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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen. |
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17.02.2021, 20:41 | #1 |
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Die kleine Schwester des Sadismus
Kein bisschen Macht, nur so viel Kraft,
die Misslichkeit zu wittern und freudvoll zu erzittern, wenn Scheitern andern Leid verschafft, zu sehen, wie die Sprosse bricht und wie ein Traum zerplatzt, wie Misserfolg am Leben kratzt und auf das Rückgrat drischt, das ist der Schadenfreude Lust: Von Häme und vom Neiden kann sie die Reste weiden, wächst ihr daraus auch keine Brust. 17.02.2021 |
18.03.2021, 03:57 | #2 |
gesperrt
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Okay Ilka, ich mach die Textarbeit diesmal etwas ausführlicher. Du hast das auch redlich verdient mit den herausragenden Eintragungen unter meinen Gedichten und Kommentaren:
Der Titel Er ist plakativ. Vielleicht zu sehr. Probate Beschneidung käme ihm sicherlich zugute. S1 Das "nur so viel Kraft" ist eine schwamige Beschreibung die dem Kontext nicht gerecht wird. Das Komma nach "Kraft" hat keine Daseinberechtigung. Das nach dem "verschafft" in letztem Vers ebenso; man ersetzt es am besten durch einen Punkt, den Legasthenikern eine Atempause gönnend. S2 Hätte sich Dr Karg den bricht/drischt Reim geleistet, hätte er eine wahre Welle der Entsrüstung ausgelöst. Da es nicht er ist, herrscht himmlische Ruhe im Stall. Ein begnadeter Reimer, wie er es ist, hätte sich aber sicherlich etwas einfaches und schönes ausgedacht und die Strophe mit einem kraftvollem Gedankenstrich geendet, die Leser auf die dritte vorbereitend. S3 Zwischen den Versen 3 und 4 klafft eine Wunde, die dringend verarzt werden sollte. "Lust-Brust" Reimchen? So la-la. Das könnte man getrost den Anfängern überlassen. Da Dr. Karg nicht willig ist und wir keine Gewalt anzuwenden brauchen, werfe ich mich gerne für ihn in die Bresche und mache gleich die Korrekturarbeit, sonst macht es ja keiner: Die kleine Schwester Kein bisschen Macht und alle Kraft die Misslichkeit zu wittern und freudvoll zu erzittern, wenn Scheitern andern Leid verschafft. Zu sehen, wie die Sprosse bricht und wie ein Traum zerplatzt, wie Misserfolg am Leben kratzt, Verlust man täglich riecht - das ist der Schadenfreude Lust: mit Häme und mit Neiden den ganzen Tag verleiden und naschen im Gefühlewust. Nun sehe ich mit meinem inneren Auge des Ralfchens Gesicht, wie er sich tierisch freut, wenn er das gleiche Gedicht gleich zwei Mal liest und gleich auf die nächste Einheit seines Cardio-Programms verzichtet. In summa: Trotz gewisser Unzulänglichkeiten, ein lesenwertes Gedicht, gleichwohl nicht so aufregend, wie die meinsten von Dr Karg. Sicherlich ein Versuch, die Lücke, die er hinterlassen hat, zu füllen. Zum Glück ist er wieder da, hat was gepostet, die Durststrecke beendet. Geändert von Akibarubin (18.03.2021 um 04:08 Uhr) Grund: Formatierung |
18.03.2021, 08:22 | #3 | |
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Danke für die Mühe, ich weiß es zu schätzen. Aber statt deine Verschlimmbesserung anzunehmen, mache ich mir über die neuralgischen Stellen lieber nochmal meine eigenen Gedanken.
Gründe: Zitat:
Beide Strophen sind grammatikalisch, syntaktisch und im Ausdruck (Inversion) in deiner Fassung ein absolutes "No-go". "Gefühlewust" hat Karg'sche Qualität und ist für ich nicht akzeptabel. Dennoch Danke für dein Interesse. Es zeigt mal wieder, dass die deutsche Sprache für Lyrik ziemlich sperrig ist. Gute Texte kosten Schweiß und Tränen, VG Ilka |
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18.03.2021, 08:22 | #4 | |
Hallo Akibarubin,
(falls dein Name wieder falsch ist, kann ich es nicht ändern, dieser Zungenbrecher lässt sich kaum merken) Zu deiner Kritik an Ilkas Gedicht: Zitat:
Hallo Ilka, perfekt gedichtet, auch vom Inhalt her interessant. Schadenfreude als kleine Schwester des Sadismus, eine Beobachtung, die mir so noch nicht aufgefallen ist. P. S. Ilkas und mein Beitrag haben sich überschnitten. LG DieSilbermöwe |
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18.03.2021, 08:31 | #5 | |
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Zitat:
Jedenfalls ist es ein lesenswertes Buch, das sich, wie sein Untertitel besagt, mit der seelischen Gewalt im Alltag befasst. Besonders der zweite Teil, der sich u.a. mit "perverser Kommunikation" befasst, ist für Autoren von Prosatexten eine Fundgrube. Ich glaube, ich werde es mir nochmal zur Hand nehmen, obwohl ich gerade bei Dialogen die geringsten Probleme habe, auch dann nicht, wenn es hart zur Sache geht. Wer Interesse hat, kann sich bei Amazon das Inhaltsverzeichnis ansehen: https://www.amazon.de/Die-Masken-Nie...6048963&sr=8-1 VG und einen schönen Tag. Ilka |
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18.03.2021, 09:10 | #6 |
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662
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Der Titel gefällt.
Was hältst du von dieser Variante? "zu sehen, wie die Sprosse bricht und wie ein Traum zerplatzt, wie Misserfolg am Leben kratzt und tief ins Selbstbewusstsein sticht," LG Nöck |
18.03.2021, 09:25 | #7 |
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Das ist nicht schlecht - bis auf das Wort "Selbstbewusstsein". Es ist zu sperrig, der Vers holpert. Außerdem will ich das "Rückgrat" beibehalten, weil ich die seelischen Vorgänge nach außen holen und bildlich machen will.
"Selbstbewusstsein" ist ohnehin ein Begriff, der fast immer falsch verstanden und deshalb falsch verwendet wird. Er bezeichnet nämlich genau das Gegenteil davon, was die Leute meinen, wenn sie ihn benutzen. Lediglich Sprachwissenschaftler und Philosophen nehmen es damit genau. Oder auch Kleist in seinem Aufsatz über das "Marionettentheater", den natürlich niemand mehr versteht, weil Kleist den Begriff richtig verwendet hat. "Selbstbewusstsein" bedeutet, sich seiner selbst bewusst zu sein, also auf alles zu achten, was man tut und sagt. Das hemmt und zeugt von Unsicherheit. Bloß nichts falsch machen! Menschen, die sich ständig selbst kontrollieren, kreisen nur um sich selbst. Das kann bis zu einem neurotischen Perfektionsstreben ausarten. Der richtige Begriff wäre "Selbstsicherheit" oder auch "Selbstvertrauen". Es gibt viele Wörter, die unbewusst falsch verwendet werden, weil sie von so vielen Leuten gedankenlos nachgeplappert wurden, dass sie sich etabliert haben, wie z.B. auch "sensibel" oder "blutrünstig", die eigentlich ganz andere Bedeutungen als die heute angenommene haben. Aber dieser kleine Exkurs nur nebenbei. Das geht in die Sprachwissenschaften hinein, aber wir sind hier nicht an der Universität. |
18.03.2021, 10:37 | #8 | |
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662
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Eine interessante Information über die Bedeutung von Selbstbewusstsein, allerdings sind wir Dichter und keine Sprachwissenschaftler oder Philosophen.
Zitat:
Bin gespannt, wie du das löst. LG Nöck |
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18.03.2021, 10:59 | #9 |
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Optimismus hat nichts mit Stärke oder Selbstvertrauen zu tun, das ist ein ganz anderes Feld. Auch ein unsicherer Mensch kann optimistisch sein, nach dem Motto: "Die Lage ist zwar ernst, aber es wird schon gutgehen." Der Pessismist sagt hingegen: "Vielleicht geht es gut, aber ich kann es mir schlecht vorstellen." Er macht ein Zugeständnis, an das er aber nicht glaubt.
Rein optimistisch und pessimistisch eingestellte Menschen gibt es sowieso nur selten, die meisten sind Mischformen. Der abgrundtief pessimistische Mensch, der nur noch schwarzsieht, ist eher in die Reihe der Querulanten und Defätisten einzuordnen. Manchmal ist es auch nur Wichtigtuerei. Tatsache ist, dass bei vorwiegend optimistisch eingestellten Menschen das extrovertirerte Temperament stärker ausgeprägt ist als das introvertierte. Bei vorwiegend pessimistischen Menschen ist es umgekehrt. Das Temperament ist genetisch angelegt (im Gegensatz zum Charakter, an dessen Entwicklung man arbeiten kann). Das kann, muss ihnen aber nicht bewusst sein. Die meisten Menschen haben ohnehin ein Bild von sich, das mit demjenigen, wie ihn andere von außen wahrnehmen, nicht übereinstimmt. Und da man es nicht jedem recht machen kann, ist es wesentlich besser, selbstsicher und selbstvertrauend zu sein, als sich ständig mit seinem "Selbstbewusssein" (also wie man zu sein scheint und nach außen wirkt) zu befassen. |
18.03.2021, 14:13 | #10 |
Hallo Ilka-Maria,
mir gefällt die Beschreibung der Schadenfreude als kleiner Schwester des Sadismus insgesamt sehr gut. Auf den problematischen Reim "bricht"/"drischt" wurde schon hingewiesen. Bestimmt findest Du da noch etwas Besseres. Mir bleibt eine Frage bezüglich der Zeile "kann sie die Reste weiden". Irgendwie stehe ich da auf der Leitung. Welche Reste sind gemeint? Herzliche Grüße, AlteLyrikerin. |
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18.03.2021, 15:14 | #11 |
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Erst ist man neidisch auf jemanden und tarnt diesen Neid mit Häme. Wenn sich dann bei dem Beneideten der erhoffte Misserfolg einstellt, bleibt ein kläglicher Rest, z.B. Spott oder Verachtung, den (oder an dem sich) die Schadenfreude weiden kann.
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18.03.2021, 20:36 | #12 |
Danke
AlteLyrikerin. |
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