der Leser eine Erwartungshaltung, und dann werden die nachfolgenden Bücher zu Selbstläufern. Das kann jahrelang gutgehen und ist auch die Erklärun dafür, dass immer mehr Autoren zu Serienschreibern werden, also mit denselbten Hauptfiguren arbeiten (vor allem bei Kinderbüchern kann man das gut beobachten). Deshalb bin ich bei Fließbandschreibern vorsichtig. Bei Ingrid Noll habe ich z.B. nach dem zweiten Buch aufgehört, obwohl ich mich mit beiden Geschichten gut unterhalten fühlte. Waren allerdings nur Beziehungsgeschichten, keine Krimis, aber schließlich bestehen ja fast alle Genres aus Beziehungen, und die sind an sich schon spannend genug. Bei zwei anderen Schreibern aus den U.S.A., Douglas Preston/Lincoln Child - die beiden schreiben im Team, - schaue ich immer erst, ob der neue Roman wieder einmal von dem Ermittler Pendergast handelt, dann lasse nämlich ich die Finger davon. |
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25.09.2019, 12:34 | #1702 |
Ich lese auch meistens nur zwei Bücher desselben Autors hintereinander, die große Ausnahme war Patricia Highsmith. Normalerweise wird es mir sonst auch zu anstrengend.
Nochmal zum Buch "Die Suche": Kaum ein Charakter ist dreidimensional, höchstens die Ermittlern. Alle anderen werden mit ein paar Wörtern vorgestellt und verändern sich während der Geschichte kaum. Und was bzw. wie ein psychischvKranker thematisiert wird, hat mir persönlich die Schuhe ausgezogen, so sehr war das an der Wirklichkeit vorbei. Aber ich habe mich schon vor langem entschlossen, mich über so etwas nicht mehr aufzuregen. Nur sehr selten werden psychisch Kranke in Büchern und Filmen einigermaßen korrekt dargestellt. |
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27.09.2019, 15:17 | #1703 |
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Kannst du genauer ausführen, was dir daran unrealistisch erschien? (Um es vorwegzunehmen: Ich kenne das Buch nicht, habe also keine eigene Meinung dazu.)
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27.09.2019, 17:45 | #1704 |
Nun, der Täter ist zwar psychisch krank, handelt aber wie ein eiskalter Killer mit Überlegungen, wie sie ein Gesunder anstellen würde. Es wird versucht, sich in die Gedankenwelt eines solchen Kranken hinein zu versetzen, das klappt aber nicht. So wie sich Lieschen Müller halt einen psychisch kranken Killer vorstellt....
Alles sehr einfach und plakativ dargestellt. |
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27.09.2019, 19:00 | #1705 | |
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Zitat:
Der eiskalte, planende Killer hat in der Regel ein niederes Motiv wie Rache oder Bereicherung, daran ist nichts krank, und damit liegst du völlig richtig. Diese Menschen haben alle rechtlichen und moralischen Instanzen beiseite geschoben und somit die Hemmschwelle völlig abgesenkt. Das kann allerdings mit psychischen Fehlentwicklungen einhergehen, die den Entschluss zu einer schlimmen Tat fördern können. Es gibt aber auch mental kranke Täter, die eiskalt und völlig rational vorgehen und für ihre Tat noch nicht einmal ein Motiv brauchen. Medizinisch-psychiatrische Untersuchungen haben ergeben, dass diese Menschen einen defekt im Bereich des Gehirns haben, der für die Empathie zuständig ist. Dieser Bereich ist unterentwickelt oder fehlt völlig. Deshalb sind diese Täter so gut wie nicht therapierbar. Man kann sie für den Rest ihres Lebens nicht mehr unter die Menschheit lassen. Das Buch hat dich trotzdem nicht überzeugt. Vielleicht ist die Figur in dem Roman einfach nicht gründlich genug gezeichnet worden, aber das hattest du ja bereits bemängelt. |
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28.09.2019, 10:51 | #1706 |
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Ich bin in den letzten Wochen mal wieder in Paris-Laune gewesen und habe zu entsprechender Lektüre gegriffen.
Da wäre zunächst von meinem geschätzten Autor Antoine Laurain der Roman "Ein Tropfen vom Glück". Laurain ist kein Vertreter der gehobenen Literatur, pflegt aber einen angenehmen, flüssigen Schreibstil und weiß zu unterhalten. Allerdings fällt dieser Roman hinter den ersten beiden, die ich von ihm gelesen habe, deutlich zurück ("Liebe mit zwei Unbekannten" und "Der Hut des Präsidenten"). "Ein Tropfen Glück" handelt von einer Zeitreise in das Paris des Jahres 1954. Eine Gruppe Personen, die zusammen mit Wein aus einer Flasche jener Zeit angestoßen haben, werden unversehens in das Jahr 1954 zurückversetzt. Zunächst herrscht Verwirrung, aber als sie kapiert haben, was geschehen ist, versuchen sie Ideen zu entwickeln, wie sie wieder in ihre Zeit zurückkehren können. Ungewöhnlich an der Geschichte ist die Gleichwertigkeit der Protagonisten, jede verkörpert einen besonderen Typ, aber keine geht als Held hervor. Danach las ich "Der Brief" von Carolin Hagebölling. Auch in diesem Roman geht es um Zeit, wobei man weniger von einer Zeitreise als vielmehr von einer Zeitüberlappung reden kann. Er spielt zwischen Hamburg und Paris. Ich will nicht näher auf den Inhalt eingehen, denn er ist ziemlich verwirrend, und je weiter ich gelesen habe, desto mehr ist bei mir der Eindruck entstanden, dass die Autorin ihren Stoff spätestens ab der Mitte der Geschichte nicht mehr beherrscht hat. Kein Buch, das man behalten muss. Jetzt bin ich an "Der Klavierspieler vom Gare du Nord" von Gabriel Katz, etwa in der Mitte angekommen und begeistert. Das Buch weist zwei Ungewöhnlichkeiten auf. Zum einen ist es ausnahmsweise mal eine Adaption von einem Film (über dessen Existenz ich beim Kauf des Buches nichts wusste), nicht umgekehrt. Und es bricht mit der Regel, aus nur einer Perspektive zu erzählen, obwohl es in der Ich-Form geschrieben ist. Keine Frage: Bei den ersten beiden Kapiteln war ich verwirrt. Aber dann dämmerte mir, dass hier zwei verschiedene Personen von sich erzählen, und ich schalt mich einen Dummkopf, dass ich das nicht gleich am Sprachstil erkannt kannte. Der ältere Mann, ein Musikprofessor, pflegt natürlich einen gehobenen Sprachstil, der junge Mann, der noch in der Selbstfindung ist, eine flapsigen und respektlose Jugendsprache, die zudem gespickt ist mit Metaphern. Darin versteht sich der Autor meisterhaft, so dass der Perspektivwechsel auf Kenntlichmachung durch Überschriften verzichten kann. Inhalt: Es geht um die Entwicklung eines Hochbegabten, der sich das Klavierspielen selbst beigebracht hat, zu einem genialen Pianisten. Dieser weigert sich zunächst, sich von dem Musikprofessor für die Welt der "Spießbürger" einvernehmen zu lassen, doch da er nur die Wahl hat, im Knast eine Jugendstrafe abzusitzen oder sich dem Musikprofessor weiter anzuvertrauen, bleibt er am Konservatorium. Ein bisschen erinnert die Geschichte an den Film "Good Will Hunting". Übrigens: Im Gare du Nord gibt es tatsächlich ein öffentliches, für jedermann zugängliches Klavier. |
28.09.2019, 10:58 | #1707 |
Wie gesagt, ich rege mich schon lange nicht mehr drüber auf, wie das in Film und Fernsehen dargestellt wird.
Ich kann hier sowieso nicht weiter ins Detail gehen, ohne zuviel von der Handlung zu verraten.. Was mich insgesamt gestört hat, war, dass die meisten Figuren eher eindimensional als dreidimensional gezeichnet wurden - bei der Fülle der Figuren, die auftauchen und aus deren Sicht dann erzählt wird, auch nicht weiter verwunderlich. Dafür war gar nicht genug "Platz" im Roman. Manche Figuren sind auch ziemlich klischeehaft gezeichnet. Was mich am meisten ärgert, obwohl ich soviel Fehler entdeckt habe, habe ich es trotzdem insgesamt spannend gefunden und ziemlich schnell ausgelesen. also auch ich bin mit einem solchen Buch zu ködern. Dann muss ich die Autorin ja trotz aller Bemängelung bewundern.... Ich muss tatsächlich gestehen, dass ich noch nie ein Buch von ihr gelesen habe, das ich nicht spannend gefunden habe. Wie macht sie das nur? |
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28.09.2019, 11:49 | #1708 |
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Vielleicht macht sie alles richtig . Vielleicht geht dein Anspruch in die falsche Richtung oder du siehst es zu akademisch.
Es ist tödlich, alle Figuren eines Romans zu tief zu zeichnen. Die Nebenfiguren interessieren den Leser genau so viel, wie sie eine Rolle spielen, nämlich mehr oder weniger nebensächlich. Tief gezeichnet sein sollten natürlich die Hauptfiguren, also der Protagonist und der Antagonist. Farbig dargestellt dürfen auch andere wichtige Figuren sein, z.B. der getreue Freund und Helfer. Aber bei allen anderen sollte sich der Autor nur auf die wichtigsten Merkmale beschränken. So gehen Autoren in der Regel vor, wenn sie die Aufmerksamkeit ihrer Leser richtig lenken wollen. |
30.09.2019, 17:25 | #1709 |
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Hans Peter Röntgen: "Was dem Lektorat auffällt".
Jedem User, der seine Texe ein bisschen besser machen will, sei dieses Büchlein ans Herz gelegt. Es ist kein Lehrwerk, sondern ein Leitfaden und Merkzettel. Etwas, das man sich neben den Laptop legt, um an Wesentliches erinnert zu werden - so wie sich jemand in einem anderen Job einen Zettel an die Pinwand stecken würde. Darin liegt die Stärke des Büchleins. Der Autor schafft es, auf weniger als 90 Seiten die Fehler aufzuzeigen, die ein Autor vermeiden sollte. Er komprimiert also, was andere Ratgeber auf zwei- bis dreihundert Seiten ausbreiten, auf das, worauf es ankommt. Das erspart die eigenen Notizen. Die weiteren ca. 80 Seiten befassen sich mit den Themen "Plot" und "Exposé'", mit der Arbeit eines Lektors, der Bewerbung des Autors bei Verlagen und den Möglichkeiten, Kontakte zur schreibenden Zunft herzustellen. Ein nützliches Büchlein für den Hobby-Schreiber. Ein nützliches Büchlein natürlich auch für den Autor, der - wie viele andere seiner Zunft - Schreibseminare anbietet und für Kollegen, die das auch tun, die Werbetrommel rührt. Darf er. Den Leser muss es nicht kümmern. |
30.09.2019, 18:06 | #1710 |
Klingt nicht uninteressant. Mal schauen
Ich lese gerade „Stilübungen" von Raymond Queneau. Eigentlich habe ich es schon ausgelesen, aber ich schaue immer wieder noch einmal hinein. Raymond Queneau erzählt eine kurze Geschichte (quasi eine Short Shortstory) immer wieder aus verschiedenen Blickwinkeln - als Lithotes, metaphorisch, weiblich, telegrafisch, als Alexandriner, freie Verse, Haiku etc. Hochinteressant auch die Anmerkungen der Übersetzer am Schluss. Ich habe noch ein Buch von ihm gesehen, "Zazie in der Metro". Würde mich einerseits reizen, andererseits geht es darum, dass die wörtliche Rede teils genauso geschrieben wie gesprochen wird. Was im französischen Original ganz bestimmt ganz anders wirkt als im Deutschen, wo sowieso jedes Wort genauso geschrieben wie gesprochen wird. Deswegen kann das in einer deutschen Übersetzung ja eigentlich nicht funktionieren.... |
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30.09.2019, 18:14 | #1711 | |
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Zitat:
Den Vergleich zwischen wörtlicher und nichtwörtliche Rede könnte ich verstehen, aber den gibt es im Französischen auch. Also, hier ticke ich nicht durch. Vielleicht stehe ich total auf dem Schlauch. |
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01.10.2019, 06:39 | #1712 |
Vermutlich habe ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt. In den Dialogen wird die Sprache teilweise so geschrieben, wie sie gesprochen wird (absichtlich natürlich). Als Wortspielerei oder so, den genauen Zweck habe ich auch (noch) nicht so richtig verstanden. Allerdings funktioniert das im Französischen besser als im Deutschen, da man im Französischen eben normalerweise nicht so die Wörter ausspricht wie man sie schreibt. Im Deutschen aber schon und deswegen bin ich gespannt, wie das übersetzt wird.
In einer Leseprobe habe ich z. B. gelesen, dass Zazie "argwöhnisch" "akwoenisch" ausspricht. Oder "Gipsnich" statt "gibt es nicht". Und so spricht man im Deutschen normalerweise nicht. |
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04.10.2019, 13:33 | #1713 |
Jetzt weiß ich, wie man es bezeichnet: phonetische Schreibweise. Damit sind die Dialoge in „Zazie in der Metro" teilweise durchsetzt. Allerdings nicht so sehr, wie ich es befürchtet habe - Ich war doch zu neugierig und habe mir das Buch gekauft.
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08.10.2019, 15:03 | #1714 |
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Norbert Nedopil: "Jeder Mensch hat seinen Abgrund", Goldmann, 2. Aufl., 2016.
Nedopil gilt als einer der besten forensischen Psychiater. Die Themen, die er in seinem Buch bearbeitet, sind: - Begegnung mit dem Bedrohlichen - Die Erforschung der Täterpersönlichkeit - Täter und Opfer - Die Realität und ihre Rekonstruktion - Das Verbrechen und die Gesellschaft - Das dünne Eis der Zivilisation Statt näher auf das Buch einzugehen, hier für Interessenten ein Interview mit Nedopil: https://www.youtube.com/watch?v=NkJlvnt2Qcs |
16.10.2019, 17:29 | #1715 | |
Zitat:
LG DieSilbermöwe |
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16.10.2019, 17:45 | #1716 |
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