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Fantasy, Magie und Religion Gedichte über Religion, Mythologie, Magie, Zauber und Fantasy. |
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21.07.2016, 18:05 | #1 |
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Evas Traum
Eva wusste, was sie tat,
als sie mir den Apfel bot, denn sie kannte das Gebot und den Fluch der hehren Saat. Folgsam wollte sie nicht sein, hatte Eden gründlich satt, und an klarer Quellen statt wünschte sie sich schweren Wein und den Duft von Korn und Brot, den Geruch von Blut und Schweiß, Sommeräcker, dampfend heiß, und den Kuss von Not und Tod. Wissen um des Lebens Preis, nie mehr Gottes Sklave sein! Tief biss ich ins Fleisch hinein, und verlor das Paradeis. Doch die Kerne stahl ich fort, zu erfüllen Evas Traum: Blüten schmücken längst den Baum, unseres Bewusstseins Hort. 21.07.2016 |
21.07.2016, 18:29 | #2 |
Dabei seit: 07/2015
Ort: Aschbach-Markt, wo alle Säufer der Welt einst geboren wurden und wohin sie auch wieder zurückkehren.
Alter: 28
Beiträge: 351
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Sehr schön gesprochen, äußerst tiefgründig, regt zum Nachdenken an, ein sehr gut gelungenes Gedicht!
Gruß, Andaristan |
21.07.2016, 21:56 | #3 |
das thema ist in diesem gewande schon öfter aufgegriffen worden.
die interpretation ist nicht neu. aber wiedereinmal gut umgesetzt! kompliment! ist ja nicht selten auch im realen leben tatsächlich so gewesen, dass es zu einem fortschritt nur hat kommen können, weil ein weg beschritten wurde, der als sündhaft galt und hochoffiziell verboten war. stichwort anatomie. kann aber nicht heißen, dass grenzüberschreitungen stets hilfreich sind... lg Sonnenwind |
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21.07.2016, 23:23 | #4 |
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Danke, andaristan und Sonnenwind für das Feedback.
Wo? Das interessiert mich. Ich kenne Eva bislang nur als das devote Weib. Die Aufmüpfige, die das Paradies verschmähte, war Lilith, Adams erste Frau. LG Ilka |
21.07.2016, 23:37 | #5 |
muß ich erst suchen, das beispiel, das ich vor augen hatte.
ich schreibs dann... die interpretation, daß der sündenfall in wahrheit ein segen war, gibt es schon in verschiedenen - sagen wir einmal religiösen traditionen. sogar bei walsch... daß eva devot und folgsam war, wird auch in der bibel bestritten. daß sie die nase voll vom paradies hatte... allerdings nicht behauptet. lilith kommt in der bibel nicht vor. ich glaube aber, im babylonischen talmud. wenn mich meine erinnerung nicht täuscht. |
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21.07.2016, 23:41 | #6 |
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Das ist richtig. Sie hat in die christliche Lehre nicht gepasst und musste verschwinden. Es gibt eine Bibelstelle, in der vage auf sie hingedeutet wird, aber da muss man schon Experte sein, um das zu erkennen.
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21.07.2016, 23:49 | #7 |
kann mich nicht mehr erinnern. welche stelle war das?
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21.07.2016, 23:53 | #8 | |
R.I.P.
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Zitat:
Ich habs auf die Liste gestellt, bevor ich mich an einen Kommentar wagte. Jetzt: Die Vorstellung, daß Eva ungestraft aufmüpfig wurde, ist köstlich. Das Gedicht trieft nur so von Weiblichkeit, ich kann sie förmlich riechen und wundere mich nicht, daß Adam nur zu gerne in diese saftige Frucht biß. Verloren die beiden Menschenkinder wirklich das Paradies? Ich wende den Text immer wieder hin und her; im Licht meiner Kerzen schimmert er einmal wie Brokat, einmal wie Seide, einschmal schillert er wie Taft - ein bereicherndes Spiel mit Worten und Farben. Eva lebe hoch! LG Romulus Thing |
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22.07.2016, 00:01 | #9 |
bestimmt auf die liste verbotener bücher!
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22.07.2016, 00:08 | #10 |
R.I.P.
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22.07.2016, 00:13 | #11 |
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Niemand kann sich daran erinnern. Die Stelle ist so minimal und versteckt, dass sie für Unkundige nicht erkennbar ist. Ich hatte nur durch Sekundärliteratur davon erfahren, mit aber nicht aufgeschrieben, welche Bibelstelle das ist.
Hier ein interessaner Link: http://www.myss.de/Religion/lilith.html Und hier der Eintrag aus Wikipedia: Die einzige Erwähnung der Lilith in der Bibel erfolgt bei Jesaja 34,14: |
22.07.2016, 00:19 | #12 |
R.I.P.
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22.07.2016, 00:22 | #13 | |
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Es geht in meinem Gedicht aber nicht um Lilith, sondern um Eva, die ich aus der devoten Rolle wissen wollte. Da lese ich aber:
Zitat:
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22.07.2016, 00:32 | #14 |
R.I.P.
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Eva ist die brave, sittsame und dauerfolgsame Madonna.
Lilith ist die wahre Königin; sie hat Rasse, Eigensinn, Stolz und Wagemut. Niemals ließe sie sich in die Rolle der braven Hausmutter drängen. Ich liebe sie, seit ich fünfzehn Jahre alt war. |
22.07.2016, 00:35 | #15 |
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Dann war es an der Zeit, dass ich meine Eva zur Rebellin gemacht habe, die an Liliths Seite gehört.
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22.07.2016, 00:37 | #16 |
R.I.P.
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22.07.2016, 01:07 | #17 |
die stelle aus jesaja reicht natürlich nicht aus, um zu belegen, dass der lilithmythos in der gestalt, in der er viel später aufkam und ausgearbeitet wurde, damals bereits existierte. da kann man nur mutmaßen.
eva gilt in der bibel generell als diejenige, die sich dazu hat verführen lassen, den baum der erkenntnis mit lüsternen augen anzuschauen - und die adam dann dazu gebracht hat, dieser lust zu folgen. zur herrschaft des mannes über die frau soll es erst nach diesem sündenfall gekommen sein, sozusagen als strafe für ihr fehlverhalten. im neuen testament wird das thema ebenfalls aufgegriffen, etwa im ersten timotheusbrief, kapitel zwei. dort geht es im kontext auch um frauen, die sich in der gemeinde über die männer erhoben haben. sie werden davor gewarnt, ihrer klugkeit zu vertrauen und sollen bedenken, daß es eva war, die sich von der schlange dazu hat verführen lassen, vom baum der erkenntnis zu essen... eva wird dort zwar nicht als wirklich klug beschrieben, aber als eigenwillig und als die, die ihre hand ausgestreckt hat nach dem baum der erkenntnis. und als verführerisch... zum glück sind wir in unserem streben nach gleichberechtigung von solchen mythen nicht abhängig, wenn es auch amüsant ist, die geschichte einmal umzudeuten oder umzuschreiben. zu bedenken, daß die mythen von männern geformt wurden, und sich zu überlegen, wie sie wohl hätten ausgesehen haben können, wenn es statt der männer frauen gewesen wären... |
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22.07.2016, 02:21 | #18 |
abgemeldet
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Karzinom!
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22.07.2016, 07:32 | #19 | |
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Zitat:
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22.07.2016, 08:18 | #20 |
ja, aber auch der ungehorsam gegen gott ist in der geschichte vom sündenfall bereits thematisiert und somit nichts neues. dort ist er allerdings eher naivität und vollzieht sich in einer dominosturzähnlichen abfolge blauäugiger verführung. eva rutscht dort in den ungehorsam hinein, weil sie sich von der schlange hat einreden lassen, gott habe sie angelogen, ihr nicht die wahrheit gesagt...
in deinem text wirkt ihr entschluß dagegen bewußter, geplanter, weitsichtiger, gegründeter, sozusagen berechtigter. das ist anders. in der alttestamentlichen paradiesgeschichte wollte eva mehr als das paradies, das unbekannte, in der deinen - etwas prinzipiell anderes. die frage, die sich mir stellt, ist nur - woher kannte eva in deinem text schweren wein als alternative zu klarem quellwasser, woher blut und schweiß? irgendwie muß sie über die grenzen ihres paradieses hat hinausschauen können. und die muß es gegeben haben. kurz: in der biblischen geschiche hatte eva auch weiterhin im prinzip nichts gegen die annehmlichkeiten des paradieses. deine eva ist mit dem grundkonzept paradies nicht mehr einverstanden. |
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22.07.2016, 09:27 | #21 | |
Forumsleitung
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Zitat:
So gesehen, besteht die gesamte Bibel aus Geschichten, die in dieser klassischen Strukur angelegt sind. Selbst auf das Leben Jesu ließe sie sich anwenden, hier geht sie sogar noch weiter, indem der "Held" wiedergeboren wird, ein häufig auftretendes Symbol, seit sich Menschen Geschichten erzählen. Unter diesem Aspekt bleibt von Gottes Sohn im wortwörtlichen Sinne nicht viel übrig, denn die Welt der Erzählungen ist voll von Helden, die einen (symbolischen) Tod sterben, wiedergeboren werden und durch diese Todeserfahrung zu einem göttlichen Bewusstsein gelangen. |
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22.07.2016, 09:32 | #22 |
R.I.P.
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27.07.2016, 17:47 | #23 |
aus Deinem Gedicht spricht der Mut und der Wille zum Leben.
sehr schöner Wortfluss. twiddy |
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27.07.2016, 18:01 | #24 |
Forumsleitung
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