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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken. |
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01.04.2023, 19:55 | #1 |
Farnweise
Wieder bist du Farnwaise
im Bambus. Blassblaue Melancholie. Wie die Blüten der Rapunzel: Klein, bitter. Essbar. Aufgelöst auf der Zunge . Ausgestoßen wie ein Husten. Das scharfe Wort des Waldes. Der Schrei der Weide. Wie der Nebel von wildem Kraut steigt, steigst du in die Stadt: Flüchtig, ätherisch. Ein Öl. Ein Alkohol. Nur ein weiterer Kohlenwasserstoff ohne Farbe. Eine Fernwaise im Gewimmel der Nähe. Blassblaue Melancholie. Das Neonlicht der Nachtapotheke in der Klappe Städterstille: Klein, bitter, essbar |
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03.04.2023, 20:27 | #2 |
Hallo Dionysos
ein schöner Text von dir ist richtig dass es einmal Farnwaise und einmal Fernwaise heißen soll? Die Begriffe an sich sagen mir leider beide nichts, aber der Klang des Textes ist wie immer sehr melodisch. Gerne gelesen Lg Mono |
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04.04.2023, 11:06 | #3 |
Hi Mono,
herzlichen Dank für Deine Rückmeldung zum Text. Die unterschiedliche Schreibweise war beabsichtigt. Der Text greift für mich die Beschäftigung mit Selbstbild (klein, bitter, essbar- obwohl doch das Schönste der Pflanze, die Blüte), Zugehörigkeit, Heimat (blassblaue Melancholie) und Identitätsfindung auf, ausgehend vom Bild des Farns im Bambuswald (einer Gattungs-Waise inmitten einer Gattungsfamilie). Die Blüten des Feldsalats (der Rapunzel) sind blassblau, klein, bitter, essbar und weniger bekömmlich, als das, wofür wir die Rapunzel schätzen, ihre sattgrünen Blätter -Natürlich gibt es noch eine Assoziation zur gleichnamigen Märchenfigur und dem türlosen Turm in der Verlorenheit und dem (inneren) Gefängnis. In der Bilderfamilie des "sattgrün" werden Naturentäußerungen störend, vermenschlicht empfunden (Wort des Waldes, Schrei der Weide) Wald und Weide suchen die Aufmerksamkeit, sind bereits Teil der Lösung, obwohl sie noch als bedrohlich, irritierend empfunden werden. Die Vereinigung mit dem natürlichen Untergrund gelingt nicht (wie der Nebel vom wilden Kraut steigt). Ähnlich irritiert und aufgelöst wird die Städtererfahrung beschrieben. Der Farn kommt domestiziert, verstädtert als Parfüm (Penhalligons "English Fern" wieder ins Spiel (ätherisch, ölig) im Grunde farblose Kohlenwasserstoffe und doch eine Ablenkung von der "wirklichen Welt" (wirklich im Sinne von wirken/Bewirken) eine Essenz und Verstärkung, Betäubung der Sinne (Parfüm). Das identitätsraubende der städterischen Mechanismen von Selbstvergessenheit, Ablenkung, Medienüberflutung findet sich im farblosen, substanzlosen wieder. Aus der Farnweise wird die Fernwaise. Die Nähe ist nicht befriedigend, verwaist den Städter im Gewimmel in eine blassblaue Melancholie. Eine (noch) nicht zu artikulierende Traurigkeit. Der Städter ist Konsument, als solcher immer flüchtig: da kommt das Bild der Apotheke mit ihrem Notfallmedikament. Das Selbstbild ist gleichzeitig Fluch und Segen. Segen, weil es stört, als unzureichend erlebt wird, als schmerzvoll und damit den Grund für die wirkliche Entfaltung legt. Es hat mich sehr gefreut, dass Du meinen Text gelesen und darüber nachgedacht hast ! mes compliments Dionysos |
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04.04.2023, 12:03 | #4 |
Hallo
Mir fällt erst jetzt auf das sogar im Titel eine dritte Schreibweise dargestellt ist. Ich hatte nur die im Text selbst angemerkt. Danke für die Erläuterung Lg Mono |
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06.04.2023, 09:58 | #5 |
Hi Mono
Die Schreibweise in der Überschrift ist ein Tipfehler von mir - müsste auch Farnwaise heißen. Danke ! War mit gar nicht aufgefallen Compliments Dio |
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