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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen. |
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30.03.2012, 11:00 | #1 |
Gedanken weit um Ostern rum
So richtig bin ich noch nicht dahintergekommen.
Es kann mir ja auch keiner erklären. Alles was ich drüber zu hören bekomme, sind Schlagwörter und Vermutungen, aber so richtig schlüssig ist das alles nicht. Wenn etwa ich alter Desperado mich in ein Nest verirre und den Fehler mache, mich mit den Underdogs und Outlaws abzugeben, weil das eben die Leute sind, die auf der Straße rumhängen und für einen Neuankömmling als erste anzutreffen sind, und ich mich noch dazu gut verstehe mit ihnen, weil sie unumgänglich umgänglich sind... kann es mir jederzeit passieren, dass ein Stimmungsumschwung wegen irgendwas, von dem ich gar nichts weiß, dazu führen kann, dass die redlich ordentlich fleißigen Restbewohner der Örtlichkeit plötzlich zu der unerschütterlichen Überzeugung gelangen, dass ich der Auslöser, Verursacher und Schuldige an dem allgemeinen Schlamassel sein muss. Ich hätte da schlechten Umgang gepflegt, angeblich unerlaubte Ansprüche gestellt, was versprochen und nicht eingehalten, unerfüllbare Erwartungen geweckt und außerdem die Frechheit besessen, mich nicht um die bewährten und festgefahrenen Gepflogenheiten, Sitten und Gebräuche zu scheren. Kurzum ich habe alles auf den Kopf gestellt und in Unordnung gebracht, was mit Rebellion und Aufwieglung gleichzusetzen ist und folglich den Galgen verdient. Selbst wenn der ansonsten wenig zimperliche Richter erstaunlicherweise dazwischenwirft, dass mir aus rein rechtlichen Gründen kein einziger Gesetzesbruch nachzuweisen ist, ich juristisch gesehen also unschuldig bin und mein nicht vorhandenes Vergehen mit Freispruch zu ahnden ist, besteht Volkes Stimme unerbittlich und geradezu fanatisch darauf, dass ich „es“ gewesen sein muss, der da Unfrieden gestiftet hat oder sonst was verbrochen, was denn nun genau und im Einzelnen wissen sie ebenso wenig zu nennen wie ich, aber aus unerfindlichen Gründen muss ich der Desperado es sein, der für ihre Misere und ihre persönlichen Probleme und die der Welt verantwortlich zu machen und entschieden zur Rechenschaft zu ziehen ist. Wie ich den Kopf jeweils aus der Schlinge bekam, weiß die Nacht und ihre grauen Katzen, aber den Sündenbock abzugeben ist mir bestens bekannt und wohlvertraut. Nur habe ich im Falle des Falles den nicht zu verachtenden Vorteil, mir eingestehen zu können, dass ich diesmal zwar tatsächlich vollkommen zu Unrecht belangt werde, dafür aber problemlos genug andere Asse aus dem Ärmel meines Gewissens schütteln kann, wo sie meiner Schwindelei schlicht nicht auf die Schliche gekommen sind und ich ungeschoren davongekommen bin. Hack dir eine Hand ab, und du hast keine mehr übrig, mit der du’s noch mal tun kannst. Wenn die Nacht kommt, löst sich der Tag in Nichts auf und wenn der Tag kommt die Nacht. Auch Wiedergekäutes nimmt seinen Lauf und geht seinen Weg, die Fliegen können’s erwarten, es macht keinen Unterschied für sie. Kurzum ich kann mich ohne allzu große Widerstände selbst mit gutem Gewissen ausreichend dazu verurteilen, den Galgen verdientermaßen entgegenzunehmen- ohne dass sich meine Ankläger dabei mit meinem unschuldigen Blut besudeln müssen, weil es nun mal nicht unschuldig ist. Aber einen Mann, der da wirklich ausschließlich nur Gutes getan hat und lediglich offensichtliche Missstände und Fehlentwicklungen angeprangert, die dringender Überholung bedürfen, der zudem immer schonungslos die Wahrheit sagte, durch und durch ehrlich und mehr als schwer in Ordnung war, also einen wahrhaftigen liebevollen Menschen, an dem der Richter ganz grundsätzlich „keine Schuld“ erkennen kann –was natürlich seinen Opportunismus nicht an der politisch vorteilhaften Verurteilung hindert- einfach so mir nichts dir nichts aufs Kreuz zu legen und ihn dran glauben zu lassen, dass er noch so unglaublich glaubwürdig sein mag, sie ihm aber gerade deswegen nicht glauben wollen... da steig ich bis heute nicht so ganz durch. Mit seiner Volkszugehörigkeit hat das mit Sicherheit nichts zu tun, das selbe wäre ihm in Zentralafrika, Europa, Russland, China, Amerika oder auf dem Mond passiert, es ist schlicht abwegig, scheinheilig und begriffsstutzig, sich daraus eine fadenscheinige Erklärung zurechtzubasteln, weil das lediglich den Rückgriff auf die bewährte Sündenbockhandhabung bestätigt, die ja in seinem Fall so eindeutig wie nie ihre tödliche Anwendung fand. Two wrongs won’t make it right, sondern nur viel schlimmer, wie man oft genug sehen kann, wenn die Juden mal wieder Brunnen vergiften oder Kinderopfer darbringen und in Scharen dafür gelyncht werden, von sogenannten Christenmenschen wohlbemerkt. Langer Rede kurzer Sinn- jeder Mensch mit Ausnahme von Kleinkindern wird mühelos genügend Gründe finden, seinen ersten Stein sicherheitshalber mal besser nicht zu werfen. Was jedoch den Mann aus Nazareth angeht hatten offenbar alle Beteiligten massive Aussetzer betreffend Schuldbewusstsein und Gerechtigkeitssinn. Und irgendwie bekomm ich das nicht ganz gebacken, auch wenn mir das Osterbrot der Quäker köstlich mundet, why god they killed him? Ich muss mich wohl oder übel mit der Erklärung des unschuldig zum Tode Verurteilten begnügen, der da meines Wissens vorher ankündigte, dass das so und nicht anders stattfinden müsse, es musste sein und damit ist meine Frage zwar unbefriedigend aber klar beantwortet, wat mutt dat mutt, dieses Gesetz galt immer schon und wird auch fürderhin gelten. Wer zu gut ist für diese Welt dem wird sie heimleuchten, einfach deshalb weil sie böse ist und lieber zum Teufel geht als auf jemanden zu hören der da Tacheles redet und bereit ist den Preis dafür zu zahlen, was mir nun so fremd nicht ist, mag ich auch einfach nur zu anders sein. Ich sehe schon, die Philosophie eines Desperado ist ungefähr so einfach verständlich zu machen wie die jenes abgedrehten Typen im alten Griechenland, der in einem Fass wohnte und den lieben langen Tag in der Sonne rumsaß, der sah das Ganze durchaus ähnlich. Aber das ist ja nun auch schon wieder eine ganze Weile her. |
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01.04.2012, 20:25 | #2 |
abgemeldet
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Hallo Desperado,
Dein Erzählstil ist flüssig und locker, Deine Gedankengänge haben ne Menge Tiefgang - so - Lob von Suzette. PS Herzlich willkommen! |
02.04.2012, 10:46 | #3 |
Hallo Suzette,
danke für Deinen Willkommensgruß und für Dein kurz und bündiges Lob natürlich auch, freut mich ehrlich. Lieben Gruß Desperado |
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02.04.2012, 10:51 | #4 |
R.I.P.
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Ja - soooo allerdings könnte man die Passion und das Vorhergehende auch schreiben.
Großartiger Einfall! Lob ebenfalls von Thing |
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