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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen. |
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29.04.2011, 18:57 | #1 |
Das Netz
Ich glänze zart als Fliegenfalle
und raufe Schwärme aus dem Meer. Ich trage dir die Dinge alle und Daten schnellstens hin und her. Ich bin die Ordnung, ich verstrebe die Punkte, die allein noch leer an Wert sind in ein Sinngewebe und mache sie bedeutungsschwer. Ich bin das Loch, das, fein gespalten, zerstückelt, doch zusammenbleibt, ein Wesentliches festzuhalten im Strom, der durchdringt, weiter treibt - |
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29.04.2011, 19:01 | #2 |
abgemeldet
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Die Welt braucht mehr topologische Poesie!
Nein, ohne Flachs, ich finde dieses Gedicht absolut hervorragend. |
29.04.2011, 19:06 | #3 |
R.I.P.
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Ich auch, ich auch!
Das gibts überhaupt nichts zu mäkeln, im Gegenteil. Thing |
29.04.2011, 20:13 | #4 |
gesperrt
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Ich finds auch KLASSE !! Loch an Loch, und hält doch.
LG Babsi |
29.04.2011, 21:37 | #5 |
Hallo, lieber Schamansky, lieber Thing, liebe BABSvomKUTSCHI,
habe mich gerade total gefreut, als ich eure Lobesworte las. Danke. LG gummibaum |
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29.04.2011, 23:55 | #6 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Ein Loch ist ein Nichts. Es kann allenfalls durch seinen Rand definiert werden, und trotzdem vermag niemand zu sagen, was ein Loch eigentlich ist, denn der Rand existiert nur in Verbindung mit der Vorstellung von Raum. Raum muß aber, um als solcher wahrgenommen zu werden, gefüllt sein. Ein Loch ist nicht gefüllt, es ist leer. Es ist ein Nichts, das doch vorhanden ist. Schluß mit Philosophie: Die letzte Strophe ist auf jeden Fall behandlungsbedürftig: zerspalten, gestückelt, gestromt - das paßt nicht (jedenfalls nicht für mich). Gruß Ilka-M. |
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30.04.2011, 01:13 | #7 |
Liebe Ilka,
danke für deinen ausführlichen Kommentar. Mit der dritten Strophe hatte ich auch meine Probleme. Sie war ursprünglich die erste. BABSvomKUTSCHI erwähnt: Loch an Loch, und hält doch. Genau davon bin ich ausgegangen. Wie du schreibst, entzieht sich das Loch einer Definition. Tucholskys witziger Text "Zur soziologischen Psychologie der Löcher" lebt auch von der Doppelnatur aus Sein und Nichts, die dem Loch eigen ist. Ich wollte ursprünglich dem Rand und dem Umrandeten eine je eigene Strophe widmen. Das misslang bzw. driftete in Richtung zen-buddhistischen Paradoxons (Stell dir das Klatschen nur einer Hand vor) und dem war ich nicht gewachsen. Geblieben ist für mich in der jetzt dritten Strophe eine Selbstaussage des Netzes, es sei (nicht aus Löchern zusammengesetzt, sondern) aus einem Loch gebildet, das sich in kleinere, aneinander haftende, segmentiert hat. Paradox ist das. Aber das ist dem Netz irgendwie eigen und ich wollte es unmittelbar, vom Subjekt Netz ausgesagt, nicht kommentierend, zeigen. LG gummibaum |
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30.04.2011, 07:49 | #8 |
Forumsleitung
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Vielleicht so:
Ich bin Gewebe, grob verknotet, das Rand an Eck zusammenschweißt, den Fluß, die See, das Meer durchlotet und hält, was mit der Strömung reist. Nur mal eine Idee. LG Ilka-M. |
30.04.2011, 08:41 | #9 |
Lieber grouper, liebe Ilka,
eure Vorschläge sind anregend. Ich muss nachdenken. Ich hatte mir viele Bilder zu "Netz" angesehen. Stom- und Schienennetze gibt es auch, ein Sternbild mit dem Namen, dreidemensionale materielle Netze, mathematische Netze, Netzwerke usw. Auf jeden Fall zieht der Begriff viele immaterielle und abstrakte Phänomene an, die der Struktur nach ähnlich sind. Diese strukturelle Essenz sollte auch irgendwie noch erfasst werden, so dass die abstrakteren Formen, die nicht alle vorkommen können, anklingen. Ein schönes Wochenende wünscht gummibaum |
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30.04.2011, 10:24 | #10 |
Forumsleitung
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Ja, im Sinne von "Verflechtung" gibt es sicherlich viele Formen von Netzen.
Auch Dir ein schönes, hoffentlich sonnig-warmes Wochenende. LG Ilka-M. |
30.04.2011, 12:20 | #11 |
abgemeldet
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Das ist interessant!
In den zwei ersten Zeilen der ersten Strophe deutest du kurz an, wie NETZ in der Natur bereits vorkommt, sowie als was der Mensch NETZ schon in grauer Vorzeit benutzt haben wird, nachdem er dessen Prinzip begriffen und es sich als Werkzeug zu eigen gemacht hat. In der Zeile drei greifst du NETZ nocheinmal auf, so wie es auch heute noch nicht nur von Fischern, sondern von vielen Menschen als zusammenhaltendes, einfaches Werkzeug, sagen wir als Tragetasche beim Einkauf, benutzt wird. In Zeile vier vollziehst du einen Sprung in die zwar nur virtuelle, und doch so reale Welt des Internet. In den Strophen zwei und drei folgt eine kurze "philosopische" Betrachtung, wobei NETZ in der zweiten Strophe als "Ordnung", man könnte fast sagen als Kosmos, als kosmische Ordnung oder kosmisches Ordnungsprinzip des Seienden angesehen wird, in der dritten Strophe dagegen als "Loch", vielleicht könnten wir sagen als Nichts, das scheinbar paradoxerweise durch "Spaltung" erst zu einem NETZ werden kann, zu einer mehr oder weniger symmetrischen Erscheinung also erst durch Symmetriebruch. Strophe zwei scheint mir auch eine Andeutung an den Vorgang der neuronalen Vernetzung der menschlichen Nervenzellen zu enthalten... Wahrscheinlich deute ich in den Text zuviel hinein. Aber man könnte ihn, falls beabsichtigt, begrifflich noch klarer in diesem Sinne überarbeiten. Siehe auch die vorhergehenden Kritiken. LG Abendstern |
30.04.2011, 12:22 | #12 |
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30.04.2011, 12:39 | #13 |
R.I.P.
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... und dazwischen Zwischenräume ...
Man sollte mit "Netz" nicht so streng umgehen. Zumal der Begriff wirklich vielstdeutig ist. Es gibt auch Netzgeflechte, deren sog. Löcher keine Löcher sind. Höchstens semipermeabil. LG Thing |
30.04.2011, 13:11 | #14 |
Forumsleitung
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[QUOTE=Thing; 133778
Es gibt auch Netzgeflechte, deren sog. Löcher keine Löcher sind. Höchstens semipermeabil. LG Thing[/QUOTE] Darum geht es mir nicht so sehr, sondern vielmehr um die unpassenden Ausdrücke "spalten" und "zerstückeln". |
30.04.2011, 13:58 | #15 | |
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Zitat:
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30.04.2011, 14:26 | #16 |
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Was man auch sehr schön am Beispiel etwa einer Blockflöte illustrieren kann.
Ich bin allerdings der Meinung, dass sowohl die dreissig Speichen, als auch die Leere in der Mitte das Rad machen. Gemeinsam sozusagen. |
30.04.2011, 14:44 | #17 |
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Richtig, aber ohne das Loch in der Mitte wäre das Rad untauglich.
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30.04.2011, 14:47 | #18 |
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Klar, aber auch ohne Speichen.
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30.04.2011, 14:52 | #19 |
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Sicher, und ohne Wände auch kein Haus und ohne Ton kein Krug. Leere und Fülle zusammen. Yin-Yang und so.
Ein Sieb ohne Löcher ist eine Schüssel. Ein Netz ohne Löcher ist kein Netz. |
30.04.2011, 22:48 | #20 |
Forumsleitung
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Mal alle Kommentare berücksichtigt und das Gedicht unter diesen Gesichtspunkten neu gelesen, finde ich es gut und nicht alltäglich.
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30.04.2011, 22:50 | #21 |
R.I.P.
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Ja, Ilka-Maria -
wenn man dazu bedenkt, daß es Deiner Anregung entsprang. Das will viel heißen, in kurzer Zeit so schöpferisch zu sein!! Thing (benetzt) |
26.12.2018, 22:38 | #22 |
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Hallo gummibaum - |
27.12.2018, 10:26 | #23 |
Lieber Einsamkeit,
danke für deine Zeilen. Immer schön, wenn jemand etwas mehr wissen möchte. Die Liebe zu Sprache und Tiefsinn teilen wir wohl. Mir gefällt aber auch heiterer Unsinn. Oft haben mich meine Tippfehler inspiriert. Eine gute Zeit wünscht dir gummibaum |
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