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16.04.2010, 02:10 | #1 |
Dabei seit: 03/2010
Ort: Bülach (CH)
Beiträge: 151
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Bedingungsloser Liebe entwachsen
Als ich erwachsen wurde, wuchs in mir auch die Bestürzung darüber, dass mit dem Verschwinden der Kindheit das bedingungslose Lieben verschwand.
Sich auf Bedingungslosigkeit einzulassen, erwies sich als reine Spekulation. Liebe ist ein höchst unsicheres Papier, das wie eine Aktie zu einem bloß angenommenen Wert gehandelt wird, als Option auf eine Zukunft, deren Erfüllung höchst unwahrscheinlich ist. Trotzdem ist Liebe keine Anomalie, sondern eine ganz normale Unwahrscheinlichkeit. Also dem ganz normalen Wahnsinn verwandt. Die Wahrscheinlichkeit, dass man im Alter von achtzehn Jahren liebesfähig ist, dürfte äußerst gering sein. Es gibt keine Statistiken, die dafür sprechen, weil bei Statistiken Realität und Illusion schon in der Fragestellung deutlich von einander abgetrennt werden. Dass die Realität bei den meisten Menschen mit Illusionen und Selbstlügen verstellt ist und es ihnen deshalb schwer fällt, auf Umfragen zu realen Verhaltensweisen wahre Antworten zu geben, würde ein Statistiker nicht akzeptieren, es sei denn unter dem Hinweis, dass erst eine statistische Erfassung dieses Problems eine solche Behauptung belegen könnte.. Ich würde niemals behaupten, dass es „wahre Liebe“ nicht gibt. Selbst wenn sie bloß als kleine melancholische Gefühlswölkchen an uns vorbeizieht, die sich in Luft auflösen oder ausregnen, bleibt am Ende immer etwas zurück. Aber auch diese Behauptung ist so zweischneidig wie der Satz „Ich werde mich immer an dich erinnern“. Diese als Liebesbeteuerung gemeinten Worte sollen die Wirklichkeit einer Liebe bestätigen, aber es sind Worte des Abschieds, die eine Liebe gleichzeitig für vergangen erklärt. So schwingt in einer erfüllten Liebe immer auch die Angst mit vor ihrem Ende, von dem wir hoffen, dass es sich hinauszögert wie der Crash. Also investieren wir in sie, bis der Markt der Gefühle zusammenbricht. Die Wolke regnet aus, damit neue Pflänzchen nachwachsen können. Der Spielraum, in dem sich geschlechtliche Leidenschaften entwickeln, verengt sich, wenn man ihn im Laufe des Lebens nicht mit -in meinem Fall- mehreren Frauen teilt. Trotzdem beantwortet all dies nicht die Frage: Habe ich je geliebt? Wenn ich jemals das Wort „Ich liebe dich“ verwendet habe (ich bin mir dessen nicht sicher), habe ich es vielleicht nur getan, weil es von einer Frau in Zweifel gezogen wurde. Ich konnte es nicht sagen, ohne gleichzeitig die Bitterkeit auf der Zunge zu spüren, wenn ich es aussprach. Hinter der scheinbaren Einheit eines „Ich liebe dich“ erlebt man seine ungemütliche Komplexität, im Sinne von etwas, das zusammengewoben aber nicht entwirrbar ist. Wir fühlen Liebe als Subjekt und wünschen uns gleichzeitig, auch ihr Objekt zu sein, weil wir ja möchten, dass sie uns beherrscht. Gleichzeitig bewegen wir uns in einem Schwebezustand zwischen dem physischen und dem imaginären Pol unserer Sehnsucht, irgendwo zwischen Sex und dem Mythos Liebe. Wenn Liebe nur die Bereitschaft bedeuten würde, für den Anderen dazusein, würde es mir leichter fallen zu sagen „Ja, ich habe geliebt.“ Mit den Frauen, von denen ich glaubte, sie zu lieben, habe ich lange Gespräche über ihre Sehnsüchte, ihre Sorgen, ihre Erwartungen, ihre Ängste und ihre Wünsche geführt, Gespräche, in denen ich meine eigenen Bedürfnisse und deren Erfüllung in einer Beziehung vorübergehend hintanstellte. Wenn es einen anderen Grund gab, als die Frauen wegen der Macht auszuwählen, die sie auf meine Sinne ausübten, war es der, dass ich mich stets zu Frauen hingezogen fühlte, die ich für schutzbedürftig hielt. Das würde meine Liebesfähigkeit in ein besseres Licht stellen, wäre da nicht der Schatten, der auf die Kehrseite dieser Uneigennützigkeit fällt, nämlich das Bestreben, durch meine Hilfsbereitschaft Macht über sie zu erlangen, sie zu bewegen, mich zu lieben. |
16.04.2010, 12:38 | #2 |
Dabei seit: 07/2007
Alter: 34
Beiträge: 494
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Aporie,
Das Thema der Liebe ist eins sehr philosophisches, vor allem deswegen, weil Gefühle zwar Wissenschaftlich in ihrer Ursache erklärt sind, aber das genaue Zusammenspiel einzelner Komponenten zu komplex ist, als dass man auch nur den Hauch einer Erkenntnis darüber hat. Dadurch gibt es keinerlei Vergleichswerte - Keine Celsiusskala für Schmetterlinge im Bauch - die man anlegen kann um zu sehen, wie verliebt man ist. Das macht es unwahrscheinlich schwer darüber zu reden oder selbst einzuschätzen. Aber muss man das denn? Gibt es vielleicht keine unterschiedlichen Stufen, nur 1 oder 0, kein dazwischen? Kann man jemanden ein bisschen lieben? Ich glaube nicht - man kann jemanden gerne haben oder mögen, aber nicht ein wenig lieben. Die Worte "ich liebe dich" sind sehr abgedroschen. Es sollte einen Beipackzettel zur Liebe geben, in dem vor dem häufigen Gebrauch gewarnt wird. Und eine gewisse Portion Eigennutzen ist bei der vermeintlichen Gefühlsdarlegung auch integriert : die Frage: "Liebst du mich auch?". ein paar kleine Gedanken dazu oder darüber. Glasauge ach ja da fallen mir ein paar Zeilen aus einem Lied ein... "Im Grunde ist doch alle Tage alles gleich geblieben der eine liebt ,der andere der lässt sich lieben Sender und Empfänger Nehmen oder Geben doch was von beidem macht nun wirklich glücklicher im Leben?" Dritte Wahl - Alle Tage |
16.04.2010, 13:02 | #3 |
17.04.2010, 01:06 | #4 | |
Dabei seit: 03/2010
Ort: Bülach (CH)
Beiträge: 151
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Zitat:
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17.04.2010, 09:51 | #5 |
17.04.2010, 11:52 | #6 | |
Forumsleitung
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Zitat:
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18.04.2010, 08:05 | #7 | |
Zitat:
eine schöne Formulierung muss ich mir merken. Tja, die rhetorischen Fähigkeiten allein erzielen nicht diesen Effekt. "körpersprachlich überzeugend" - du weisst, was damit gemeint ist Männer brauchen die "nackte Wahrheit"..., nur dann entsteht der Hundeleineneffekt. Corazon |
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