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Alt 12.07.2014, 07:34   #1
männlich Lymphi
 
Dabei seit: 06/2014
Alter: 62
Beiträge: 11


Standard Träume verbinden

Meine Großmutter war eine sehr liebe Frau. Sie war Jahrgang 1913 und stammte aus Schlesien. Die jahrelangen Strapazen von Flucht und Vertreibung hatten diese Frau geprägt wie wohl kein anderes Ereignis einen Menschen überhaupt beeinflussen kann. Hat sie sich doch im Februar 1945 mit zwei kleinen Kindern, nachdem sie zweimal ausgebombt waren, alleine durchschlagen müssen. Von der Ostfront überrollt, wurden sie wieder zurückgeschickt, waren dort in ihrer Heimat den Schikanen polnischer Umsiedler ausgesetzt, welche zu hundert tausenden aus Ostpolen nach Schlesien hineinströmten. 1946 mussten sie dann die Heimat endgültig verlassen. Im Herbst 1948 kam mein Großvater mehr tot wie lebendig aus Stalingrader Gefangenschaft und die Familie fand endgültig wieder zusammen.

Bei meiner Großmutter hatte ich immer das Gefühl, dass sie anderen all das geben musste was sie selber nie bekommen hatte. Da ich nun der Jüngste von all ihren Enkelkindern gewesen bin, war ich Omas Liebling, welches ich natürlich mit fortschreitendem Kindesalter auch ganz gekonnt auszunutzen versuchte. Irgendwie hat sie es sicher auch gemerkt und hat es doch über sich ergehen lassen. Sehr oft verbrachte ich die Schulferien bei meinen Großeltern, und so vergingen vielen Jahre, ich wurde erwachsen und man lebte sich doch irgendwie auseinander. Nicht zuletzt durch die Entfernung, die uns trennte, sondern auch die Interessen und Lebensgewohnheiten, welche doch sehr weit auseinander gingen.
Nun war ich schon verheiratet, hatte Familie, und wurde zum Wehrdienst eingezogen. Es war eine völlig fremde Welt, in die ich da eintauchte. Hier war nichts mehr von dem liebevollen Miteinander, welches ich von meinem Elternhaus her gewohnt war. Diese ständigen Schikanen und das ständige Gebrüll der Unterführer brachten mich an die Grenzen der psychischen Belastbarkeit. Suchte man sich doch für all diese Erniedrigungen gerade die sehr sensiblen Leute heraus, weil man bei diesen Menschen wenig Widerstand erwartete. Während meiner ganzen psychischen Umnachtung in dieser Zeit, verstärkt wurde dies noch, als sich kürzlich erst ein Stubenkamerad der all diesem Treiben nicht stand hielt und mit Hilfe eines Strickes das Leben nahm, hatte ich eines Nachts einen seltsamen Traum.
Ich träumte, ich würde meine Großmutter besuchen. Ich machte die Tür auf und ging durch die völlig leere Wohnung, eine sanfte Luft zog hindurch als wenn man zwei Fenster auf gegenüberliegender Seite aufgemachte, es war warm und dieser Ort strahlte unendlichen Frieden aus. Doch meine Oma, ich fand sie nicht, sie war nicht da.
Zwei Tage später bekam ich einen Brief von meiner Familie mit der Nachricht, dass meine Großmutter verstorben ist. Sie war genau in dieser Nacht gestorben, in der ich diesen seltsamen Traum hatte. Und bis heute lässt mich das Gefühl nicht los, dass sie mir in diesem Traum etwas sagen wollte, einen letzten Gruß vielleicht.
,,Lebe wohl, mein kleiner, ab heute bin ich nicht mehr da"

Gott hab sie selig
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