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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt. |
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17.09.2007, 18:04 | #1 |
Bleibt auf der Lippe
Bleibt auf der Lippe noch der bittere Geschmack
Was habe ich noch auf der Welt verloren, versäumt zu ernten, was ich nicht gesät? Ich war vom Schicksal niemals auserkoren, das zu vollbringen, was mir nie gerät. So manches Glas voll Bitterkeit und Wein hab ich geleert und Zigaretten auch geraucht, geschlürft die Austern oft allein, und damit fast erfüllt den alten Brauch: den Sohn zu zeugen, einen Baum zu pflanzen, das Haus zu bauen, das ich nie bewohnt. Gehabt Euch wohl, ich geh mit leerem Ranzen, und lass’ Euch diese Welt, fast unverschont. Hörfassung |
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18.09.2007, 16:22 | #2 | |||
RE: Bleibt auf der Lippe
hallo schwarzbeere,
ich werd mich mal mit deinem gedicht befassen, da ich eigentlich schon seit gestern abend einen kommentar schreiben wollte. zunächst zur hörfassung: sie klingt leicht, mit ironie und etwas bitterkeit vorgetragen, das gefällt soweit, allerdings nervt das hintergrundgeräusch gut, nun zum geschriebenen: Zitat:
sofort wird inhaltlich klar: ein rückblick aufs leben, so weit, so i.o., im zweiten vers sehe ich ein problem: "versäumt zu ernten" fügt sich nicht wirklich an den ersten vers an, ich würde "zu ernten warten, was ich nicht gesät?" vorschlagen. dann ist ein tempuswechsel vorhanden: vom anfänglichen perfekt änderst du die zeit in präteritum und dann ins präsens, da solltest du dich unter umständen noch auf eine einheitliche zeit festlegen. der "verloren - auserkoren"-reim ist ganz ok, auch vom klang her, "gesät - gerät" aber (meiner meinung nach) nicht, weil es im prinzip das selbe wort ist, nur mit einem geänderten buchstaben. Zitat:
der erste vers gefällt, ein nettes wortspiel in verbindung von bitterkeit, trinken und wein. im zweiten vers sehe ich ein problem, da das "auch" eigentlich aufzeigt, dass das lyrische ich die zigaretten auch geleert hat, was zwar als metapher gemeint sein könnte, aber durch das "geraucht" löst sich diese lesweise auf, in verbindung zum reim auf "brauch" kann ich dir aber leider keinen tipp geben. dann eine inversion, es müsste "die Austern oft allein geschlürft" heißen, aber auch hier (da ich keinen reim parat habe) kann ich keinen vorschlag machen, wobei diese inversion im gegensatz zur folgenden im letzten vers noch akzeptabel ist. hm, da (wenn du meiner meinung sein solltest) der zweite und der vierte vers geändert werden sollte, könntest du auf den "-auch"-reim verzichten und lieber einen anderen reim nehmen, so dass sinn- und satzproblem verschwinden Zitat:
ich hoffe auf erklärung mfg, hefe |
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19.09.2007, 10:17 | #3 |
@El Hefe
Ein paar Hinweise, die jene Stellen meines Texte, bei denen du gewisse Vorbehalte hast, nochmals aus meiner Sicht betrachten lassen: "versäumt zu ernten" fügt sich nicht wirklich an den ersten vers an, ich würde "zu ernten warten, was ich nicht gesät?" vorschlagen. verloren zeigt in dieselbe Richtung wie versäumt, was ich als Hinweis auf ein Verhalten des LI verstehen will, das darauf verzichtete, sich mit fremden Federn zu schmücken. dann ist ein tempuswechsel vorhanden: da solltest du dich unter umständen noch auf eine einheitliche zeit festlegen. Warum? in einer Abhandlung hätte ich vielleicht geschrieben „woran ich immer gescheitert wäre“, doch „mir gerät etwas“ für gelingen ist korrekt und die kleine Inkonsequenz, falls der Zeitenwechsel als solche empfunden wird, sollte akzeptabel sein. Die Reime (-sät/-rät) sind rein und auch formal korrekt, da es doch ein Kriterium ist, dass die Reimsilbe mit verschiedenen Konsonanten eingeleitet wird. zigaretten auch geleert hier verwendete ich ein enjambement (Zeilensprung), was ich auch beim Lesen fast überbetonte. Wenn man den Text aber für sich liest, kann dies , was ich als spaßig dachte, störend sein, da bin ich durchaus deiner Meinung. die Austern haben mich ziemlich gequält, da ich der klassischen Aussage von „Baum pflanzen etc“ eine andere Dreiheit gegenüberstellen wollte und dabei nicht in dem heute sicher üblicheren Sexualbereich eine Entsprechung suchen wollte, also wählte ich eine „bescheidene Sünde“, die der harmlosen Ausschweifung. Der „Ranzen“ ist für mich eine durchaus übliche, wenn auch veraltete Benennung dessen, was man sich auf den Rücken lädt, und der Bezug zum Schulranzen ist in mir nicht lebendig, noch störend. Ich denke an das Pinkerl, das ein jeder zu tragen hat..und dieses ist für das LI leer, denn sein Abgang hat wenig oder keinen Nachhall: „und ist, als wär es nie gewesen“, wenn ich mich selbst zitieren darf! Danke dir für deine intensive Beschäftigung mit meinem Text und einen schönen Tag! Schwarzbeere |
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