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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten. |
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05.03.2017, 09:32 | #1 |
R.I.P.
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Kleine Iambus-Lehre
Gehüllt in goldgewirktes Iamben-Tuch
verführt das deutsche Wort / den Mann, / die Frau, das Kind, / sofern es lesen tut; / ein Buch wirkt iambisch frisch / und froh / statt alt und grau. Nun, Schreiber, schreibst du iambisch, achte drauf, dass regelmäßig die Cäsur / den Vers ein wenig brems‘ / in seinem iamb‘schen Lauf! Doch fahr mit Iambus fort, / sonst wird‘s revers! Und willst du trotzdem einen guten Flow, so weich auch mal / von dieser Regel ab! Mit Hilf von Apostroph / und mit Knowhow macht so dein Iambus dir / bestimmt nicht schlapp. |
05.03.2017, 10:53 | #2 |
Iambus' revers Flow
Guten Morgen Urlu,
Du bringst neue Hoffnung in meine trübe Dichterwelt. Nicht schlapp machen! Dann man tau -ganter- |
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05.03.2017, 13:17 | #3 |
Gast
Beiträge: n/a
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Vielen vielen Dank ^^ Auch wenn Iambus falsch geschrieben ist(?).
Geändert von mimimi (05.03.2017 um 14:41 Uhr) |
05.03.2017, 16:13 | #4 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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Hallo mimimi,
oh, Du machst einen großen Fehler und unterschätzt (er wird Dir das als lässliche Sünde verzeihen) die Griechisch- und Lateinkenntnisse unseres Schweizer Nationalheldennachwuchses! Iambus, ein aus dem Griechischen übernommenes Versmaß (xX) heißt nunmal Iambus, eingedeutscht Jambus, Plural Jamben. Lieber Urluberlu, wie schön, du hast den Iambus uns erläutert, der selbst, ich wag es kaum zu sagen, sich selbst trochäisch unsren Ohren klingt. Ein Schlitzohr, nur vergleichbar dem Tell aus Schweizer Landen. Was machen wir nun mit dem Schreiber der unerhörten Zeilen, wie, so sag es mir betonen wir den Namen mimimi, amphibrachysch oder mimimi, daktylisch, vielleicht mimimi, dem Anapäst zuliebe. mimimi, trochäisch katalektisch oder mimi, ohne mi als Iambus? Ich weiß mir keinen Rat, so frage ich in Jamben, oder, wenn du magst trochäisch: Ich bin halt der Depp. Liebe Grüße! Heinz |
05.03.2017, 16:40 | #5 |
R.I.P.
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(Das) höchste Glück für Menschenkinder / findet sich auf Pferdes Rücken,
(doch) manchmal purzelt jäh / ein Reiterlein vom Pony runter (und) humpelt, / schmerzverzerrt die Miene, / Richtung Stall davon. (Den) Jambus hat es zwar entdeckt, / doch lieber wär es doch geritten. Da hat uns der Heinz ein Beispiel gedichtet für den deutschen Iambus. In Zeilen 2 und 4 ist je eine iambische Cäsur, ebenso am Zeilenende von Zeile 3. Ansonsten dominieren aber Trochäen (fettgedruckt, z.B. "humpelt") und Amphibrachen (z.B. "und humpelt"). Er hat auch gleich ein paar von den pseudo-lyrischen, oft unschönen Sprachtricks eingebaut, welche die deutsche Sprache mit Gewalt ins Bett des Pseudo-Iambus zwingen. (auf Pferdes Rücken, Reiterlein, schmerzverzerrt die Miene, doch - doch). Sicher hätte ich nicht lange suchen müssen, um bei meinen Versen etwas in dieser Art zu finden. Nun danke ich aber Heinz für sein abschreckendes Beispiel. |
05.03.2017, 17:01 | #6 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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Lieber Urluberlu,
das abschreckende Beispiel - hast Du Dich im Faden vertan? - steht woanders. Mag sein, dass ich völlig daneben liege, lass mich auch gern belehren von meistern des lyrischen Handwerks. Wenn ich davon ausgehe, dass Deine fettgedruckten Passagen die jeweiligen Betonungen hervorheben sollen, komme ich allerdings zu einer anderen Darstellung: Das höchste Glück für Menschenkinder findet sich auf Pferdes Rücken, doch manchmal purzelt jäh ein Reiterlein vom Pony runter und humpelt, schmerzverzerrt die Miene, Richtung Stall davon. Den Jambus hat es zwar entdeckt, doch lieber wär es doch geritten. Im Hinterkopf hatte ich: Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferde! Es war getan fast eh gedacht. Der Abend wiegte schon die Erde, Und an den Bergen hing die Nacht; Schon stand im Nebelkleid die Eiche, Ein aufgetürmter Riese, da, Wo Finsternis aus dem Gesträuche Mit hundert schwarzen Augen sah. Ich wäre Dir schon denkbar, wenn Du mir sagst, wo ich den entscheidenden Fehler gemacht habe. Liebe Grüße, Heinz |
05.03.2017, 17:10 | #7 |
R.I.P.
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Erster, entscheidender Fehler:
Du hast nicht gesehen, wie ich meine fetten Hervorhebungen erklärt habe. Zweiter, nicht entscheidender Fehler: Du hast ein Gedicht zitiert ohne Angabe des Autors. Naja, ich werde es trotzdem finden. Und wenn es nicht von dir oder von mir ist, werde ich es in der Luft zerreissen, wenn dies nötig sein sollte! Keep cool Url |
05.03.2017, 17:26 | #8 |
R.I.P.
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o.k. Es ist also ein Stück vom Grossen Meister Goethe. Hat sich der Meister eindeutig geäussert in Betreff der Begriffe Iambus etc.? Da rüber wiess ich leider nichts.
Hier das Gedicht (bzw. diese Strophe): Mir schlug das Herz; geschwind zu Pferde, X X xX / xX xXx Und fort, wild, wie ein Held zur Schlacht! xX / X / X xX xX Der Abend wiegte schon die Erde, xXx Xx X xXx Und an den Bergen hing die Nacht; x xxXx / X xX Schon stund im Nebelkleid die Eiche, X X xXxx / xXx Ein aufgetürmter Riese, da, x Xxxx Xx / X Wo Finsternis aus dem Gesträuche X Xxx xx xXx Mit hundert schwarzen Augen sah. xXx Xx Xx X Nenne das von mir aus einen Iambus-Vers. Aber ob Iambus, Trochäus oder Amphibrachys – das Ding ist einfach verdammt gut gemacht und jeder Versi ist auf seine Melodie hin, seinen Rhythmus hin, seine Ausssage hin gesetzt. Da dürfen dann "betonte Auftakte" (Kykals Greuel, du weisst schon) hin und es dürfen sogar ganze Silben wegfallen! Oder, oh Schreck, nach der Cäsur folgt nur eine Silbe noch... Dein dritter, aber auch nicht entscheidender Fehler: Dieses hervorragend gemachte Gedicht von Goethe in unsere Diskussion hinein zu ziehen. Schönen Abend dir Url |
05.03.2017, 23:38 | #9 |
Hallo uberlulu,
ich kann in deinem Gedicht einen Jambus erkennen. Gehüllt in goldgewirktes Iamben-Tuch verführt das deutsche Wort / den Mann, / die Frau... und so weiter. Allerdings verstehe ich dein geixe beim Kollegen Goethe nicht!? Es schlug mein Herz geschwind zu Pferde ist doch wohl eher xXxXxXxXx, also ein vierhebiger Jambus mit weiblicher Kadenz. Oder bin ich da jetzt total auf dem Holzweg? |
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06.03.2017, 00:18 | #10 |
Dabei seit: 10/2006
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Beiträge: 7.879
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Lieber fsami,
lieber Urluberlu, es gilt, gleich zu Beginn klarzustellen, dass Urluberlu die 1. Strophe des Gedichts "Willkommen und Abschied" von j.W.v. Goethe in der frühesten Fassung von 1775 (da war Goethe 26 Jahre jung) völlig korrekt zitiert hat. Ich habe dieselbe Strophe des Gedichts (das von Goethe mehrfach überarbeitet wurde) in der Endfassung Goethes aus dem Jahre 1827 zitiert. Und diese erste Strophe der gültigen Endfassung betone und x-se ich so: Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferde! Es war getan fast eh gedacht. Der Abend wiegte schon die Erde, Und an den Bergen hing die Nacht; Schon stand im Nebelkleid die Eiche, Ein aufgetürmter Riese, da, Wo Finsternis aus dem Gesträuche Mit hundert schwarzen Augen sah. Also: Astreine Jamben, kreuzgereimt. Urluberlus zitierte Fassung, ich habe mir jetzt nicht die Mühe gemacht, seine X-se zu prüfen (gehe aber davon aus, dass Urluberlu da alles richtig gemacht hat) ist - sagen wir mal - irrelevant. Mit anderen Worten: Wir haben beide Recht. Aber: Die letzte Fassung des inzwischen 78jährigen Dichters hat als Grundlage zu gelten. Mir schlug das Herz; geschwind zu Pferde, X X xX / xX xXx Und fort, wild, wie ein Held zur Schlacht! xX / X / X xX xX Der Abend wiegte schon die Erde, xXx Xx X xXx Und an den Bergen hing die Nacht; x xxXx / X xX Schon stund im Nebelkleid die Eiche, X X xXxx / xXx Ein aufgetürmter Riese, da, x Xxxx Xx / X Wo Finsternis aus dem Gesträuche X Xxx xx xXx Mit hundert schwarzen Augen sah. xXx Xx Xx X Fazit: FRiede, Freude, Eierkuchen und der Beweis, dass ein Dichter über mehrere Jahrzehnte hinweg reift und aus dem Gedicht des Sturm und Drangs mit all seiner Wildheit (die sich auch im Versmaß ausdrückt) ein klassisches und - für meinen Geschmack - lesenswertes Gedicht ausformt. Liebe Grüße Euch beiden, Heinz |
06.03.2017, 00:47 | #11 |
Die Sache ist doch die - die von url zitierte Fassung, ich sags mit meinen laienhaften Worten, "durchbricht" das einfach jambische Schema sehr gekonnt - und ist dennoch, oder besser, ist gerade deswegen - genial.
LG Sonnenwind |
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06.03.2017, 08:19 | #12 |
R.I.P.
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Lieber Heinz,
danke für deinen Hiwneis auf die zwei fassungen. Die von dir zitierte Fassung könnte man, wenn man sie mit deinen Amphibrachen vergleicht, als sehr gelungene Amphibrachys-Verse "mit katalektischen Versen" betrachten. Interessant, dass der Geheimrat verschiedene Fasssungen dieses Gedichtes machte. Hoffentlich finde ich noch mehr darüber. Liebe fsami und Sonnenwind Unter den Sprachen, die ich ein wenig kenne, gibt es vielleicht eine, in der man allenfalls "astreine Iamben" schreiben könnte, wenn man vom "deutschen Iambus" der Neuzeit ausgeht. Und das wäre wohl Englisch, und da hat möglicherwiese der Einfluss von Shakespeare, der in Deutschland schon lange und mit gutem Grund verehrt wird und der sich in den englischen Iamben bewegte wie ein Fisch im Wasser, von der einen in die andere Sprache übergeschwappt. Naja, nicht jeder war oder ist ein Goethe, der wie eine Forelle geschickt gegen den Strom schwimmt, ohne dass es die Leser-Beute merkt. Nun, die deutsche Sprache wurde im 19. und im 20. Jh. gründlich kontaminiert mit "astreinem" Unsinn, so sehr, dass es sogar heute noch als unfein gilt, Endreime zu schreiben (obwohl jedes Kind weiss, wie wohl einem die tun). Umso schöner, dass uns Heinz hier wieder zu Goethe zurückführt. Der, da bin ich wohl mit S. einig, weit mehr konnte als "astreine Iamben" schreiben. Wie Heinz' Beispiel auf zwei Arten zeigt. Mit nicht ganz munteren, aber astreinen Grüssen Url P.S. Die schlimme zweite Zeile in der Endfassung - die dürfte dem "Astrein-Wahn" geschuldet sein? Oder der politischen Restauration, wo man das Chaos wieder in den Griff bekommen wollte? Jedenfalls ist sie schlecht. Die Zeile "Der Abend wiegte schon die Erde" macht dann aber diesen militärischen Blücher-Takt von Zeile 2 zu Rauch und Asche, weil hier das "Iambische Schema" komplett umgedreht wird. |
06.03.2017, 10:01 | #13 |
Hallo Heinz,
beide Fassungen sind mir bekannt, da waren meine Finger beim Tippen wohl schneller als mein Hirn @uberlulu: Ich finde die frühe, drängende Fassung von WUA wesentlich schöner als die weichgespülte, "astreine" Fassung, gerade weil die frühe Fassung eher kantig daherkommt. Ich stimme dir zu: "Es war getan fast eh gedacht", hat mich bereits in der Schulzeit verwundernd zwischen den Seiten des Deutschbuchs hin- und herblättern lassen. 1770 war Wolle gerade 21 und verfasste sein Gedicht stürmend und drängend für seine angebetete Friederike Brion. Gerade die zweite Zeile "Und fort, wild wie ein Held zur schlacht" ist so unglaublich drängend, dass Goethe wahrscheinlich direkt nach dem Schreiben zu Friede fahren musste um sich abzureagieren. In der späteren Fassung war Friede schon Schnee von gestern und da hat er sich wahrscheinlich für seinen derben Drang geschämt und die Zeile rausgenommen. |
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06.03.2017, 10:06 | #14 |
R.I.P.
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Oder der Geist war willig, doch das Fleisch schwach.
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06.03.2017, 13:24 | #15 |
Hört auf, Euch hässlich anzupampen,
Es geht doch nur um ein paar Jamben. Hart ist der Trochäen Start: Jamben sind deshalb apart. Man kann sichs wirklich einfach merken, Will man damit richtig werken: Trochäus ist ein Jambenwort - Jambus ein Trochäus-Hort. |
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06.03.2017, 13:28 | #16 |
06.03.2017, 13:33 | #17 |
Lesezeichen für Kleine Iambus-Lehre |
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