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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt. |
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03.04.2018, 22:34 | #1 |
Der Wracktaucher
In der Höllentiefe schwer
sucht er was schon lang vergessen und besiegt von Tod und Meer keiner kann das Grauen ermessen Atmet schwarze Wasserwolken Wirbelgeister ziehen ihn hinab hat die Schuld nicht abgegolten darf nicht fliehen ins nasse Grab Hätt´ das eigen lieblich Kinde nicht genommen mit auf See würd´ noch blühen die Lebenslinde trieb im Tangwald, Haut wie Schnee Elend´ Schiff wo war dein Gott als Wellenfaust den Mast zerbricht? Den Taucher lockt dein offen´ Schott greift dunkel nach dem Lebenslicht Lass ruhen die Matrosenseelen Poseidon hütet ihre Nacht! Das Wrack Du sollst es nicht bestehlen Tod und Kraken halten Wacht Wagt es doch und schwimmt hinein Geisteraugen sehen ihn alle Tauwerkhände spinnen ihn ein wird der Schiffsbauch ihm zur Falle Als die Luft ihm fast geschwunden kann das Kindgesicht er sehen „Vater, Gott hat mich gefunden“ Da kann er in Frieden gehen Geändert von Tauchlehrer (04.04.2018 um 00:19 Uhr) |
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05.04.2018, 17:44 | #2 |
Hallo Tauchlehrer,
willkommen in diesem Forum. Ich wittere in deinem Gedicht eine interessante Geschichte, finde allerdings, dass sie sprachlich noch nicht treffend genug ausbalanciert ist. Ebenso kannst du dich daran machen, die metrischen Ungereimtheiten auszubügeln, so du denn möchtest. Die Wortkürzungen könntest du weniger oft verwenden. Kennst du dich mit dem Metrum von Gedichten schon aus? Jambus / Trochäus / Daktylus? Falls nein, mach dich ruhig mal schlau und dann schau über das Gedicht noch mal drüber. Dir ist es gelungen eine Strophenform mit jeweils vier Versen aufzubauen, worauf sich die Handlung selbst noch etwas stützen könnte. Womöglich wäre eine veränderte Anzahl an Strophen im Zusammenspiel mit einer klareren Handlung, die sowohl wörtlich als auch inhaltlich dann deutlicher ausfallen müsste, hilfreich. Es lohnt sich für dich sicherlich auch die Zeitform so anzupassen, so dass der Leser die Zeitformsprünge nicht als störend empfindet. Das Thema jedenfalls gibt spannende Geschichten her und du hast ja mit Kraken, Wirbelgeistern und Geistern und Poseidon schon viel ins Spiel gemacht. Manchmal steckt aber in etwas weniger auch ein me(e)hr an Geschichte. Viel Erfolg! |
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05.04.2018, 17:58 | #3 |
abgemeldet
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gutes Ablenkungsmanöver
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05.04.2018, 18:13 | #4 |
Danke MiauKuh für das Feedback. Ich war da am Abend etwas zu flott (90 Minuten) unterwegs und habe beim Metrum geschludert. War so eine Familienwette und ich dachte, Balladen des 18. Jh. kann jeder. Die Optimierung wird aber eine größere Operation, da ich wohl mittendrin vom Trochäus zum Jambus gewechselt bin.
Die Wortkürzungen haben was mit dem Metrum zu tun und der eine sehr auffällige Zeitsprung war dem Reim geschuldet ;-). Falls Du mir helfen willst: kann man die Worte ausschreiben und dann werden die Silben beim Lesen zusammengezogen, damit das Metrum stimmt, oder muss die Silbenzahl schon in der schriftlichen Form stimmen? |
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07.04.2018, 16:16 | #5 |
In der schriftlichen Form, woher sollte jemand wissen, wie er es aussprechen soll? Das gibst du ja vor ...
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11.04.2018, 16:59 | #6 |
Hallo Tauchlehrer,
mir gefällt Dein Gedicht sehr gut. Eine schöne Wortwahl, eine magisch-düstere Stimmung und ein wenig Mythologie verbinden sich zu einem feucht-finsterem Epos. Da Du an Rhythmus- Verbesserungen interessiert warst, habe ich eine leicht abgewandelte Version angefügt. Der veränderte Rhythmus verlangte allerdings leichte Textumwandlungen (die Du natürlich gerne noch umschreiben kannst). Grundsätzlich gilt: Lieber mal eine Lücke lassen (evtl. ein der/die/das weg lassen). Mit "sauberem" Rhythmus liest sich das Werk einfach besser und wirkt auch dramatischer. Herzliche Grüße, Georg Der Wracktaucher In der Höllentiefe schwer sucht er, was schon lang vergessen und besiegt von Tod und Meer, keiner kann das Grau'n ermessen. Atmet schwarze Wasserwolken Wirbelgeister zieh'n (...) hinab, hat die Schuld nicht abgegolten darf nicht flieh'n ins nasse Grab. Hätt´ das eigen lieblich Kinde nicht genommen mit auf See, würd´ noch blüh'n die Lebenslinde trieb im Tangwald, Haut wie Schnee. Elend´ Schiff, wo war dein Gott? (...) Wellenfaust den Mast zerbricht. Taucher lockt dein offen´ Schott, dunkel greift nach (...) Lebenslicht. Ruhen lass Matrosenseelen, da Poseidon kommt zur Nacht! Wrack, Du sollst es nicht bestehlen Tod und Kraken halten Wacht. Wagt es doch und schwimmt hinein Geisteraugen seh'n ihn alle. Tauwerkhände spinnen (...) ein, wird der Schiffsbauch ihm zur Falle. Als die Luft ihm fast geschwunden kann das Kindgesicht er sehen: „Vater, Gott hat mich gefunden“ und er kann in Frieden gehen. |
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17.04.2018, 10:35 | #7 |
Danke Georg. Die Stimmung ist mir leider besser gelungen als das Metrum. Deine Anregungen finde ich deshalb Klasse, zumal Du nicht versucht hast, das komplette Gedichte neu zu schreiben. Hier findet man bei anderen Gedichten ja häufig gut gemeinte Vorschläge, die vom ursprünglichen Text Strophen wegstreichen und vom Rest nur noch Fragmente lassen. Es kam ja auch der Vorschlag, am Wracktaucher Strophen zu streichen. Für eine Ballade fehlen aber eigentlich noch über 10 und jede Strophe soll die Geschichte von Lebensschuld, Versuchung und Erlösung etwas weiter tragen.
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22.06.2021, 14:09 | #8 |
Wracktaucher rebootet
Hallo zusammen,
mein Sohn hat gerade die Ballade als Schulthema. Da kam mir mein alter Wracktaucher in den Sinn. Ich hoffe, die Anregungen von vor drei Jahren umgesetzt zu haben: - Metrum richten - Wortkürzungen (z.B. gehen/gehn) ausschreiben - Zeitsprünge vermeiden - Handlung nachvollziehbarer Ich habe jetzt einen durchgängigen 4-hebigen Trochäus gedichtet, wobei jeweils die 2. und 4. Zeile jeder Strophe einen katalektischen (unvollständigen) Trochäus bilden. Um die Schuld des Vaters am Tod des Sohnes klarer darzustellen, habe ich eine neue Strophe hinzugefügt, in der dem Vater der Luftschlauch des Sohnes in der Hand reisst. Freue mich auf Rückmeldungen. In der Höllentiefe Schwere Sucht er was verschlang die Flut Ward besiegt von Eis und Meere Niemand kennt des Grauens Wut Wellenfaust einst brach die Masten Elend Schiff wo war dein Gott? Nein, versunken wertvoll Lasten Dunkel lockt dein offen Schott Lass die Ruh den Seemannsseelen Neptun hütet ihre Nacht Wrack und Grab sollst nicht bestehlen Tod und Kraken halten Wacht Geisteraugen sehn ihn alle Wagt es dennoch - taucht hinein Wird der Schiffsbauch ihm zur Falle Tauwerkhände spinn ihn ein Atmet graue Wasserwolken Wirbelgeister ziehn hinab Hat die Schuld nicht abgegolten Will nicht fliehn ins nasse Grab Hätt das eigen lieblich Kinde Nicht genommen mit auf See Würd noch blühn die Lebenslinde Trieb im Tangwald - Haut wie Schnee "Oh mein Sohn, hab Dich verloren, Riss der Schlauch in meiner Hand, Meerjungfrauen dich umfloren Ruhst am Grund in schwarzem Sand!“ Als die Luft ihm fast geschwunden Kann das Kindgesicht er sehn „Vater, Gott hat mich gefunden“ Da darf er in Frieden gehn |
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22.06.2021, 19:46 | #9 |
OMG, ist das gut
[B]In der Höllentiefe Schwere
Sucht er, was verschlang die Flut Ward besiegt vom Eis der Meere Niemand kennt des Grauens Wut Wellenfaust einst brach die Masten Elend Schiff, wo war dein Gott? Nein, versunken wertvoll Lasten Dunkel lockt dein offen Schott Lass die Ruh den Seemannsseelen Neptun hütet ihre Nacht Wrack und Grab sollst nicht bestehlen Tod und Kraken halten Wacht Geisteraugen sehn ihn alle Wagt es dennoch - taucht hinein Wird der Schiffsbauch ihm zur Falle Tauwerkhände spinn` ihn ein Atmet graue Wasserwolken Wirbelgeister ziehn hinab Hat die Schuld nicht abgegolten Will nicht fliehn ins nasse Grab Hätt das eigen lieblich Kinde Nicht genommen mit auf See Würd noch blühn die Lebenslinde Trieb im Tangwald - Haut wie Schnee "Oh mein Sohn, hab Dich verloren, Riss der Schlauch in meiner Hand, Meerjungfrauen dich umfloren Ruhst am Grund in schwarzem Sand!“ Als die Luft ihm fast geschwunden Kann [U]des Kinds Gesicht er sehn „Vater, Gott hat mich gefunden“ Da darf er in Frieden gehn[/QUOTE] Klassische düstere Balladen findet man hier selten bis gar nicht, habe ähnliches letztens mit "Des Schinderhannes Höhle" versucht. Nach der hilfreichen Kommentierung durch MiauKuh und Georg C. Peter ist Deine zweite Version nahezu perfekt und beeindruckt mich sehr - gerade auch in der bewussten grammatikalischen Verkürzung, die tatsächlich wie von Dir angemerkt die "Kurzatmigkeit" des Tauchers übermittelt. Winzige Änderungsvorschläge hebe ich in fett in der zitierten Form eingebaut - wenn man überhaupt die Kommata setzen will, fehlten Sie an zwei Stellen in S1/S2. Weiter so, Seemann und Wracktaucher, Du bist genial ... Herzliche Grüße Epilog |
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22.06.2021, 23:25 | #10 |
"vom Eis der Meere" ist besser. Danke.
Habe während des langweiligen EM Spiels England-Tschechien schnell meine zweite Ballade nachgeschoben. Vielleicht gefällt sie. |
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