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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen. |
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04.05.2017, 13:36 | #1 |
Lebensperlenkette
Sie lebt intensiv und alle Momente,
schenkt ihnen ihren schönsten Platz. Erinnerungen funkeln als Perlen an einer Kette, sie sind ihr wertvollster Schatz. Diese Perlen sie erzählen mit großem Gewichte, auf schier endlos zarten Gliedern vereint, von ihren Momenten, ihrer Freud, ihrem Leid - sie schreiben ihre Lebensgeschichte. Doch plötzlich lösen sich die feinen Glieder wie durch bösen Zauber auf, die Perlen – sie machen sich auf die Reise, und dies elend Schicksal nimmt seinen Lauf. Sie kullern ganz langsam und ganz ohne Lärm aus ihrer goldenen Truhe heraus, sie versucht sie zu fassen, streckt hilflos verzweifelt, ihre zittrigen Finger nach ihnen aus. Ist so wie das letzte Kastanienblatt, im November nicht fallen will, und am Ende doch ganz willenlos, mit dem Wind geht – so leicht und viel zu still. Ist so wie der Vollmond – so dick und ganz rund, nicht schmaler werden mag, er scheint ganz groß, strahlt wunderschön – doch nur bis zum nächsten Tag. Erst fehlen ihr nur die kleinen Momente, später schon so viele Tage, ihr Blick wirkt so traurig, ihr Blick ist so leer, die Augen sind trübe, ihre Stimme voller Klage. Doch ihre Perlen sie rollen weiter – weiter weg von ihr, es fehlen die Jahre, es fehlen ihre Menschen, gleich einem unbeschriebenen Blatt Papier. Ich suche und finde ihre Perlen verstreut, schließ sie sachte in meine Hand, die Glieder der Kette für immer zerbrochen, ihren Perlen fehlt das rettende Band. So leg ich sie lose in ihre goldene Truhe, behutsam zurück an ihre Lieblingsstätte, will sie alle bewahren, will alle gut schützen, und rette Omas Lebensperlenkette! |
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