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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten. |
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29.07.2015, 08:34 | #1 |
Gast
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Resteverwertung
Resteverwertung ©Hans Hartmut Karg 2015 Werft nichts weg, was essbar ist, Bewahrt es vor der Müllverderbnis. Der Helfer, der Du selber bist, Sättigt den Hunger, stärkt den Biss! Brötchen in die Müllverbrennung? Obst, Gemüse zum Container? Wo der Nächstenliebe Nennung, Helfen wir dem Armen, Penner! Gib die Reste zur Verwertung, Leere vor Urlaub Kühlschränke. So verhinderst Du Entwertung, Arme Dein Herz so beschenke! Wen der Schöpfer reich beglückt, Dass er Milde schenken kann, Der wär' doch am End' verrückt, Beschenkte er nicht Frau und Mann. Die Kinderlein natürlich auch, Müssten sie sonst Hunger leiden. Man braucht etwas für den Bauch – Schenken wir also mit Freuden! * |
29.07.2015, 18:39 | #2 |
gesperrt
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Helfen "wir" (natürlich nur verbal) nun den armen Penner oder helfen wir den Armen, ihr Penner! oder darf ich mir was aussuchen (S2 V4)?
Hab ich schon. Die Wortwahl "Penner" (natürlich ironisch, die haben ja Humor wie die Neger) von berufener Stelle sagt ja schon alles. Manche haben sogar noch Stolz und nehmen nicht jedes großzügig Hingeworfenes von jedem Quacksalber an. Jeronimo |
29.07.2015, 19:17 | #3 |
Forumsleitung
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Der Reim "Container/Penner" ist abenteuerlich!
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30.07.2015, 07:12 | #4 |
Gast
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Re: Resteverwertung
Ja, liebe Dichterfreunde,
auch Reime können abenteuerlich sein - gewollt! Herzliche Grüße H. H. Karg |
30.07.2015, 09:32 | #5 | |
Zitat:
Und überhaupt davon ist auszugehen, dass gewollt ist, was du schreibst, weil du es sonst nicht schreiben würdest, aber gewollt heißt weder gut noch gerechtfertigt noch ist es ein passendes Argument auf Kritik. Was man will, gelingt vielleicht nicht, wie man will, oder ist genau so, wie man will, schlecht und hat ein Recht, zerrissen zu werden. Und aufzuzeigen, was schlecht ist, dient dazu, dass man's besser macht. Und das sollte auch in deinem Interesse sein, deine Gedichte besser zu machen, wenn sie es nicht sind. Denn sie sind es oft genug nicht. |
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30.07.2015, 11:16 | #6 |
Forumsleitung
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Das Gedicht geht an der Realität vorbei: Wir leben zwar in einem scheinbaren Überfluss, aber viele Produkte taugen nichts mehr. Erdbeeren am Samstag gekauft, um sie am Sonntag zu verwerten: Bis dahin schwimmen sie im Schimmel. Hübsch anzusehende Äpfel: Aufgeschnitten sind sie innen modrig. Tomaten werden nach zwei Tagen matschig. Obst, Gemüse und Brot kommen prächtig ohne Aroma aus, es sei denn, es ist künstlich beigemischt. Fruchtyoghurt enthält keine Früchte, sondern gefärbtes und mit Geschmacksstoffen bearbeitetes Sauerkraut, weil dies in der Herstellung billiger ist als Kirschen oder Heidelbeeren. Immer Menschen werden zu Vegetarieren, weil sie der Fleisch- und Wurstindustrie nicht mehr trauen können.
Bei darart viel Verderbnis kauft natürlich jeder beim Discounter die Riesenpackungen, dann bleibt viellicht wenigstens Verwertbares genug übrig, dass das Preis-Leistungsverhältnis akzeptabel bleibt. Der große "Rest" kommt in die Biotonne, die wir seit einigen Monaten haben, zur großen Freude der Fliegen und ihrer Larven. Es ist wirklich zauberhaft appetitlich, den Deckel einer solchen Tonne zu heben! Immerhin hat die EU-Politik auf das "Problem" reagiert, auch wenn die Angelegenheit mit den Biotonnen eine Riesensauerei ist - so hat es jedenfalls mein Hausverwalter genannt. In der Bibel ist übrigens die Völlerei als Todsünde gebrandmarkt, nicht das Wegwerfen überflüssiger Kalorien. |
30.07.2015, 15:54 | #7 |
Lieber Dr.Karg,
warum nicht über manches denken, das sinnlos, wertlos uns verlässt, einst nur gepflanzt, um uns zu schenken, nun eingeschweißt ein stilles Fest. warum nicht höherwertig kaufen, warum nur billig, ohne Wert, man würde Essen wieder brauchen und wäre dabei gut ernährt LG |
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31.07.2015, 08:33 | #8 |
Gast
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Re: Resteverwertung
Liebe Dichterfreunde,
nachdem bei uns in Deutschland bisher etwa fünfzig Prozent aller Lebensmittel weggeworfen werden, weil ihr Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist, sie nicht mehr verkauft werden konnten oder weil sie verdorben sind, gibt es Gottseidank immer mehr Personen, die Lebensmittel vor dem Ablauf verschenken. Das gilt vor dem Urlaub ebenso, wie dann, wenn man zu viel "geordert" hat. Inzwischen hat sich das auch bei den Discountern herumgesprochen. Manche geben Nahrungsmittel vor dem Ablauf an die Tafeln oder sie geben diese Lebensmittel zu bestimmten Stunden an bestimmten Tagen zum halben Preis her. Das ist neu und durchaus sinnvoll. Beste Grüße H. H. Karg |
31.07.2015, 15:33 | #9 |
Lieber Dr. Karg,
ob des moralischen Impetus deines zweifelhaften Gedichtes hast du natürlich in der Sache recht. Allerdings bleibst du beim Symptom. Die Grundproblematik ist das Auseinanderfallen der Gesellschaft in Konsum-Singles und Standard-Familien. Schon das Dritte Reich forderte die Entwicklung einen neuen Menschentyps. Und in den Ländern, in denen die alten Sippenstrukturen noch herrschen und daher der Komunismus nicht gänzlich ausgerottet zu sein scheint, wie beispielsweise in Russland, in Griechenland, in der Türkei und in vielen arabischen Staaten, wird die "BRD-Agentur" zusammen mit ihrem Großen Bruder schon noch aufräumen und dort das Fundament für weitere Verwertungsstrukturen legen. Insofern: Alle Macht dem Müll, konsumieren wir uns ins Paradies! Und nun ohne Geschwalle: Siehe was die anderen ^ dazu hier schrieben. |
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31.07.2015, 17:58 | #10 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Kommen wir zur "BRD-Agentur" und ihren "Großen Bruder". Das greift mir zu kurz und ist mir historisch zu ungenau. Die Grundlagen für den Kapitalismus wurden im 18. Jahrhundert in Europa ohne den "Großen Bruder" gelegt, nämlich mit der Industrialisierung. Sie ging in England los und nahm von dort den Weg nach Frankreich (man erinnert sich an die Auseinandersetzungen dieser beiden Länder, Kontinentalsperre und solche Dinge) und griff dann mit einhundert Jahren Verspätung auf die deutschen Länder über. Auch mit den preußischen Reformen hatte der "Große Bruder" nichts zu tun, dem war es völlig wurst, ob innerhalb Deutschlands, das es als Nationalstaat noch gar nicht gab, Zollschranken existierten oder nicht. Damals gab es eine Doktrin, die besagte: "Amerika den Amerikanern." Die Vereinigten Staaten von Amerika hatten einen funktionierenden Binnenmarkt und waren auf Außenhandel - außer vielleicht auf dem eigenen, Kontinent, also inklusive Kanda und Südamerika - auf Europa nicht angewiesen. Die Amis wollen nichts anderes, als ihre Ruhe haben, in New York in die Met gehen, morgens ihre Zeitungen lesen, an der Börse spekulieren, im zahmen Westen ihre Rinder auf offenen Weiden grasen lassen und abends die Beine auf dem Patio ausstrecken. Aber dann knallte ein auftragsbeseelter Hitler-Gesandter, den dieser Gehirnzwerg aus Österreich aufs Pferd gesetzt hatte, dem Vertreter des mächtigsten Mannes dieses Planeten die Kriegserklärung auf den Tisch. Wie mächtig dieser Mann war, wusste er selbst noch nicht. Aber im Lernen war er schnell. Der Ausgang ist bekannt. Als der Krieg für Deutschland verloren war, kamen die Pakete. Da stand "care" drauf. Das war der Anfang unserer Konsumgeschichte. Im Westen. Und der Anfang eines beispiellosen Wohlstands, weil dieser Wohlstand nämlich nicht nur einer Oberschicht vorbehalten war, sondern auch eine Mittelschicht hervorbrachte und immer weiter nach unten, auf sozial schwächere Schichten, durchgriff. Dass die Amis nicht aus reiner Selbstlosigkeit handelten, ist bekannt. Aber weshalb sollten sie nicht das Recht haben, für Kredit Zinsen einzufordern? Was daran ist falsch? Ein uraltes Sprichwort sagt: "Gibst du mir, geb ich dir". Handschlagtaktik, Friedensbekundung, Tauschgeschäft, Aufrichtigkeit, Selbstrespekt und Gegenrespekt ... das sind die Grundlagen aller menschlichen Beziehungen. Was hat das mit unserer Ernährung zu tun? Viel! Und gleichzeitig nichts. Wir werden manipuliert. Mit Werbung. Mit Geschmacksstoffen. Mit Gehirnwäsche ("probiotisch" - ein genialer Werbegag!). Mit Zahnpasta, die nur im Doppelpack vor frühzeitigem Zahnausfall schützt, weil die Zähne morgens anders beschaffen sind als abends und man also morgens mit aronal und abens mit elmex putzen muss, denn eins allein kann nie ganz sein, es gehören immer zwei dazu, um eins werden zu können, obwohl ... da schafft ja keiner,denn dann ginge ja die gesamte (!) Philosophie zum Teufel unw. usf. uisw. Alles fauler Zauber! Uns werden pausenlos Bedürfnisse in den Kopf gehämmert. Aber sorry, Leute: Wer glaubt, jeden Tag pommes frites von McCann in sich reinstopfen zu müssen, ist selbst schuld, und niemand wird gezwungen, sich dreimal täglich Currywurst reinzuziehen. Das ist nichts als ein Angebot - es anzunehmen ist freiwillig. Zum Zähneputzen genügt eines der einfachsten Hausmittel der Welt - aber ... na ja. Wir brauchen die Wirtschaft, denn sie schafft Arbeitsplätze. Und ich kaufe nichts, wo "probiotisch" draufsteht, denn Kulturen aus Schweinemist brauche ich in meinem Yoghurt nicht. |
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01.08.2015, 09:12 | #11 |
Gast
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Re: Resteverwertung
Liebe Ilka-Maria,
danke für den ausführlichen und erhellenden Kommentar! Natürlich ist es das eine, Menschen helfen zu können und helfen zu wollen. Und natürlich steckt dahinter so manche Gemeinheit, wenn diese Hilfe wieder instrumentalisiert wird oder wenn wir Dinge verteilen, die nicht gesund sind. Aber dieser "Falle" könnten wir nur entgehen, wenn wir alles selbst anbauen würden. Und noch etwas: Auch Hilfe kann immer und überall jederzeit pervertiert werden! Herzliche Grüße H. H. Karg |