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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten. |
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11.03.2018, 16:38 | #1 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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Blut aus meinem Leib
Blut aus meinem Leib und Lehm vermischt ich,
gab Gestalt dem feuchten Klumpen, formte einen Menschen, blies ihm Luft in seine Lungen, schuf aus roter Rosen Blütendüften seine Seele. Sieben Sinne und der Feuerfunken seien mütterliche Morgengabe; Göttern glich er, nur die Flügel fehlten, sonst wär er ein Engel. Augen gab ich, dass er schaue alle Schönheit meiner Schöpfung, unterscheiden könne Licht und Schatten, an den Farbenspielen sich ergötze. Wie sollt er die Sphärenklänge der Planeten hören? Also schenkte ich dem Mensch zwei Ohren, dass er sich erfreuen möge an des Himmels Melodien und Engelschören lauschen könne. Nardenduft und Blütendämpfe, tausend andre Wohlgerüche hab in Schöpferinnenlaune ich erfunden, deshalb pflanzt ich eine Nase mitten ins Gesicht des Menschen; wenig Mühe war vonnöten und sie wurde ihm zu Zierde. Ziemlich schwierig war die Zunge, sollte sie doch züngeln, schlecken, des Geschmackes Basis werden. Geb ich ihm jetzt noch Gefühle wird er beinah‘ Göttern ähnlich, fühlt wie wir die größten Wonnen, Wärme, Kälte, Streichelhände, aber auch die größten Schmerzen, fühlt auch Freude oder Trauer. Auf den ganzen Leib verteil ich die Gefühle, auch Gedärme, Magen, Herz und Lunge werden Sitz des Fühlens - lenken alle seine Schritte. Fast vollbracht hat nun die Göttin ihre Werke, taumelnd steht der Mensch vor ihr, versucht zu gehen, hält sich mühsam auf den Füßen, stolpert und die Göttin spürt erschrocken, dass Balance dem Menschen fehlt. Geschwind beseitigt ist der Mangel: Zwischen beiden Ohren ist noch Platz für zwei Organe, die das Gleichgewicht besorgen und erhalten. „Alles was ich kann“, so sprach der Mensch in Demut, „können Tiere auch, sie können sehen, hören, riechen, schmecken, fühlen, Gleichgewicht ist ihnen nimmer fremd und vieles können sie gar besser.“ „Eine Seele gab ich dir und zwar die schönste!“ „Schau doch, Göttin, in die Augen eines Hundes, hat er keine, eine kleine aber treue?" "Blut aus meinem Leib und Lehm vermischt ich, gab Gestalt dem feuchten Klumpen, formte kunstvoll dich und blies dir Luft in deine Lungen, schuf aus roter Rosen Blütendüften deine Seele. Willst du dich von wilden Tieren unterscheiden, gut, so höre auf die Worte meines Mundes: Intuition und Feuer seien meine göttliche Geschenke." |
11.03.2018, 16:53 | #2 |
Hallo Heinz,
ein starker Text. "Schöpferinnenlaune" Soso! Irgendwie wirkt es mir, als wäre das lyrische Ich eine halbe Göttin. Mir fehlt aber das dich ja bekannterweise umgebene Gotteswissen. Interessant auch, dass hier von "dass er schaue alle Schönheit meiner Schöpfung" gesprochen wird. Für mich ist dies ein Indiz, dass der Gott hier ein weiblicher Gott ist. Eine, soweit ich weiß, sehr unübliche Betrachtung. Insgesamt stark! |
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11.03.2018, 19:29 | #3 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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Lieber MiauKuh,
und da dachte ich, die beiden Hinweise "Sieben Sinne und der Feuerfunken seien mütterliche Morgengabe" und "Fast vollbracht hat nun die Göttin ihre Werke" seien deutlich genug, um auf ein weibliches Schöpferwesen zu verweisen. Mich umgäbe Gotteswissen? Lieber MiauKuh, weit gefehlt. Aber ich habe ein sehr interessantes Buch "Das geheime Wissen der Frauen". Aus dem geht (natürlich aus weiblicher Sicht) hervor, dass alle Mythen und vorchristlichen Religionen Muttergottheiten sind. Und so einer gedachten Muttergottheit habe ich es überlassen, dem Menschen seine sieben Sinne zu schenken (wobei einige davon ausgehen, dass wir mindestens zehn haben - aber sieben Strophen stellen ja schon oft eine Herausforderung dar). Eine unübliche Betrachtungsweise? Ja, wenn man die Tilgung aller weiblichen Gottheiten (vor allem durch das Christentum) als "gottgegeben" hinnimmt. Danke für Deinen Kommentar! Liebe Grüße, Heinz |
11.03.2018, 19:36 | #4 |
Aaah, Heinz,
Gotteswissen: Damit meine ich, du hast Ahnung von den ganzen Göttern bei den Römern und bei den Griechen und so :-) Das du natürlich kein göttliches Wissen hast, ist etwas anderes, ich hab mich blöd ausgedrückt. Sorry Hoffentlich schreibt noch wer was zu deinem schönen Gedicht. Liebe Grüße |
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11.03.2018, 20:48 | #5 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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Lieber MiauKuh,
mit den griechischen Göttern liegst Du richtig, mit den römischen habe ich Schwierigkeiten. Mit der Muttergöttin greife ich auf alte Mythen zurück, die sowohl bei den Griechen, Römern, Germanen und anderen Kulturen vor den patriarchalischen Einflüssen selbstverständlich waren. "Die ersten Schöpfungsmythen bezogen sich noch nicht auf eine Vatergottheit. Stattdessen wurden Muttergottheiten als Gebärerinnen und Herrinnen des Lebens verehrt. Auch bei den Frühgriechen wurde zum Beispiel Leda, die Schwanenjungfrau, Gegenstand der Anbetung. In den Anfängen des alten Ägyptens herrschte zunächst Mutterrecht und die Königinnenmutter Isis. Aber auch hier kam es zu einer Hinwendung zu einer eher männlich geprägten Religion." Frag mich jetzt nicht nach der Quelle dieses Zitats, da müsste ich mein schlaues Buch (Das geheime Wissen der Frauen) zu Rate ziehen. Liebe Grüße, Heinz |
12.03.2018, 12:42 | #6 |
R.I.P.
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Echnaton (Geburtsname Amenophis IV.; ägyptisch Amenhotep IV.; später Achenaton) war ein altägyptischer König (Pharao) der 18. Dynastie (Neues Reich) und Sohn von Amenophis III. und Königin Teje. Er erhob den Gott Aton in Gestalt der Sonnenscheibe zum Gott über alle Götter Ägyptens und weihte ihm seine neue Hauptstadt Achet-Aton. Dieser Herrscher setzte auf eine streng nach innen gerichtete Politik und reformierte die Kunst.
Echnatons Regierung wird verschieden datiert: ca. 1351–1334 v. Chr., 1340–1324 v. Chr. (Helck) oder 1353–1336 v. Chr. (Krauss)[2]. Das war bereits Monotheismus. Aber maskulin. |
12.03.2018, 17:45 | #7 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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Hallo Thing,
an Deinen Worten ist nicht zu zweifeln. Aton - das war die "neue" Religion, die bald nach Echnathons Tod belanglos wurde. In der alten Religion spielte Hathor eine entscheidende Rolle - aber als Religionswissenschaftler bin ich überfordert. Richtig ist sicherlich, dass in den meisten aller Mythen die Muttergottheiten eine sehr wichtige Rolle spielten. War ja auch klar - die Mütter haben die Kinder geboren, genährt und größtenteils auch erzogen. Um die Mütter spinnen sich viel mehr Geschichten als um die Männer. Aber: Es gibt keine Zeitzeugen, die wir befragen könnten. Folglich kann ich behaupten: Die Schöpferin des Lebens (wenn es eines Schöpfungsmythos bedarf) war eine Frau. Dass sie, um Leben zu gebären, noch ´nicht einmal einen Mann brauchte, ist rudimentär in der Legende um die Jungfrauengeburt erhalten. Liebe Grüße, Heinz |
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