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17.05.2018, 19:27 | #1 |
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Wasserweibchen
Wir hielten uns an den Händen, obwohl es nichts mehr bedeutete. Am Kai setzten wir uns in den Schotter, zogen die Schuhe aus, ließen die Füße über dem Wasser baumeln und hier und da mal die Wellen an den Zehen kosten. Wir sahen über das Wasser, das unsere Gedanken davontrug, die wir längst hätten aussprechen müssen, damit sie ihrer Bestimmung zugeführt würden, nämlich Mörtel oder Abrissbirne zu sein. Wir sehnten uns danach, miteinander zu sprechen wie in den Tagen der frühen Liebe, aber wir fanden die Worte nicht mehr.
Unsere Liebe war in eine Sackgasse geraten und hatte sich eine blutige Stirn geholt. Jeder von uns beiden empfand den Schmerz auf unterschiedliche Art. Wir hielten uns noch an den Händen, aber der Druck war lasch geworden, und wenn Finger weinen könnten, kämen die dicksten Tränen aus dem Daumen und dem Kleinsten. Den Fingern dazwischen – Zeigefinger, Mittelfinger, Ringfinger - , gehörten der Zynismus, die Klugheit und die Trauer. „Liebst du mich noch?“ Diese Frage hatte ich dir gestellt in der Verblendung, sie als neckend, spielerisch, närrisch, provozierend, launisch, herausfordern getarnt zu haben. Aber du hattest sie ernst genommen und dich in einer Verletzlichkeit gezeigt, die mir bis dahin fremd gewesen war. Ich hatte Geister gerufen, die ich besser hätte ruhen lassen sollen. Deine Antwort war vernichtend gewesen: „Gerade eben liebte ich dich noch. Aber jetzt ...“ Wir hatten versucht das Gespräch zu vergessen und weiterzumachen wie bislang. Doch die verletzte Liebe hatte sich wie Rost in unser Leben gefressen. Jetzt sitzen wir wie damals am Fluss. Ich nehme einen flachen Stein und lasse ihn als Wasserweibchen hüpfen. „Ich habe ein Mädchen kennengelernt.“ „Gut. Aber gib mir noch einmal deine Hand.“ Ich gebe dir meine Hand und spüre, als sei ein Blitz in mich gefahren, Liebe wie nie zuvor, eine Liebe, die ungebunden ist und alles umfasst. Mir ist zum Heulen, denn ich habe nicht weg gewollt von diesem alten Ufer und vom Händchenhalten mit einer vergangenen Leidenschaft, und doch habe ich vor Verlangen gebrannt nach einer von allen Jugendsünden reinen Liebe. Sie hat nur wenige Jahre gedauert. Jetzt sitze ich oft allein am Ufer des Flusses, sammele flache Steine und lasse Wasserweibchen über die Wellen tanzen. Dann denke ich an vergangene Zeiten und wie glücklich ich damals war. |