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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken. |
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22.04.2017, 10:25 | #1 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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Der Trinker
Im Zwielicht seh ich kaum noch den Pokal,
die Lippen lechzen durstig und vergebens nach einem Trunk, dem Inhalt meines Lebens, ich winde mich in ungenannter Qual. Kaum tritt das Morgenlicht in meine Kammer, ergreift ein stilles Sehnen meine Brust; ich greif zum gut gefüllten Glas voll Lust, ertränke schnell der Nächte Katzenjammer. Dein Geist, o Bacchus, möge mich unschweben vom ersten bis zum letzten Glockenschlag! Nur du kannst mich der Erden Last entheben, Esprit entzünden und für den, der 's mag, die Sterne, dank dem Saft vergorner Reben, uns leuchten lassen auch am hellen Tag. |
22.04.2017, 11:07 | #2 |
R.I.P.
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Ja, was haben wir denn da?
Ein Sonett, Gott Bacchus und einem seiner Jünger gewidmet. Das ist ausgezeichnet ausgeführt; kein Wunder, denn ein Kenner und Könner hat es geschrieben. Zwar lechzen des Trinkers Lippen vergebens, aber da! da steht ja gut gefüllt das Glas zum Trunk! Ein Lob dem Saft der Reben!! Nichts von der Düsternis des dem Rum Verfallenen, wie ihn Jack London beschrieb. Nichts von dem Drang zum Saufen, der notfalls gewalttätig macht, wie es Hans Fallada (schlecht) beschrieb. Nichts von der Souveränität Egon Friedells, der nicht sich dem Schnaps, sondern den Schnaps sich untertan machte. Ein schönes Sonett. Wie ich es leider nicht schreiben könnte. Thing |
22.04.2017, 13:00 | #3 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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Bin, was Sonette angeht, kein "Könner", eher ein bescheidener Stümper und wage mich sehr selten an diese kunstvolle Gedichtform heran.
Mehr Bescheidenheit ist eine große Tugend. H. |
22.04.2017, 22:41 | #4 |
Lieber Heinz,
die Zeilen sind ganz gut gemacht, wenngleich der Inhalt schwankt. Die letzten beiden Strophen sind natürlich die wahre Huldigung an das süße Gift. In den ersten beiden klingt ja noch ein wenig auch der dunklen Seite durch. Ich habe, ich hoffe Du verzeihst mir, auch die letzten beiden noch etwas problembeladen ersetzt. Da klingt dann, wenn auch sehr stümperhaft von mir ausgeführt, ein wenig vom dem an, was Thing offensichtlich vermisst hat. Im Zwielicht seh ich kaum noch den Pokal, die Lippen lechzen durstig und vergebens nach einem Trunk, dem Inhalt meines Lebens, ich winde mich in ungenannter Qual. Kaum tritt das Morgenlicht in meine Kammer, ergreift ein stilles Sehnen meine Brust; ich greif zum gut gefüllten Glas voll Lust, ertränke schnell der Nächte Katzenjammer. ....... Denn Nächtens lag ich wach und starrte wohl zur Zimmerdecke, angsterfüllt erwartet ich den neuen Tag, schloss endlich ich die Augen dann, erlitt ich Höllenqual, so wie beim Sturz im freien Fall. Der Besen weist den Weg zu Bacchus` holdem Saft, in großen Mengen kippt ich, der Ruh zu lieb in meinem Wesen ohne Kraft, in Erbrochnem wälzt sich dieser Körper dann und Verderbnis pur, wieder ist ein Tag geschafft. Grüße Stephanius |
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22.04.2017, 23:06 | #5 |
Dabei seit: 10/2006
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Lieber Stephanius,
gerade wollte ich den PC ausschalten, um mein Bettchen aufzusuchen. Du gibst dem "Gedicht" inhaltlich eine andere Wendung. Der Aussage stimme ich völlig zu. Alkoholsucht ist eine schreckliche Krankheit und ich weiß um viele zerstörte Existenzen. Den Alkoholismus (und andere Süchte) gilt es zu bekämpfen. Anlass für mein Gedicht war ja ein anderes mit gleichem Titel. So, mit erhobenem Zeigefinger und der Aneinanderreihung von Plattitüden, wird das aber nicht gelingen. Der (pseudo)pädagogische Ansatz, das Moralisieren und Klagen führen (und haben auch nie dazu geführt) nicht zur Abstinenz, weder vom Alkohol, noch von anderen süchtig machenden Substanzen. Mein Gedicht zeigt keine Lösung auf und fordert im zweiten Teil regelrecht zum Genuss "geistiger Nahrung" auf. Ich möchte nicht auf ein kühles Glas Bier, einen erfrischenden Riesling, einen guten Brandy verzichten - trinke nie bei schlechter Laune oder um Probleme zuzuschütten. So, das soll nicht zu einer Abhandlung führen. Deshalb: Gute Nacht und einen schönen Sonntag und den nächsten Schluck nicht vor Sonnenuntergang! Heinz |
22.04.2017, 23:22 | #6 |
Lieber Heinz,
nein ich wollte nicht moralisieren, ganz und gar nicht. Da bin ich vollkommen Deiner Meinung, der erhobene Zeigefinger bringt da gar nichts. Es verlockte nur ein wenig auch die andere Seite gegenüber zu stellen. Andererseits, ein guter Schluck bringt ja oft auch ganz interessante Zeilen hervor . In diesem Sinne beste Grüße und ebenfalls einen schönen Sonntag Stephanius |
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23.04.2017, 00:11 | #7 |
Dabei seit: 10/2006
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Lieber Stephanius,
nur um das klar zu stellen: Nicht Dir habe ich Moralisieren unterstellt! Guts Nächtle, Heinz |
23.04.2017, 01:18 | #8 |
abgemeldet
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Hallo Heinz
Ein schönes klassisches Sonett hast Du da geschrieben. S1 leitet die Suchtphase durch Entzug ein, die die klassische Beziehung eines Suchtkranken zum Stoff beschreibt. S2 die Intensität der Sucht. Die Terzette die Synthese. Für mich geht etwas das Leiden des Süchtigen unter. Die stille Sehnsucht nach Befreiung respektive Heilung. Hätte man in S2 als Antithese formulieren können. Letztes Terzett anstatt "Saft" hätte ich "Sprit"(Spiritus, was auch getrunken wird) geschrieben. Losgelöst von "Esprit". Was die Angelegenheit aggressiver wirken lässt. Saft trinken Kinder. vlg EV |
23.04.2017, 05:15 | #9 |
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Lieber Eisenvorhang,
die äußere Form meines Gedichts mag an ein Sonett erinnern (durch die beiden Quartette und den nachfolgenden Terzetten). Ich würde mich nicht dazu versteigen und glauben, ich habe ein klassisches Sonett geschrieben. Wie Du selbst bemerkst, schwächelt mindestens die Antithese. Ich danke Dir für Deine Beschäftigung mit dem Gedicht und - eigentlich mag ich Sonette nicht. Liebe Grüße, Heinz |
23.04.2017, 10:30 | #10 |
abgemeldet
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Ja, die Antithese und die Kadenzen.
Aber davon ab, find ichs gut geschrieben. Vor allem wenn Du Sonette nicht magst! vlg EV |
23.04.2017, 11:27 | #11 |
Schönes Sonett, lieber Heinz.
Vorschläge: S1/V4:unsagbarer, S4/V2: Geist vergorner Alkohol/Ethanol wurde ja (wegen der Flüchtigkeit) als Weingeist bezeichnet, und als solcher kann er vielleicht sinngemäß den Esprit beleben. S1/V4 erweckt durch "kaum noch" den Eindruck, das Gedicht steige nach einem durchzechten Tag in die Handlung ein. S3/V1: umschweben. Gern gelesen LG gummibaum |
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24.04.2017, 17:04 | #12 |
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Lieber gummibaum,
danke fürs reinschauen. Deine Vorschläge schau ich mir bestimmt an und, sowie ich Zeit habe, auch noch mal mein "Sonett" (das zwar von der äußeren Form her wie eins aussieht, aber eigentlich, wenn es ein Sonett sein soll, erhebliche Schwächen aufweist. Liebe Grüße, Heinz |
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