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01.11.2022, 17:28 | #1 |
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Der Ernst des Lebens
Die Zukunft gibt es nicht. Sie wird künstlich erschaffen, und zwar mit einem einzigen Satz, und der lautet: "Jetzt beginnt der Ernst des Lebens."
Dieser Satz ist das Brandmal, das jeden Menschen ereilt, der das Glück oder Unglück hat, in eine Gesellschaft hineingeboren worden zu sein, für die er von Nutzen zu sein hat, wenn er nicht in der Gosse landen und eines frühen, von allen Menschen, Geistern und sozialen Werten verlassenen Todes sterben will. Eigentlich beginnt der "Ernst des Lebens" aber schon früher, nämlich mit der Schokoladen-, Bananen und Bonbon-Tüte, die man uns als Sechsjährige bei der Einschulung in den Arm drückt, diese Büchse der Pandora, aus die die Generäle hüpfen, die uns zu steifen Zinnsoldaten machen. Mit sechs Jahren sind wir quasi fertig. Wir sind kleine Erwachsene, die auf den "Ernst des Lebens" gedrillt werden, "guten Morgen" zum Lehrer sagen und ein Morgengebet sprechen, ehe man sich brav hinsetzt und dem Gekreisch der Kreide an der Tafel und dem Gelaber des Lehrers zuhört, der uns Wissen vermitteln will, das wir längst aus Büchern besser kennen. Weil wir nämlich immer wieder neue Bücher lesen, während der Lehrer vorträgt, was er seit zwanzig Jahren oder länger vorträgt. So jedenfalls habe ich es erfahren. Zu Hause sieht es nicht besser aus. Wir sind Kinder einer neuen Generation und stellen Fragen. Wieso darf man sich nicht scheiden lassen? Was hat es mit Liebe zwischen Männern und Männern und zwischen Frauen und Frauen auf sich? Warum geniert sich meine Mutter, sich von meinem Vater vor meinen Augen in den Arm nehmen zu lassen? Warum darf ich im Fernsehen keinen Film wie "Undine" sehen, obwohl ich schon vierzehn bin? Warum hat mich meine Mutter nicht aufgeklärt und sich auf den angeblich fortschrittlichen Schulunterricht verlassen, der nichts anderes war, als uns die Vermehrung der Bienen beizubringen? Es gibt keinen "Ernst des Lebens", nur das Leben im Hier und Heute und die Erfahrung im Hier und Jetzt. Was passiert, passiert eben, und das muss ich nehmen, wie es ist und damit leben. Und dann muss ich selbst entscheiden, ob ich damit glücklich bin oder nicht. Nach dem Mund gebacken bekomme ich nichts. Und die Zukunft kann mich kreuzweise … 01.11.2022 |
03.11.2022, 08:56 | #2 | |
Hallo Ilka,
interessante Betrachtung, der ich nur zustimmen kann. Zitat:
LG DieSilbermöwe |
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06.11.2022, 00:15 | #3 | |
hi ilka
gefällt mir. nicht nur der inhalt, auch der stil, sowas lese ich gern. ich spüre verachtung, wiederstand und eine mege trotz. ob das von der geschichte kommt oder von mir, keine ahnung. ich nenne sie die außer kontrolle geratene maschine. ob zahnrad oder niete entscheidet geburtsort und gedächnisleistung nach der einschulung. keiner ist frei, ganz besonders die nicht, die sich einbilden frei zu sein. und nun, was tun? resistance is futile ich mag dieses zitat von ivan illich Zitat:
grüße halblicht |
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