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Sonstiges und Experimentelles Andersartige, experimentelle Texte und sonstige Querschläger. |
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21.12.2011, 22:06 | #1 |
Ich bin ein Gänseblümchen
Ist schon älter. Also keine Gedanken machen
Unterdrücktes Tränengewitter. Kein Schluchzen. Kein Zittern. Nur tief Ein- und Ausatmen. Sich fassen, nichts sagen. Runterschlucken, egal was kommt. Einstecken. Klarkommen. Unmenschliches Alleinsein. Fertig gemacht werden. So tun als ob es egal wäre, nicht interessieren würde. Mittelfinger zeigen. Darüber stehen. Nerven behalten. Nicht zusammenbrechen. Aushalten. Raushalten. Standhaft bleiben. Aufrecht, als ob nichts geschehen wäre. Innerlich zerfetzt, zerrissen. Unbarmherzig in den Abgrund gestoßen. Unsicherheit: das überwiegende Gefühl im armen, kleinen Herzen eines armen, kleinen Wesens. Einatmen. Ausatmen. Durchatmen. Lächeln. Ich bin ein Gänseblümchen. Alles ist OK. Nichts ist OK! Doch das dürfen sie nicht wissen, nicht denken, nicht ahnen. Bauchschmerzen vor dem nächsten Tag, vor dem nächsten Fertig gemacht werden. Das Gesicht wird blass, Blut gerinnt in den Adern. Kopf hoch, wenn der Hals auch dreckig ist. Langsam wieder zu sich kommen. Dem Bann der Verzweiflung entkommen. Erleichterung. Atempause. Dann: wieder fallen. Aufstehen. Fallen. Aufstehen. Konsequentes Stehaufmännchen. Immer wieder. Immer schwerer. Doch irgendwann ist der Fall zu tief, die Narben zu viele, das Herz zu schwach. Irgendwann reicht es nicht mehr. Umarmungen, warme Worte, Trost. Irgendwann ist das alles nicht mehr genug, der Abgrund zu nah. Irgendwann geht es nur noch bergab. Und am Ende wartet der Tod. Der alles erlösende, heilende, heilige Tod. |
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21.12.2011, 22:23 | #2 |
R.I.P.
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Nach "Mittelfinger zeigen" hab ich aufgehört.
Insgesamt: Der Tenor ist sehr selbstbemitleidend. "Keiner versteht mich...!" Thing |
21.12.2011, 23:40 | #3 | |
abgemeldet
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Zitat:
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22.12.2011, 00:28 | #4 | ||
abgemeldet
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Hallo KleinerSpecht,
Dein Text hat mir die Kehle zugeschnürt. Ja, das Lyrische Ich jammert, klagt,... Aber ich glaube, es hat allen Grund dazu. Und es kämpft ja auch: Zitat:
Zitat:
Nach "Mittelfinger" wurde es erst richtig interessant! Ein ehrlicher und tiefer Text! Liebe Grüße Encki |
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22.12.2011, 01:16 | #5 |
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Hallo KleinerSpecht,
das ist ein sehr beeindruckender Text. Du hast das Gefühl toll eingefangen und mir schießt da sofort eine Frage durch den Kopf: Wann hast Du den Text geschrieben? (Also mal davon ausgegangen, dass es nicht allein der Text eines LIs ist, der einer Beobachtung folgt...) In der Situation oder kurz danach oder erst viel später? (Musst Du natürlich nicht beantworten oder per PN, ach, weißt Du selbst, interessiert mich jedenfalls.) Die schließenden Worte sind großartig und spiegeln toll die Haltung eines Gepeinigten in einem solchen Zustand wider. Echt Klasse! Liebe Grüße, Jack Was den einfühlenden und über alle Maße hinaus professionellen Kommentar von Thing angeht, kann ich mich nur verbeugen. Ein Insgesamt-Urteil abzufassen und zu verkünden, nach dem Lesen von drei Zeilen, ist sehr, sehr beeindruckend und zeugt von tiefer Weisheit. @Ralfchen: Den hab ich jetzt nicht verstanden. |
22.12.2011, 03:35 | #6 |
Forumsleitung
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Wenn man den Text unter dem Aspekt eines Mobbing-Opfers sieht, ist er gut verständlich. Leider enthält er aber einige Wendungen, die nicht authentisch, sondern aufgesetzt wirken und ihn deshalb unglaubhaft machen. Was ist z.B. ein "Tränengewitter", das unterdrückt wird? Gar nichts, denn ein unterdrücktes Gewitter ist kein Gewitter, sondern ein lauwarmer Regen. Hier hätten die "unterdrückten Tränen" völlig ausgereicht. Störend wirken auch ausgelutschte Floskeln wie "innerlich zerfetzt" und "Blut gerinnt in den Adern". Hier hätte man ein Gegenbild zeichnen können, nämlich daß bei derart seelischem Stress der Blutdruck steigt und der Lebenssaft sich über Nasen und Ohren Freiheit verschafft. Bezieht sich "innerlich zerfetzt" auf den Körper, also die Organe, oder auf die Seele? Oder beides? Warum dann nicht beispielsweise von der "zerriebenen Seele", dem "geschundenen Herzen", der "stockenden Atmung" usw. schreiben?
Dem Text merkt man die Künstlichkeit an - schade, denn es gibt auch einen Lichtpunkt: "Kopf hoch, wenn der Hals auch dreckig ist." Ein bißchen mehr dreckige Haut hätte dem Text gutgetan. |
22.12.2011, 10:54 | #7 |
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22.12.2011, 11:52 | #8 | |||
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Zitat:
Da hier KleinerSpecht von Gewitter spricht, zeigt es mir, dass hier nicht nur Traurigkeit verschluckt wird, sondern ein Cocktail an Gefühlen, der eine gewaltige Kraft in sich trägt. Zitat:
Aber die "stockende Atmung" doch ebenso. Zitat:
Ich fand es spannend, diesen inneren Prozess mit erleben zu dürfen. Und ich habe mein früheres Ich in vielen Punkten gesehen. Sicherlich: Den Text kann man hier und da ein bisschen überarbeiten. Aber zu viel würde ich daran nicht machen, weil die Wortfolgen und die enthaltenen Gedankenketten so schön zu erkennen sind. Liebe Grüße Encki |
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22.12.2011, 12:01 | #9 |
erstmal lieben dank für die ganzen antworten und entschuldigung, dass ich jetzt keine großbuchstaben verwende. die entsprechende taste fehlt mir seit mir die tastatur runtergefallen ist.
liebe ilka-maria, danke für deine ehrliche und gute kritik. ich denke hier scheiden sich die geister. du findest der text wirkt aufgesetzt. encki hält ihn allerdings für ehrlich und tief. ich kann dazu nur sagen, dass ich tatsächlich eine menge solcher mobbingerfahrungen gemacht habe und der text aus meinem herzen kam. allerdings werde ich ihn in hinblick auf deine kritik nochmal überarbeiten. im moment habe ich dazu allerdings keine zeit. lieber jack, ich habe den text mit einem gewissen zeitlichen abstand geschrieben, aber noch nah genug dran um das gefühl wieder in mir wach rufen zu können. thing kommentar habe ich einfach überlesen. hier käme eigl ein smiley hin aber dazu benötige ich die großschreibtaste. liebe encki, danke für die liebe antwort, freut mich, dass es dir gefällt. gut, wenn der text gefühle weckt, so soll es sein. wieder ein smiley den ich nicht tippen kann, wegen großschreibtaste. lieber ralfchen, ich steh auf dem schlauch. ich versteh ihn immernoch nicht. |
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22.12.2011, 16:34 | #10 |
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Herrje...wie soll ich das hinkriegen? Muss ja, also:
Liebe KleinerSpecht! (Ich kann doch nicht "Lieber KleinerSpecht" schreiben...) Ich danke Dir sehr für Deine Antwort. Ich habe manchmal doch Probleme mit dem Zeitpunkt: Befinde ich mich in einer Situation, ganz besonders, wenn sie schlimm ist, dann habe ich niemals die geistige Beweglichkeit, Worte für diese Situation zu finden, wenn ich mich erholt habe, bin ich oft schon zu weit weg um eine tieferen Zugang zu REIN MEINEN Gefühlen zu haben. Sachen, die ich später schreibe enthalten darum immer meist auch Sachen, die ich aus anderen Situationen mitgenommen habe oder Gedanken, die erst später kamen. Das ist auch gut, ich will es ja gar nicht schlecht reden, aber manchmal wünschte ich, ich hätte irgendetwas aus bestimmten Situationen, dass mir das Gefühl noch so viel klarer vor Augen führte um darin kurz eintauchen zu können...sofern es mich nicht lähmte... Dein Text hat diese Nähe irgendwie, jedenfalls für mein Gefühl und deswegen fragte ich. Danke! Und so schlimm ist die Großschreibtaste gar nicht...sie ist zwar wenig ansehnlich, so wie sie da rumliegt...nur scheinbar noch eingereiht, aber wir beide wissen ja genau, dass sie längst zu den Ausgestossenen gehört, denn sie ist doch diejenige, die die Sachen an die große Glocke hängt, auf Dinge hinweist, ganz so wie ein Specht, der darauf pocht... Aber ich gebe zu, dass die Großschreibtaste sich von vielen einfach nur benutzen lässt um sich dem Diktat zu beugen und anderen gefällig zu sein oder nicht aufzufallen. Es ist wie mit allem anderen: Kommt drauf an, was man draus macht... VIELLEICHT SOLLTE ICH NUR NOCH SO SCHREIBEN? DAS ENTLIEßE MICH VOLLKOMMEN AUS JEDEM ZWIESPALT? Aber ich bleib wohl lieber so und arbeite weiter an meiner Subversivität...hihihi... Ganz liebe Grüße, Jack |
22.12.2011, 19:33 | #11 |
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22.12.2011, 20:38 | #12 |
neia, wenn sie fehlt, kann ich sie ja nicht benutzen... und sie fehlt mir
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22.12.2011, 21:17 | #13 |
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Oh...
Ich hatte gedacht, es sei etwas prinzipielles... Tut mir Leid... |
22.12.2011, 21:31 | #14 |
nya wenigstens gibt es noch die dauerhafte großschreibe taste, nur das ist nervig, die dann nach einem großbuchstaben wieder drücken zu müssen um kleinschreibung wieder zu aktivieren.
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25.12.2011, 16:58 | #15 |
Hier ein ganz klein wenig überarbeitet, nach Ilka-Marias Kritik.
Unterdrücktes Tränengewitter. Kein Schluchzen. Kein Zittern. Nur tief Ein- und Ausatmen. Sich fassen, nichts sagen. Runterschlucken, egal was kommt. Einstecken. Klarkommen. Unmenschliches Alleinsein. Fertig gemacht werden. So tun als ob es egal wäre, nicht interessieren würde. Mittelfinger zeigen. Darüber stehen. Nerven behalten. Nicht zusammenbrechen. Aushalten. Raushalten. Standhaft bleiben. Aufrecht, als ob nichts geschehen wäre. Seelisch zerfetzt, zerrissen. Unbarmherzig in den Abgrund gestoßen. Unsicherheit: das überwiegende Gefühl im armen, kleinen Herzen eines armen, kleinen Wesens. Einatmen. Ausatmen. Durchatmen. Lächeln. Ich bin ein Gänseblümchen. Alles ist OK. Nichts ist OK! Doch das dürfen sie nicht wissen, nicht denken, nicht ahnen. Bauchschmerzen vor dem nächsten Tag, vor dem nächsten Fertig gemacht werden. Das Gesicht wird blass, Blutdruck fällt. Kopf hoch, wenn der Hals auch dreckig ist. Langsam wieder zu sich kommen. Dem Bann der Verzweiflung entkommen. Erleichterung. Atempause. Dann: wieder fallen. Aufstehen. Fallen. Aufstehen. Konsequentes Stehaufmännchen. Immer wieder. Immer schwerer. Doch irgendwann ist der Fall zu tief, die Narben zu viele, das Herz zu schwach. Irgendwann reicht es nicht mehr. Umarmungen, warme Worte, Trost. Irgendwann ist das alles nicht mehr genug, der Abgrund zu nah. Irgendwann geht es nur noch bergab. Und am Ende wartet der Tod. Der alles erlösende, heilende, heilige Tod. |
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