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Fantasy, Magie und Religion Gedichte über Religion, Mythologie, Magie, Zauber und Fantasy. |
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20.11.2016, 13:15 | #1 |
Der neue Knecht vom Pfaffenhof
Der neue Knecht vom Pfaffenhof
Vor einem Jahr zu studieren begonnen, hab ich jetzt hier ein Zimmer genommen. Im Pfaffenhof, dem Traum der Studenten, jetzt wird mein Wohnungselend enden. Am ersten Abend im neuen Haus, beschließ ich: ich geh in den Pfaffenwald raus. Ein bisschen entspannen, ein bisschen spazieren, denk ganz versonnen: wird schon nichts passieren. So geh ich zum kleinen See da unten, die Sonnenstrahlen sind schon verschwunden. Etwas bang wird’s meiner Brust; heimzugeh’n hätt’ ich jetzt Lust. Doch irgendetwas lähmt meinen Willen und beginnt, mich einzuhüllen. Da seh’ ich in's Mondes schaurigem Licht Gestalten, wie Menschen, doch ohne Gesicht. Einen Kopf sind sie größer als ich und ihre Gestalt ist widerlich. Da läuft’s mir über‘n Rücken kalt: DIE FLEDERMÄUSE VOM PFAFFENWALD!!! Ich fühle, mein Leben ist verwirkt. Hinter Wolken der Mond sich verbirgt. Eine grausige Stimme –ich denke: huch!- sagt zu mir: höre den Paffenhof-Fluch: Drei Jahre, sagt man, musst du hier wohnen, doch wir werden ewig dich nicht verschonen. Du bist des Pfaffenhofes Knecht, genommen ist dir jedes Recht. Was Du auch tust, hier wegzukommen, jede Chance ist dir genommen. Zwei Fleder schleppen brutal mich weg und zerren mich bis vor die Bibliothek. Jetzt werfen die zwei -ich find’s ganz schön fies- In’d Bücherei mich, in ein Verlies! Das Fräulein am Tresen schaut traurig betreten: „Du wärst frei gewesen, versuch dich zu retten. Du hast eine Chance zu entkommen dem Fluch: finde das einzige wahre Buch.“ Sie gibt mir `nen Stift, schlägt die Augen nieder, „wenn’s klappt,“ flüstert sie, „sehen wir uns wieder.“ So lese ich nun, obwohl ich mich furch‘, ein Buch nach dem anderen durch. Doch jede Seite in jedem Buch, ist bedruckt mit dem Paffenhof-Fluch: Drei Jahre, sagt man, musst du hier wohnen, doch wir werden ewig dich nicht verschonen. Du bist des Pfaffenhofes Knecht, genommen ist dir jedes Recht. Was Du auch tust, hier wegzukommen, jede Chance ist dir genommen. Verzweifelt such ich bei „Religion“, da muss das Buch sein, das ahne ich schon. Ich schlage es auf und sehe voll Freude: das Buch hat die einzige schneeweiße Seite. Was ich jetzt schreibe, so möchte ich wetten, wird mich verderben – oder erretten. Der Bleistift schreibt rot, wie das Blut meiner Seele, ich bin noch nicht tot, obschon ich mich quäle. So schreibe ich nun in meiner Qual: IHR SEID MIR DOCH ALLE SO SCHEISSEGAL. Ich schließe das Buch, leg’s aus der Hand und spüre sofort: der Fluch ist gebannt. Schnell geh‘ ich zum Ausgang - am Tresen vorbei. Das Fräulein, beschäftigt, sortiert die Kartei. Sie wendet sich um, mit enttäuschtem Gesicht: „Du brauchst mir’s nicht sagen – du findest es nicht. Seitdem ich hier bin hat’s niemand geschafft.“ Sie starrt zu der Tür, ihre Haltung erschlafft. Dann leuchten die Augen. „Da! Sieh nur, sieh! Die Tür öffnet sich - das war noch nie! Was hast du geschrieben? Sag’s mir, sprich!“ „War nicht ganz sauber, behalt’s besser für mich. Hauptsache ist doch die offene Tür! Vergiss die Kartei und komm mit mir!“ Ich helfe ihr auf, ich muss sie stützen. Sie kann kaum mehr gehen vom langen Sitzen. Doch Lähmung und Schmerzen hindern uns nicht, zu stark ist die Sehnsucht nach Freiheit und Licht. Draußen steh’n Fleder in langem Spalier. Aufrecht und mittenhindurch schreiten wir. Sie beugen ihr Haupt und tun nichts, stattdessen winseln sie leis’: bitte uns nicht vergessen. |
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20.11.2016, 16:33 | #2 |
Eine schöne Geschichte
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26.11.2016, 14:00 | #3 |
Also das Ding ist Kunst! Ich verstehe ja auch sehr viel vom Gedichteschreiben doch sowas bringe ich nicht. Hoffe dir geht es immer gut auf deinem Kanapee! Jetzt hast du vielleicht das nächste Gäßchen? Oder Gelaß oder faß den Mut und mach das Projekt weiter aber nur auf der Leiter schreiben?
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26.11.2016, 20:51 | #4 |
27.11.2016, 07:21 | #5 |
Super.
Die Wut überwiegt, im Herzen er frei, die Angst, die er kriegt, überwand er dabei. alles,alles Liebe dem Helden |
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27.11.2016, 21:49 | #6 |
Hallo,
vielen Dank für die lieben Rückmeldungen. Das ist mein erstes Gedicht, das ich hier veröffentlichet habe. Das ist schon ein paar Jährchen alt (aus meiner späten Jugend). Heute würde ich sowas wahrscheinlich nicht mehr hinbekommen. Alleine schon wegen der fehlende Muße. Beim nochmaligen Durchlesen musste ich immer wieder an Gedichte von Eiskönigin denken: Unverschuldet in einer bedränglichen Situation, gefangen, eingeengt, ausweglos, hoffnungslos. Der einzige Weg da rauszukommen ist, zu schrei(b)en: "IHR SEID MIR DOCH ALLE SCHEISSEGAL" (feiner ausgedrückt: ich bin selber wer! Ich bin stolz auf mich!). Sinngemäß habe ich das auch in einigen Gedichten von Eiskönigin (insbesondere "Freunde" von gestern) gelesen. Hey, gelberhund, vielen Dank für das Kompliment! Wie gesagt, das war früher! Ich bin schon lange nicht mehr auf dem Kanapee gesessen. Das Gedicht ist aber natürlich auch nicht beim Sitzen entstanden, sondern beim Spazierengehen - natürlich um den Pfaffensee herum! Ein neues Projekt bekomme ich vor meinem Ruhestand nicht mehr hin. Aber ich suche mal, ob ich mein allererstes Gedicht aus meiner Zivildienstzeit noch finde. Aber keine falschen Hoffnungen! Das kommt natürlich nicht an den Knecht vom Paffenhof heran. |
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