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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt. |
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05.02.2019, 12:27 | #1 |
Im Straßenstaub
Er kniet vor mir im Straßenstaub
mit eingeübter Demutsgebärde. Ich gebe ihm nichts und denke, nur vor Gott soll der Mensch niederknien. Gäbe ich ihm etwas, wenn er aufrecht vor mir stünde und selbstbewusst seinen Anteil forderte am geraubten Überfluss? Oder warte ich gar bis er sein letztes und unabweisbares Argument auf mich richtet - ein Gewehr. |
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05.02.2019, 13:09 | #2 |
abgemeldet
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servus -
na servas...ein bettler mit gewehr. aber ganz unrecht hast du nicht mit dieser vision. es könnte sich irgendwann ereignen. eine stück das ein unangenehmes bild zurück läßt. vlg r |
05.02.2019, 13:14 | #3 |
Server Ralfchen,
Danke für Deinen Kommentar. Ja, eine unangenehme Vision. Sinnvolle Prävention wäre angebracht. Herzliche Grüße, AlteLyrikerin |
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05.02.2019, 15:46 | #4 |
abgemeldet
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LIEBE AL-
ABSOLUT UND UNEINGESCHRÄNKT deiner meinung, daher finde ich solche texte gut, das sie zumindest die leserschaft aufrütteln. vlg rchen |
06.02.2019, 09:54 | #5 |
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662
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Hallo AL,
du hast tiefgründige Gedanken an die Oberfläche geholt und sehr eindrucksvoll in Worte umgesetzt. Irgendwann richten vielleicht ganze Kontinente die Gewehre auf ihre Ausbeuter. Liebe Grüße Nöck |
06.02.2019, 11:05 | #6 |
Hallo Nöck,
herzlichen Dank für Deinen Kommentar. Ja, Grund genug haben wir gegeben. Es wäre an der Zeit fairere Strukturen zu etablieren. Herzliche Grüße, AlteLyrikerin |
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06.02.2019, 17:04 | #7 |
Es hinterlässt mich nachdenklich. Wie können wir auch denken der Kuchen gehört uns allein.
Ich bin traurig über diese Entwicklungen und möchte doch überall gerne meine Hand reichen, auch wenn ich nicht immer etwas zu geben habe, dann möchte ich trotzdem gerne zeigen, dass ich es will und dass ich verstehe. Liebe Grüße |
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06.02.2019, 17:16 | #8 |
Vielen Dank für diesen sensiblen Kommentar.
Herzliche Grüße, AlteLyrikerin. |
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06.02.2019, 19:45 | #9 |
Aufdringlich
Guten Abend Lyrikerin,
helfen, wann und wem? Man wendet sich ab, findet dafür eine Entschuldigung – doch Gewissensbisse folgen
-ganter- |
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06.02.2019, 20:06 | #10 |
Guten Abend ganter,
Wem helfen? Allen, die von ausreichenden Erwerbsmöglichkeiten ausgeschlossen sind. Wie helfen? Langfristig durch eine gerechtere Verteilung des Reichtums. Kurzfristig durch sinnvolle Projekte zur Selbsthilfe. Wo aber Verhungern droht, muss sofort mit Nahrungsmitteln geholfen werden. Danke fürs Lesen und Kommentieren, AlteLyrikerin. |
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06.02.2019, 20:27 | #11 | |
Zitat:
Prima Entwurf eines SPD-Wahlkampfprogramms. Deinem Gedicht entnahm in aber die konkrete Alltagssituation für den Einzelnen; der dann oft erschrocken und spontan überfordert eine falsche Entscheidung trifft.
-ganter- |
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06.02.2019, 20:53 | #12 |
In der konkreten Alltagssituation kannst du eigentlich nichts richtig machen. Viele Bettler werden durch kriminelle Banden ausgebeutet. Gibst du also was, hilfst du dem Bettelnden so gut wie gar nicht.
Ich gebe zu, dass ich es oft nicht schaffe, nichts zu geben. Auch wenn ich keine Lösung habe, ist es, so denke ich, legitim das Problem zu "bedichten". Herzliche Grüße, AlteLyrikerin. |
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06.02.2019, 21:14 | #13 |
Forumsleitung
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Die Strukturen sind vorhanden, AlteLyrikerin. Ich habe im privaten Bereich mindestens fünfzehn Jahre lang mitverfolgen können, was unser Staat Menschen, die vom Erwerbsleben ausgeschlossen sind, zukommen lassen kann. Niemand muss obdachlos sein und niemand muss hungern.
Die Crux ist, dass viele der Betroffenen gar nicht wissen, was ihnen alles zusteht. Diejenigen, die es erfahren, sitzen oft hilflos vor den vielen Formularen, die auszufüllen sind (viele doppelt und völlig unnütz), und wie bzw. wo sie die Nachweise, die beigelegt werden müssen, herbekommen. Wer sich durch diesen Wust durchgefunden hat, kann von der staatlichen Hilfe leben und bekommt zusätzlich viele Vergünstigungen, wie z.B. Freistellungen von Beiträgen, verbilligte Eintrittsgelder zu Schwimmbädern usw., unter Umständen sogar Freistellung von der Fernsehsteuer (Grundrecht auf Information). Aber die Beschäftigung damit ist richtige, anstrengende Arbeit, und jede Steuererklärung ist dagegen ein Kinderspiel. Was viele noch nie gehört haben: Es gibt Millionäre in Deutschland, die nicht wissen, was sie mit ihrem Geld anfangen sollen und es deshalb Stiftungen geben, die das Ziel haben, Arbeitslosen oder Menschen in anderen prekären Situationen damit zu helfen. Das sind Informationen, die in keiner Zeitung stehen, aber von Beratern zu erfahren sind, sofern man auf die Idee kommt, eine Beratungsstelle aufzusuchen. Vielen Antragstellern ist von diesen Stiftungen Unterstützung gewährt worden, sofern sie in der Lage waren, einen Brief zu schreiben und ihre Lage plausibel darzustellen. Ich kenne Leute, die sich durch diese wahnwitzige Bürokratie durchgearbeitet haben und gut genug leben, dass sie ernsthaft überlegen, ob sie sich überhaupt nochmal um Lohnarbeit bemühen sollen. Das ist die eine Schiene. Auf der anderen Schiene fahren die Leute, die aus Überzeugung auf der Straße leben. Klingt komisch, aber es gibt sie. Das sind Menschen, die jede Mauer, die sie umgibt, als Gefängnis empfinden, die es also in einer Wohnung nicht aushalten können. In einem besonders krassen Fall habe ich einmal gesehen, dass ein noch junger Mann lieber mit juckender Krätze am Leib herumgelaufen ist, als sein Leben auf der Straße aufzugeben, obwohl eine ehrenamtlich tätige Ärztin ihm dabei geholfen hätte. Auf dieser Schiene fahren außerdem Alkoholkranke, die auf der Straße ihr soziales Umfeld haben. Ihnen kann der Sozialstaat nicht mehr helfen, aber jeder Euro, der ihnen hilft, die nächste Flasche Bier oder Schnaps zu kaufen, macht sie glücklich. |
06.02.2019, 21:45 | #14 |
Nachgefasst
Liebe Lyrikerin,
Dein Gedicht empfinde ich als sehr gelungen – die Kommentare dazu, einschl. Deinen eigenen, werden dem nicht gerecht, weil alles auf „Armut“ abgleitet und nicht den Gewissenskonflikt des Almosenspenders in spe, der sich mit „Knieen und vor Gott“, davonstiehlt.
-ganter- |
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06.02.2019, 22:04 | #15 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Es gibt noch andere Inszenierungen: Sitzen mit Krückstock neben dem bandagierten Bein und die ausgestreckte Schüttelhand. Ein Begleittier, möglichst auch an einer Körperstelle bandagiert, macht sich immer gut. Ein Kind sowieso. Rollstühle sind auch beliebt. Diese bettelnde Zunft versteht eine Menge von Psychologie. Vor allem weiss sie, dass ihre Einnahmen am Finanzamt vorbeijongliert werden können. Obwohl das, was sie tut, Arbeit ist. Sie kennt auch ihre Zielgruppe und wählt sich ihre "Arbeitsstätte" entsprechend aus. Ein hübsches Zubrot zur staatlichen Unterstützung, die sie ohnehin bezieht. |
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07.02.2019, 00:11 | #16 |
abgemeldet
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ziemlich gut beschrieben - in wien werden die bettler entweder von Roma oder Sinti-mafia organisiert und abkassiert. angeblich ein sehr einträgliches bizz. ein freund der so blöd war einer bettlerin immer 20 schillinge (es ist lange her) zu geben, hatte ienmal nur einen zehner für sie (sie stand immer bei seinem stammkaffe am ring) und wurde von irh als geiziges arschloch beschimpft. so läuft das.
vlg r |
07.02.2019, 02:30 | #17 | |||
Ach Gottchen
Zitat:
aus welchem Grund sollte sich der Mensch erniedrigen und sich vor Gott niederwerfen? Sollte so eine Demutsgeste den großen Gott noch größer machen und den Unterwerfenden noch mehr erniedrigen? Welchen Gott meinst Du? Es gibt tausende Götter und selbst im AT hat Gott, ein duzend verschiedene Namen! Im Prinzip unterwerfen sich die Gläubigen nur vor den Verführern und vor den Abbildern diverser Götzen. Was ist der Lohn für diese devote Unterwerfung, wollen die Sünder und Geknechteten somit höher nach oben kriechen? Zitat:
Denke, die meisten Menschen die angebettelt werden, müssen für ihren bescheidenen Wohlstand, sehr hart arbeiten gehen! Zitat:
wegen ein paar Euro einen Menschen ermordet! D.h. "Deutschland verrecke" wird bald Realität. LG |
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07.02.2019, 16:04 | #18 |
Danke an alle für die Diskussion
@Ilka-Maria: Danke für die interessanten Informationen. Sollte ich mit einem Bettler zusammentreffen, der wirklich Hilfe möchte, werde ich versuchen ihm bei dem Papierkram zu helfen.
@Ralfchen: Die Gottesfrage werde ich hier nicht mit Dir diskutieren. Wir haben da einfach unvereinbare Standpunkte. Das Lyrische Ich outet sich mit dem zitierten Vers als jemand, dessen Humanismus über seinen Glauben motiviert ist. Er muss sich also mit dem Hilfsgebot auseinandersetzen, dass alle abrahamitischen Religionen kennen. In den folgenden Versen setzt LyRI sich mit dem Anspruch des Hilfsbedürftigen auseinander, vom Überfluss etwas abzubekommen. "Geraubter Überfluss" meint hier, dass ein großer Teil des Reichtums in den europäischen Kulturen durch Ausbeutung entstanden ist; Ausbeutung der früheren Kolonialvölker (hält in geänderten Strukturen an bis heute) und Ausbeutung über Lohnarbeit. LYrI hat im ersten Impuls nichts gegeben, erkennt aber den Anspruch an und stellt sich vor, das Szenario könne sich auch ändern, wenn der vorenthaltene Anteil gewaltsam eingefordert würde. Eine Entscheidung, wie mit der Situation umgegangen werden soll, lässt das Gedicht offen und gibt die Frage an die Leser weiter. Die hier folgende Diskussion, für die ich allen Schreibern herzlich danke, zeigt, dass hier eine wichtige Frage vorliegt. @ganter: Ich bin schon sehr neugierig, wenn ich darf, zu erfahren, wie Deine Antwort bzw. "Lösung" aussehen würde. Aber ich weiß, dass ich darauf keinen Anspruch habe. Herzliche Grüße an alle, AlteLyrikerin. |
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07.02.2019, 18:54 | #19 |
Ich bin immer bereit zu antworten
Ich würde:
1. Mitleid für einen Menschen am Straßenrand empfinden, unabhängig von Bettel-Posen 2. Wissen, dass ich meist mit Bedauern weitergehe. 3. Manchmal auch spende. (Kürzlich erst im Supermarkt, als mich einer mit Hintergrund um einen kleinen Restbetrag für die Kasse bat und sich dann wie eine Klette an mich hing – schließlich wusste er jetzt, wo mein Portmonee steckte) |
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07.02.2019, 19:08 | #20 |
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662
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Ich bin auch immer hin und her gerissen. Hier bei uns gibt es seit Jahren die "Obdachlosen-Zeitung", die von Obdachlosen vor Supermärkten unaufdringlich für 1 Euro angeboten wird.
Inzwischen soll es so sein, dass diese Zeitungen im großen Stil paketweise von dubiosen "Banden" für eine Pauschale an den Verteilerstellen aufgekauft werden und dann wie früher angeboten werden. Aber nicht mehr von Obdachlosen, die gehen leer aus. Ob das wirklich stimmt, weiß ich nicht. |
07.02.2019, 19:13 | #21 | |
abgemeldet
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Zitat:
mich cashte mal ein typ im spar-markt ab - er zeigt mir ein borderaux mit einer spendenliste für eine taubstummenspende auf der krixelte und tat, als wäre er stumm. ich gab ihm einen zehner. zwischendurch guckte ich - ein wenig später - zwischen den gängen auf die strasse und sah wie er vorm markt mit einer lieblichen schwarzhaarigen nutte diskutierte und ihr kohle gab. ich ging zum marktleiter, den ich kannte und sie nahmen den typen als er wieder im markt war in die mangel. ich kam dann dazu und sagt ich will meine 10€ wieder. und er gab mir einen zwanziger, was ich im ersten moment gar nicht bemerkte. |
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