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13.01.2011, 20:51 | #1 |
Grüß dich, Arschloch!
Scheiße, jetzt ist es zu spät, um noch abzudrehe. Wenigstens erschreckst du dich auch. Wie ein Spiegel kommst du mir vor. Überrascht und gehetzt. Erfreut und besorgt. In dieser Reihenfolge. Ich komme zu dir rüber, neben dir sind zwei Plätze frei, einer an jeder Seite. Es soll wohl so sein.
„Hi!“ „Hi, na!“ Wir spielen uns nichts vor, die alten Regeln sind so eingebrannt, dass sie noch immer alle hohlen Höflichkeitsfloskeln verhindern. Ich setze mich. Bing Bong macht die Glocke. Die Frau neben mir steht auf und tritt an den Schalter. Ich frage mich, wie viele Bing Bongs wir zusammen sein werden und dann frage ich dich: „Und? Welche Nummer hast du?“ „297, ich hatte die Dame neben dir fast soweit, mit mir zu tauschen. Du hast sie verjagt!“ Immer noch der alte Scherzkeks. „Tut mir leid. Ich tausche mit dir, wenn du willst. 307.“ „Nein danke.“ Der Sarkasmus in deiner Stimme klingt wie eine Sprache, die ich einmal fließend gesprochen und dann verlernt habe, weil ich in ein anderes Land gezogen bin. So ähnlich ist es wohl auch. Nur, dass ich von der Welt gefallen bin und das Sprechen fast gänzlich eingestellt habe. Eine ganze Weile, sehr melodramatisch, oh ja. Jetzt ist mein Adrenalinspiegel zu hoch. Ich kann fühlen, dass mir gleich schlecht wird. Minutenlang sagt niemand etwas. „Geht’ s dir gut?“, fragst du dann. Bloß kein Wort zuviel, kein Gequake, du meinst es so. „Ich bin hier, um mich umzumelden, also… Ich gehe weg, ziehe um, weißt du, na ja…“ „Und Niels?“ „Bleibt hier.“ „Ah.“ „Ja.“ Bing Bong. Niemand steht auf, die Alte hinter dem Schalter linst über ihre Brillengläser in die Bankreihen. Verärgert betätigt sie noch einmal den Knopf. Bing Bong. Bing Bong. Ein Mann mit Hut schreckt aus einem Nickerchen auf. Benommen stolpert er an den Schalter, wo die Alte mürrisch dreinblickt und ungeduldig mit dem Kulli auf den Tisch trommelt. „Tja Chance vertan, würd ich sagen“, sagst du. „W Was?“ „Na wir hätten einfach gehen sollen. Die Schlafmütze hätte das gar nicht mitbekommen. Hallo 307? Oder schläfst du auch schon?“ Ich komm nicht mehr mit. Ich bin viel zu sehr damit beschäftigt, mich nicht zu übergeben, als dass ich hier witzige Wortgefechte mit meinem Ex austragen könnte. Ich kann nur immer wieder kräftig schlucken und zwischendurch Wa wa wa stottern. Mal wieder fühle ich mich dir ohne Grund nicht gewachsen und mal wieder grinst du, um mich wissen zu lassen, dass ich damit wohl richtig liege. Mal wieder. Nach drei Jahren. „Sam ist tot.“, höre ich mich sagen in einem erbärmlichen Versuch, den Spieß einmal umzudrehen. Sam war unser Meerschweinchen, das mir nach der Trennung zufiel, weil seine Neue eine Tierhaarallergie hat. Wenigstens hat er sich das Grinsen aus dem Gesicht gewischt. „Oh, tut mir leid.“ „Für dich“ hätte noch gefehlt. Bing Bong. Und wieder Schweigen. Das können wir gut, das verlernt man nicht. Wer spricht, verliert. So ist es zu Ende gegangen und so habe ich den Kürzeren gezogen. Hätte ich einfach nicht darauf rumgehackt, dass er die Nachbarin vögelt, hätte ich einfach nichts gesagt zu all den Überstunden, Geschäftsessen und kurzfristigen Terminen, ja dann… Die Wut ist plötzlich wieder da, wie ein alter Bekannter. Bing Bong. „Was machst du eigentlich hier?“ Mein Tonfall ist gereizt und ich bemühe mich um Neutralität indem ich ein schiefes Grinsen hinterherschicke. Zu meiner großen Freude, ist ihm die Frage unangenehm. „Ich, äh, melde mich auch um.“ „Hm, du ziehst um? Dann hat es auch nicht geklappt mit …“ „Heike“ „Ja, Heike, klar.“ Unsere ehemalige Nachbarin und meine ehemalige Freundin, die sich unglücklicherweise unbedingt von ihm vögeln lassen wollte. Hat unserer Freundschaft nicht gerade gut getan. Meiner Beziehung auch nicht… Bing Bong. „Nein, wir sind noch zusammen. Wir ziehen gemeinsam um. In, äh, wir, äh, bauen gerade ein Haus. Heike ist schwanger und deshalb, äh, naja…“ Mein Gehirn will diese Information irgendwie nicht verarbeiten. Ich muss etwas Wichtiges verpasst haben. Was ist das bloß für eine grauenvolle Situation hier? Mein untreuer Exfreund gründet mit der Schlampe, die einmal meine Freundin war eine Familie und baut ein Haus? Statt Wa wa wa sage ich diesmal einfach „Bing Bong“, wodurch mein darauf folgender Abgang cooler wirkt, als ich ihn hätte planen können. Ich stolpere nicht mal, obwohl ich kaum etwas sehe, während ich aus der Halle taumele. Draußen kotze ich in den Papierkorb. Niemand sieht es und ich so gehe ich schnell weg. Ich habe keine Worte mehr, das Bing Bong hallt in meinem Kopf nach. Es wird mich verfolgen. Bing Bong. |
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16.01.2011, 21:03 | #2 |
Hi Aqua,
hast da einen Buchstaben vergessen im ersten Satz beim "abdrehen". Und hier stockt es noch weil ein "ich" zu viel vorhanden ist "Niemand sieht es und ich so gehe ich schnell weg." Ich habe mitleid mit der Hauptdarstellerin! Eine Dumme situation gut beschrieben, wie ich finde. Wie böse das Leben doch sein kann. Danke für die kleine Geschichte! |
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17.01.2011, 12:29 | #3 |
Hey liebe Wasserfrau,
genau, da war noch was :-) Deinen Text wollte ich noch kommentieren. Gefällt mir recht gut, eine Geschichte wie aus dem Leben - eine sympatische "Antiheldin" für aber irgendwie doch ne Heldin, vor allem wegen des coolen "Bing Bongs" am Ende. Bussi Lux |
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17.01.2011, 14:02 | #4 |
Hallo ihr Lieben!
Danke fürs aufmerksame Lesen! Ich entschuldige mich erstmal für die Fehler, die hätten nicht sein müssen So eine ähnliche Situation hat wohl jeder schon mal erlebt, glaub ich. Mir ist die Antiheldin auch sympathisch. Die Idee zum Text hat eine Freundin geliefert und ihr ist das fast genau so passiert. Autsch. Meine Exfreunde sind zum Glück mittlerweile freundliche Geister! Es zwinkert, Aqua |
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17.01.2011, 14:22 | #5 |
Hey Aquaria,
feundliche Geister? Du hast die alle mit dem Hackebeil vernichtet? ^^ Und ich finde gar nicht, dass die kleine ne Antiheldin ist. Sie ist verarscht worden von einem selbstgerechten Onkel. Von daher hätte sie ruhig etwas mehr Zähne auf den Haaren haben können ^^ Ich finds so gut. |
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17.01.2011, 14:33 | #6 | |
Zitat:
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17.01.2011, 14:36 | #7 |
wird gedoned auch wenn ich glaube, dass mein verlangen nach blut und maßloser gewalt dabei nicht gestillt wird ^^
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17.01.2011, 14:37 | #8 |
Werden sehen...
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21.01.2011, 20:38 | #9 | |
abgemeldet
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Hey,
von meiner Seite n dickes Kompliment! Sehr schön und knapp beschrieben...! Zitat:
lg und bis die Tage, Stefan! |
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22.01.2011, 19:47 | #10 |
Gutes Bild gleich am Anfang: die zwei freien Plätze. Die Bemerkungen der Kurzdialoge, locker hingeworfen, aber abgekartet, verwunden. Wie auch das Schweigen, das ein Abducken oder Aushohlen ist. Machtspielchen. Wer von den Schwangeren allein kotzt und wer ein Haus baut. Aber die Verlierer suchen sich in der Sprache ihren Partner und der ist von Dauer.
LG gummibaum |
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22.01.2011, 20:42 | #11 |
R.I.P.
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Schön und knapp?
Ja, gehts denn g a r nicht mehr ohne Fäkalausdrücke? Gehört für mich in den Abort. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ich bedaure, es gelesen zu haben. Thing |
22.01.2011, 21:26 | #12 | |
Lieber Thing,
wenn man betrogen, hintergangen und das Vertrauen missbraucht wurde, dann findet man im Normalfall eben diese Worte. Das ist normal und auch richtig. Da kann man seine Wut und Entäuschung raus lassen. Ich finde es völlig folgerichtig, dies auch in Kurzprosa zu verpacken. Kunst muss nicht jedem zum Gefallen sein, muss nicht von jedem schön gefunden werden. Nicht schön finde ich allerdings das hier: Zitat:
Liebe Grüße Lux |
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23.01.2011, 18:32 | #13 | |||
Hoppla, hier hat sich ja noch richtig was getan, das freut mich aber!
Hi Stefan! Ich hatte gehofft, dass du noch über diese kleine Geschichte stolperst und freu mich, dass sie dir gefällt! Unser Schreibstil und unsere Themen ähneln sich, glaub ich. Freu mich schon auf deine nächste Geschichte! Hi gummibaum, Zitat:
Zitat:
Hi Thing, Soll das konstruktive Kritik sein? Autsch! Bastel jetzt wirklich seit zehn Minuten an irgendeiner Antwort auf gleichem Tiefstniveau rum, jetzt lasse ich es doch. Sollte ich mal betrogen werden und dabei denken: "Oh nein, mein gemeiner Verlobter hat unglücklicherweise gerade Beischlaf mit meiner lieben Freundin gehabt.", schreib ich es sofort auf und widme es dir. Zitat:
Hi Süße, du hast es schon auf den Punkt gebracht. Danke! Und nochmal danke an alle fürs feedback. Aquaria |
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23.01.2011, 18:44 | #14 |
R.I.P.
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Na ja, dann kommt es eben in den Müll, ist mir gleich.
Es steht öffentlich da, ich darf nach meinem Dafürhalten kommentieren. Und ich komme ohne Fäkalausdrücke aus. Was daran normal sein soll, daß man bei Frust in Gossenjargon (wenn der Ausdruck genehmer ist als Fäkalsprache) verfällt, ist mir schleierhaft. Ich persönlich benutze solche Ausdrücke nie und keiner meiner Freunde oder Bekannten oder Famlienangehörigen nimmt solche Ausdrücke in den Mund. Und die finde ich sehr normal. Thing |
23.01.2011, 19:19 | #15 | |
abgemeldet
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Zitat:
Freut mich! @ Thing: Sei's jetzt bewusst vulgäre Sprache oder explizite Gewaltdarstellung in Filmen beispielsweise...Ich denke, dass gehört zum Gesamtkunstwerk dazu und man kann es mögen oder nicht... Ich hab jetzt aber auch nich den Eindruck, dass hier in extremem Gossenjargon geschrieben wurde. Ich würde es fast eher als Umgangssprache bezeichnen Natürlich liegt das immer im subjektiven Empfinden, ob man sich daran jetzt stört oder nicht, aber ich würde nicht gleich ein ganzes Kunstwerk derart abwatschen, weil das Wort "Arschloch" drin vorkommt...! lg, Stefan! |
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23.01.2011, 19:20 | #16 | ||
Thing,
Zitat:
Und meine Geschichte hast du sicher nicht gelesen, denn keine meiner Figuren benutzt "solche Ausdrücke" oder nimmt "solche Ausdrücke in den Mund." Es sind Gedanken, das ist ein Unterschied. Zitat:
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23.01.2011, 19:36 | #17 |
R.I.P.
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Nun, Du hast die Ausdrücke benützt, oder nicht? Sie stehen da, ob gedacht oder gesagt, das spielt für mich keine Rolle.
Uch h a b e den Text gelesen, sonst hätte ich nicht kommentiert. Ich glaube auch, daß ich im letzten Absatz ein überflüssiges "ich" gesehen habe. Romuölus |
23.01.2011, 19:50 | #18 |
Wie du meinst. Mich würde zwar wirklich interessieren, was du denkst, wenn du dir nachts den Zeh stößt, oder jemand dir den Parkplatz vor der Nase wegschnappt, aber bitte.
Ich glaube, diese Diskussion hat nichts mehr mit meiner Geschichte zu tun. Ich schlage dir einen neuen thread vor: "Scheiß Fäkalausdrücke", oder so. Versöhnlich schmunzelnd, A. |
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23.01.2011, 19:52 | #19 |
R.I.P.
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D e r Faden müßte dann schon von einem Anderen kommen!
Und bliebe von mir unkommentiert. |
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