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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken. |
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25.11.2018, 16:44 | #1 |
Die Hafenstadt
Ein Handelsschiff mit Toten lag im Hafen.
Aus Luken kamen Ratten und Gestank. Wer immer in der Stadt die Dünste trank, fühlt aller Höllen unsagbare Strafen: Der Amtmann brüllt im Fieber wie von Sinnen. Ihm wuchern schwarze Beulen aus der Haut. Die Wäscherin fährt auf und röchelt laut, dann hustet sie den Blutsturz in ihr Linnen. Ein jeder Morgen bringt uns neue Leichen. Auf großen Karren zieht man sie vors Tor. Auch ich, ein Totengräber, muss bald weichen, denn jeder, der bestattete, verlor das Leben schnell, und seine Kinder gleichen als Waisen einem schattenhaften Chor… |
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25.11.2018, 18:39 | #2 |
Hallo gummibaum,
so muss es wohl gewesen sein, wenn die Pest ganze Landstriche entvölkert hat. Gut ins Wort gesetzt. Herzliche Grüße, AlteLyrikerin |
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25.11.2018, 19:05 | #3 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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Lieber Gummibaum,
ein düsteres Sonett und treffend "gemaltes" Zeitgemälde. Dass die Menschen die Pest als Höllenstrafe empfanden, passt auch sehr gut in die Moralvorstellungen dieser Zeit. Gut gemacht! Liebe Grüße, Heinz |
25.11.2018, 21:15 | #4 |
Liebe AlteLyrikerin, lieber Heinz,
ganz herzlichen Dank für eure freundlichen Kommentare. Es gab 14. Jh. eine Pandemie, die hat mich angeregt. LG gummibaum |
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26.11.2018, 07:30 | #5 |
abgemeldet
Dabei seit: 04/2018
Ort: Zwischen den Gedanken
Alter: 57
Beiträge: 697
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Ich bin mal wieder sehr beeindruckt, lieber gummibaum.
Die erschütternden Bilder (u. a. das der verlassenen Kinder, die ihr Leben als schattenhafter Chor fristen) macht den unvorstellbare Schrecken und den Vertrauensverlust in die bis dahin gegebene Ordnung, ausgelöst durch das massenhafte Sterben, in wenigen Zeilen für den Leser nachvollziehbar. Das Auffinden einer direkten Ursache dieser tödlichen Krankheit, steckte ja auch noch in den Kinderschuhen, so dass die Erklärungen, von eigenen Verfehlungen, über Fremdverschuldung (Progrome), bis zu einer ungünstigen Konstellationen durch die Planeten reichten. Heute weiss man zwar, wodurch der schwarze Tod ausgelöst wurde/wird, die existentiellen Schrecken, die durch die Büchse der Pandorra und Meister Tod ausgelöst werden und den Menschen beschäftigen können, sind allerdings zeitlos. Sehr gerne gelesen, Serpentina |
26.11.2018, 14:55 | #6 |
Dabei seit: 10/2016
Ort: in einem sagenhaften Haus
Alter: 42
Beiträge: 5.271
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Dieses Gedicht besticht durch seine Nachvollziehbarkeit.
Erst das Schiff, dann der Amtmann, der vermutlich zuerst dem Schiff begegnete, später die Wäscherin, welche sicher mit verschmutzter Kleidung in Berührung kam. Und schließlich der Totengräber selbst. Hier hat der gummibaumsche Großmeister wieder ein vielschichtiges Thema gewählt. Pestnase ab! (Hut ab!) Unar |
26.11.2018, 15:04 | #7 |
abgemeldet
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Ein schrechkliches Szenario, lieber gummibaum. Mit wenigen Worten spielt sich hier ein ganzer Film ab.
Super gemacht! Lieben Gruß Letreo |
27.11.2018, 22:28 | #8 |
Liebe Serpentina,
dein wieder besonderer Kommentar freut mich sehr. Er zeigt die historische Einbettung des Themas wie auch seine zeitlose Dimension sehr gut. Liebe Unar, vielen Dank. Ich bemühe mich, Vielschichtigkeit überschaubar zu machen und nahezubringen. Schön, wenn es gelungen ist. Liebe Letreo, wenn der Schrecken, den die Krankenheit verbreitete, auch nur andeutungsweise fühlbar wird, bin ich mehr als zufrieden. Liebe Grüße an euch. gummibaum |
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