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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken. |
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01.06.2016, 08:20 | #1 |
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662
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Hafengrab
Hier am Hafen, wo die Schwäne
lautlos ihre Kreise ziehn, surren stahlbewehrte Kräne monotone Melodien. Rastlos rumpeln Eisenzähne, bis die Sonne Wasser trinkt. Gänse schießen schwarze Pfeile in das rote Abendlicht, ich les deine letzte Zeile, die mit unsrer Liebe bricht. Lustlos baumeln lose Seile, und das Hafenbecken stinkt. Träge dümpeln Plastiktüten in dem dunkelbraunen Nass, schillernd wabern Altölblüten, aus der Liebe wurde Hass. Kurz und heftig war mein Wüten, das noch leise in mir schwingt. Fahl beginnt der Mond zu scheinen, über dir schließt sich die Flut. Tiefer sinkst du mit den Steinen, in den Ohren rauscht mein Blut. Nein, ich werd nicht um dich weinen, hör, dein Todesvogel singt. |
01.06.2016, 09:54 | #2 |
Dat is tofte. Dat mag ich.
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01.06.2016, 10:30 | #3 |
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Ja, das ist super.
[B.] |
01.06.2016, 10:41 | #4 |
Deine bildgewaltige Wortwahl in diesem leichtfüßigem, einem Kinderreim gleichendem Reimschema gefällt mir sehr gut und erzielt bei mir große Wirkung!
Ich hoffe, mehr davon zu lesen! Ergebenst Papah Y |
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01.06.2016, 11:06 | #5 |
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Hallo Nöck,
das halte ich für sehr gelungen, inhaltlich als auch formal. Tolles Reimschema!
Sehr gerne gelesen! LG Thrud |
08.06.2016, 06:53 | #6 |
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662
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Hallo Thrud,
danke schön. Freut mich, dass dir das Reimschema gefällt. Lieben Gruß Nöck |
08.06.2016, 06:58 | #7 |
Dabei seit: 08/2015
Ort: NRW - Essen Umgebung.
Alter: 39
Beiträge: 771
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Schaurige Stimmung. Gut in Worte gefasst. Mit herrlich, dunklen Bildern in meinem Kopf. Da kommt meine Angst vor dem Meer durch. Gerne gelesen.
MfG Leandra. |
08.06.2016, 22:04 | #8 |
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662
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Hallo Leandra,
freut mich, dass du trotz deiner Angst lobende Worte gefunden hast. Das Meer lebt, und es birgt wohl immer noch die meisten Geheimnisse auf dieser Welt. Das Hafenbecken dagegen ist tot und regungslos. Lieben Gruß Nöck |
08.06.2016, 23:08 | #9 |
Lieber Nöck,
hat was von expressionistischen Großstadt- und Wahnsinnsgedichten, geht aber mit seiner mitleidlosen Rachetat eigene Wege. Sehr gern gerochen, die schaurige Blüte. Es grüßt anerkennend gummibaum |
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09.06.2016, 02:18 | #10 |
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KÜRZER!
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09.06.2016, 20:14 | #11 |
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662
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Lieber Gummibaum,
dein Kommentar triffst. Soll eine Art Großstadtgedicht mit eingewebter Moritat sein. Danke und einen lieben Gruß Nöck @ PS Einzeller? |
10.06.2016, 04:37 | #12 |
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Wäre zu überlegen.
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11.06.2016, 12:41 | #13 | |
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662
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Zitat:
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11.06.2016, 13:29 | #14 |
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Unbelehrbar. Oder sich selbst auf die Schippe nehmend.
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01.07.2016, 11:34 | #15 | |
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662
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Zitat:
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01.07.2016, 12:19 | #16 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Aber gut, dass dies der Anlass war, das Gedicht nochmal aus dem Hafenbecken zu fischen. Es war wohl abgetaucht, bevor ich darauf aufmerksam werden konnte. Dabei gehört es zum "Best of ...". Die scheinbar nebensächlich eingeworfenen Verse "... ich les deine letzte Zeile / die mit unserer Liebe bricht ..." sind in Wahrheit der zentrale Punkt des Gedichts. Die Liebe ist brüchig und hässlich geworden (wohlgemerkt: nicht gestorben, davon steht in dem Text nichts!). Um diese Verse herum reihen sich die Metaphern, die sowohl die Wunden wie auch die Tristesse beschreiben, die mit einer Liebe einhergehen, die in der Realität angekommen ist und den Glauben an die Romantik verloren hat, und diese Metaphern tragen vielsagende Substantive, Verben und Adjektive: stahlbewehrt, rumpelnd, monton, schießen, Pfeile, lustlos, stinkt, dümpeln, fahl ... Etwas später ist davon die Rede, dass aus der Liebe Hass wurde, dass es ein Wüten gab. Das kauft der Leser dem Lyrischen Ich nicht ab. Das Wüten schon - aber nicht den Hass. Dazu ist das Lyrische Ich zu sehr damit beschäftigt, sich den Scherbenhaufen der Beziehung anzusehen und ihn in Metaphern zu kleiden. Jeder, der eine gescheiterte Beziehung hinter sich hat, kennt dieses Phänomen: Er/sie sieht ein streitendes Paar, eine gestresste Mutter mit ihrem plärrenden Kind, aus Übermut oder Protest ausgekippte Müllbehälter, rücksichtslose Autofahrer und vieles mehr, und denkt dann: Ich muss ein dummer Träumer gewesen sein, überall stinkt die Welt zum Himmel. Dieses Gedicht ist ein Gedicht der Trauer. Und es ist meisterlich verpackt. LG Ilka |
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01.07.2016, 17:51 | #17 |
@Ilka
Hast du die letzte Strophe überlesen? Hier geht es um was ganz anderes. |
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01.07.2016, 18:23 | #18 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Mich hat das Gedicht jedenfalls an einen Song von Udo Lindenberg erinnert, der darin behauptet "Ich lieb dich überhaupt nicht mehr", sich in Wahrheit aber etwas vormacht. |
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02.07.2016, 10:21 | #19 |
@Ilka-Maria
Für dich ist es eine Metapher, dass der Protagonist seine ehemals Geliebte im Hafenbecken versenkt hat? |
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02.07.2016, 10:55 | #20 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Natürlich kann man das Gedicht wörtlich nehmen und als Krimi auslegen, aber für mich ist das höchst unrealistisch. |
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02.07.2016, 16:25 | #21 |
Ich finde den schaurigen Krimi viel schöner (als Gedicht). Die Tat wird ja auch im Affekt geschildert: "kurz und heftig war mein Wüten, das noch leise in mir schwingt", das wurde nicht lange geplant und überlegt.
Mal davon abgesehen, dass Gedichte nicht unbedingt realistisch sein müssen, du würdest dich wundern, was schon alles passiert ist, was man für absolut unrealistisch halten würde. Mich würde mal ein Statement des Autors zu deiner Sicht interessieren. |
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02.07.2016, 16:37 | #22 |
abgemeldet
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Eine bizarre Romantik.txt
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02.07.2016, 16:38 | #23 |
Ah, du bist wieder da sehr schön.
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02.07.2016, 16:52 | #24 |
Forumsleitung
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Da kann ich Dir nicht widersprechen. Das habe ich gerade wieder in der letzten Ausgabe der Zweimonatszeitschrift "Crime" bestätigt gefunden. Was darin an wahren Fällen präsentiert wird, übersteigt das "normale" Vorstellungsvermögen.
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12.07.2016, 09:17 | #25 |
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662
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Liebe Ilka-Maria, liebe Silbermöwe,
ich freue mich wirklich sehr über eure Diskussion darüber, wie mein Gedicht wohl zu deuten ist. Beide Versionen haben etwas für sich, aber welche ist die richtige? Gibt es überhaupt die eine, richtige? Ich meine nein, und das ist für mich ja gerade das Spannende, dass ein Gedicht so oder so ausgelegt werden kann. Bei diesem Gedicht ist es mir gelungen, mich in eine düstere und destruktive Stimmung zu versetzen. Die metapherhaften Bilder sind dann ganz automatisch vor mir aufgetaucht. Und - ich kenne selbst sehr gut einige verlassene und trostlose Winkel in Hafengeländen, wo man ungestört und unbemerkt das Treiben drumherum beobachten kann. Was ist schon realistisch? Das was wir uns gerade noch vorstellen können? Wenn ich an die Fälle von jahrlanger Gefangenschaft von Mädchen/Frauen in wohlbehüteter Nachbarschaft denke, ist wohl noch viel mehr möglich. Wohin sind denn z.B. die vielen vermissten Kinder verschwunden? Danke für eure Gedanken zum Gedicht. Liebe Grüße Nöck Lieber Poesieger, bei deinem letzten Kommentar sprudelt es ja geradezu aus dir heraus. Kurz und knapp voll in die Zwölf! |
21.07.2016, 16:26 | #26 |
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Hallo Nöck,
ein Gedicht, dass es wert ist, wieder und wieder gelesen zu werden. Super gemacht! Beste Grüße Letreo |
21.07.2016, 21:12 | #27 |
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662
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Hallo Letreo,
wie schön, dass es dir gefällt. Danke und liebe Grüße Nöck |
21.07.2016, 21:51 | #28 |
R.I.P.
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Lieber Nöck,
Großes Kompliment!
Erinnert an G. Heym und Jakob v. Hoddis. Ist dennoch ein echter Nöck. Favorit. LG Romulus Thing |
21.07.2016, 22:19 | #29 |
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Ein sehr gelungenes Gedicht!
Ist auch auf meiner Favoritenliste gelandet. |
22.07.2016, 18:16 | #30 | |
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662
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Lieber Thing,
danke. "Die Stadt" von G. Heym ist tatsächlich ähnlich, kannte ich bisher noch nicht. Zitat:
Liebe Grüße Nöck |
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22.07.2016, 19:23 | #31 | |
R.I.P.
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Zitat:
Ohne mich allzugut daran erinnern zu können, ist das Gedicht tief in mich gesunken. Mein "Hamlets Braut" https://www.poetry.de/showthread.php...=Hamlets+Braut ist eindeutig davon beeinflußt. Liebe Grüße Romulus Thing |
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25.07.2016, 12:38 | #32 | |
Dabei seit: 12/2009
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Zitat:
Das habe ich getan, beeindruckend. Dein "Hamlets Braut" ist schön morbide. Dazu werde ich noch einen Kommentar schreiben. LG Nöck |
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18.09.2016, 21:09 | #33 |
Sehr gelungen! Eine Düsterheit, die mich in ihren Bann zieht.
Respekt auch zum Reimschema! Chapeau! |
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